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Rubrik: Campus Life

ETH-Tag 2006
Ambition und Wandlungsfreude

Published: 20.11.2006 06:00
Modified: 20.11.2006 06:39
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Ihren 151. Geburtstag beging ETH Zürich am Samstag wieder in der Eingangshalle des ETH-Hauptgebäudes. Vor rund 500 geladenen Gästen setzten Rektor und Interimspräsident Konrad Osterwalder sowie ETH-Ratspräsident Alexander Zehnder die inhaltlichen Schwerpunkte. Nebst anderen Anerkennungen gab es sechs neue Ehrendoktoren, und erstmals am ETH-Tag wurde die beste Lehrleistung gewürdigt. Die Studierenden kürten den Mathematikprofessor Michael Struwe zum besten Dozierenden des Jahres.



Norbert Staub (mailto:norbert.staub@sl.ethz.ch)

In seiner Begrüssungsansprache, erstmals in der Doppelfunktion von Rektor und Interimspräsident, thematisierte Konrad Osterwalder das an der ETH gewachsene Selbstverständnis von Führung und Organisation. Nach den bewegten Wochen, die in den Rücktritt von Präsident Ernst Hafen mündeten, konnte diese Themenwahl nicht überraschen. Er nehme am ETH-Tag die Gelegenheit wahr, jene zu würdigen, die vor 151 Jahren ein Bildungs-Gebäude so solid konzipiert haben, „dass es auch heute noch sicher steht“, sagte Osterwalder. So habe man von Anfang an ein hohes Mass an Autonomie und einen Präsidenten mit sehr grossen Entscheidbefugnissen gewollt – und dies auch unter Beweis gestellt. „Bereits der erste Präsident, Johann Konrad Kern, hat seinem vorgesetzten Bundesrat, Stefano Franscini, drei Mal (…) den Wunsch ausgeschlagen, selber Professor an der neuen Schule zu werden“, hielt Osterwalder fest.

Starkes Präsidium, bedeutende Mitsprache

Längst seien die Vorteile dieses Systems – Beweglichkeit und Effizienz in der Qualitätssicherung – erkannt. Aber erst im Zusammenspiel mit der breiten Mitsprache, die sich parallel dazu entwickelt habe, entfalte das Präsidialsystem der ETH seine Schlagkraft, erklärte der Hausherr. Dieses Gleichgewicht wolle „gepflegt und immer wieder erneuert werden. Es nicht zu beachten, ist gefährlich.“

Eine Stärke sei auch die ETH-typische flache Hierarchie. Wo Wissen Basis oder Produkt einer Organisation sei, wachse mit kurzen Entscheidungswegen die Effizienz nicht nur an Hochschulen, sondern auch in der Wirtschaft. Die flache Hierarchie „hat überdies den Vorteil, dass die Schulleitung mit den Realitäten in Forschung und Lehre in direkter Berührung bleibt“, meinte Osterwalder. Ihren betonten Erneuerungswillen könne die ETH nicht mit dem Ausbau der Naturwissenschaften unter Beweis stellen, wie er an anderen technischen Hochschulen derzeit forciert werde. „Sie hat diesen Schritt bereits vor hundert Jahren eingeleitet und vollzogen.“

Reformfreude – Basis für Spitzenforschung

Der Test für die Wandlungsfähigkeit der ETH liege heute vielmehr im Anspruch, von grossen Problemkomplexen her zu denken – und weniger aus Disziplinensicht. Darum sei auch gerade die Zusammenarbeit zwischen den beiden technischen Hochschulen neu zu definieren. „Das ist nicht unbedingt eine einfache Aufgabe.“ Sie müsse aber – primär von den Hochschulen selbst - angegangen werden, sonst drohe der Schweiz eine „ungeheure Verschwendung der Kräfte“.

Von den auf die ETH zukommenden Aufgaben hob Konrad Osterwalder die Systembiologie mit dem Netzwerk SystemsX, das Projekt Quantum Tera zur Informationstechnologie und verschiedene Projekte im Bereich Umwelt, Nachhaltigkeit und Energie hervor. Auch die Organisation der Hochschule bleibe zu überprüfen – dies aber immer mit dem Ziel, die Anpassungsfähigkeit von Forschung und Lehre zu erhöhen. Ihm sei in den letzten Tagen klar geworden, wie das Kürzel ETH für angelsächsische Gesprächspartnern zu übersetzen sei: „Ever True to Herself“ – Immer sich selber treu.

