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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 08.05.2003 06:00

Jahresmediengespräch der ETH-Schulleitung
An morgen denken

„Zukunft gestalten“. Unter diesen Titel hatte das Führungsquartett der ETH gestern Mittwoch seine jährliche Medieninformation gestellt. Der dramatische Wandel bei der Lehre im Zuge der Bologna-Reform, das Wachsen der „Science City“ auf dem Hönggerberg, die Verstärkung des Technologiestransfers und natürlich die angespannte Finanzlage standen im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Von Norbert Staub

Ein halbes Jahr nach der Nobelpreisvergabe an ETH-Professor Kurt Wüthrich hat sich die Euphorie etwas gelegt, und das Tagesgeschäft hat die ETH wieder. - Eine gute Gelegenheit für die Schulleitung, den Medien Einblick hinter die Kulissen des Lehr- und Forschungsbetriebs zu gewähren; in die Detail- und Knochenarbeit, ohne welche Forschungsdurchbrüche von Nobelpreisformat undenkbar wären, wie ETH-Präsident Olaf Kübler gestern sagte.

Zukunft auf Topniveau gestalten, das ist das Kerngeschäft der ETH. Um es auch wirksam betreiben zu können, braucht es die dazu nötigen Investitionen. Zur derzeit im Parlament laufenden Diskussion um die künftigen Bundesbeiträge für Bildung, Forschung und Technologie hielt Kübler fest, dass eine weitere Reduktion der in Aussicht gestellten vier Prozent jährlichen Budgetwachstums unweigerlich „nicht ohne Konsequenzen“ bliebe. Bereits von der Schulleitung beschlossen ist bekanntlich die Aufhebung von 13 Professuren sowie das Zurückfahren der Kosten um das Äquivalent von zwei weiteren Professuren.

Ein Jahr der Weichenstellungen

Geht es um Forschungs-Infrastruktur, muss Planung auf Langfristigkeit beruhen können - und auf verlässlichen Rahmenbedingungen. Als Beispiele dafür nannte der ETH-Präsident das „Functional Genomics Center Zurich“ für Genomforschung und das Mikro- und Nanolabor „FIRST Lab“.

Erneuerung der Lehre, Verstärkung der Innovationskraft: ETH-Rektor Konrad Osterwalder und Ulrich W. Suter, Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen (v.l.). gross

Diese beiden hoch komplexen Forschungsstätten wurden im vergangenen Jahr aus der Taufe gehobenen und sind jetzt voll in Betrieb. Ein weiteres solches Highlight war die Einweihung des geochemischen Messlabors „Zurich Radiogenic Isotope Geochemistry Lab“ im März 2002. Es erforderte die happige Investition von neun Millionen Franken.

Weniger spektakulär, aber nicht weniger relevant ist die permanent zu tätigende Investition ins humane Kapital: bei den neu berufenen ETH-Professoren sei eine „deutliche Internationalisierung“ festzustellen, sagte Olaf Kübler. Noch immer besitzen zwar 37 Prozent der Berufenen einen Schweizer Pass. Unabhängig von der Nationalität kristallisieren sich mehr und mehr die USA als Schlüssel-Herkunftsland der Berufenen heraus, so Kübler. Das unterstreiche die Bedeutung dieser Nation für die „Lehr- und Wanderjahre“ der Forschungselite. Deutschland nehme diesbezüglich an Bedeutung ab.

Informationswissenschaften, Life Sciences, die Gestaltung von Stadt und Landschaft sowie Umwelt und natürliche Ressourcen: Das seien die Kernbereiche, auf welche die ETH in den kommenden Jahren fokussieren wolle. Und dies müsse stets in einer verantwortungsbewussten Wissenschaftskultur geschehen. Deren Leitlinien seien „Entdeckerfreude und Wissbegier, Rationalität, Objektivität, Redlichkeit und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft“, betonte der ETH-Präsident.

Mehr Revolution als Reform

Zukunftsfähigkeit erwirbt die ETH sich auch mit der Erneuerung der Studienstruktur nach dem „Bologna“-Modell, die jetzt in vollem Gange ist. Der von ETH-Präsident Kübler als „unser Revolutionär“ angekündigte Rektor Konrad Osterwalder skizzierte den einschneidenden Umbau der Lehre zum Bachelor/Master-System (1).


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Für eine hohe Wissenschaftskultur; und für Räume, wo diese sich entfalten kann: ETH-Präsident Olaf Kübler und Gerhard Schmitt, Vizepräsident Planung und Logistik (v.r.). gross

Bis kommenden Herbst, so Konrad Osterwalder, wird das Gros der ETH auf den „Bologna“-Zug umgestiegen sein. Der neue modularisierte Studienaufbau macht den Wechsel der Studienrichtung möglich, und vor allem auch den Wechsel der Hochschule. „Unsere grosse Hoffnung ist, dass die Studierenden diese Gelegenheit wahrnehmen“, sagte Osterwalder.

Nachdem die Forschung längst ein globales Unternehmen ist, werde mit der Reform jetzt auch die Lehre globalisiert. Ausdruck davon ist unter anderem, dass künftig Teile gewisser Studiengänge im nicht-deutschsprachigen Raum absolviert werden müssen oder das Angebot ganzer englischsprachiger Masterprogramme. Ausserdem werden über das Programm „Erasmus World“ mit anderen Universitäten koordinierte Masterprogramme nun Realität. So ist vorgesehen, dass bei einem Masterprogramm der Geologie ein Teil der Studienzeit in Zürich und ein Teil an der TU Delft verbracht wird. Und innerhalb des IDEA-League-Netzwerks sollen spezielle Stipendien den problemlosen Transfer von Studierenden von einer Uni an die andere ermöglichen.

„Science City“: Sponsoren ins Boot holen

Wie die ETH sich physisch für die Anforderungen von morgen wappnet, erläuterte Gerhard Schmitt, ETH-Vizepräsident für Planung und Logistik. Im Zentrum wird die Entwicklung