Den Konflikt analysieren

ETH-Ratspräsident Alexander Zehnder ging in seiner Festansprache auf den kürzlich erfolgten Rücktritt von Ernst Hafen ein. Zunächst würdigte er Hafen als brillanten Wissenschaftler, der mit grossem Elan und einer Vision angetreten und dem langfristigen Wohl und Erfolg der ETH verpflichtet gewesen sei. Eines seiner Ziele sei gewesen, die administrative Belastung der Professoren zu verringern. Doch von seiner Marschrichtung habe Hafen die Professoren nicht überzeugen können, sondern im Gegenteil die Befürchtung ausgelöst, dass die ETH wichtige Qualitäten verliere. Zu spät erst habe er selbst die Schwere des Konflikts zwischen Präsident und Professoren realisiert, sagte Zehnder. Da sei bereits keine einvernehmliche Lösung mehr möglich gewesen. „Wir alle teilen mit Ernst Hafen diese Niederlage“, so der ETH-Ratspräsident. Die Ursachen gelte es jetzt zu analysieren und daraus zu lernen. Ein Führungsproblem, wie es da und dort vermutet werde, gebe es an der ETH jedenfalls nicht.

ETH Zürich soll voraus segeln

Das Umfeld, in welchem sich die ETH bewegt, zeichne sich durch eine immer schärfere Konkurrenz aus. Nicht mehr nur die USA und Japan, auch China, Indien und Singapur setzten konsequent auf die Karte Wissen – mit gewaltigen Investitionen und einem Tempo, das Europa in den Schatten stelle. Um darauf reagieren zu können, müsse die Schweiz, die kulturell und volkswirtschaftlich beste Voraussetzungen habe, ihre Forschungskräfte zwingend bündeln.

Lobte die Weitsicht der Hochschulgründer: ETH-Rektor und -Interimspräsident Konrad Osterwalder.

Rief dazu auf, im Schweizer Forschungsrahmen - und insbesondere im ETH-Bereich - die Kräfte zu bündeln: ETH-Ratspräsident Alexander Zehnder.

In Bezug auf den ETH-Bereich erklärte Zehnder:„Mir ist ganz wichtig, dass wir alte Animositäten, insbesondere zwischen Zürich und Lausanne, überwinden und uns jetzt konsequent auf die Gestaltung der gemeinsamen Zukunft konzentrieren.“ Die ETH als „Flaggschiff des Bereiches“, habe die Aufgabe, auf diesem Kurs in die Zukunft voraus zu segeln. Auf dem Hintergrund der vergangenen Wochen, so Zehnder, müssten jetzt die Rollen der Akteure im ETH-Bereich überdacht und der kritische und selbstkritische Dialog verstärkt werden.

Die Lehre ins rechte Licht gerückt: VSETH-Präsident Alexander Rudyk vergab 15 "Goldene Eulen".

Doppelt ausgezeichneter ETH-Dozent

Im Namen des Verbands der Studierenden der ETH Zürich konnte VSETH-Präsident Alexander Rudyk zum zweiten Mal nach der Premiere im Jubiläumsjahr die „Goldene Eule“ für hervorragende Lehrleistungen verleihen, und zwar an 15 Dozierende. Das beste Ergebnis hat sich gemäss der Abstimmung unter den Studierenden Mathematik-Professor Michael Struwe erzielt. Er erhielt dafür zudem den erstmals vergebenen und mit 10'000 Franken dotierten „Credit Suisse Award for Best Teaching“.


Ehrungen und ein wissenschaftspolitisches Zeichen

Neben vielen Auszeichnungen für hervorragende Abschlussarbeiten und Studienabschlüsse wurden an diesem ETH-Tag sechs Ehrendoktoren ernannt. Die neuen Doctores honoris causa heissen Franz Füeg und Josef Zweifel (Architektur), Jacob Israelachvili (Materialwissenschaft), Eugene Myers (Informatik), Josef Studinka (Umweltwissenschaften) und Hans-Jörg Rheinberger (Wissenschaftsgeschichte). Diese letztere Ehrung sei auch ein „wissenschaftspolitisches Zeichen“, erklärte David Gugerli, Professor für Technikgeschichte und Vorsteher des Departements Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften. Wie Rheinbergers Erforschung von Experimentalsystemen gezeigt habe, bleibe die akademische Kultur nur dann lebendig und produktiv, wenn sie sich frei nach ihren eigenen Gesetzmässigkeiten entfalten könne und nicht durch die Vorstellungen und Pläne der Wissenschaftspolitik eingegrenzt werde.

Zu Ehrenräten der ETH Zürich ernannt wurden Niklaus Bühler, Verena Steiner und Karl von Meyenn. Den diesjährigen Latsis-Preis der ETH bekam am ETH-Tag Artem Oganov vom Laboratorium für Kristallographie. Er wird damit geehrt für seine Arbeiten über Kristallstruktur-Vorhersage und die Entdeckung von neuen Mineralien in der Erdkruste und im Erdmantel. Die Preissumme beträgt 25'000 Franken. Der Preis, von der Latsis-Stiftung jedes Jahr an einen Forscher oder eine Forscherin der ETH verliehen, gilt als Sprungbrett für eine Professur.



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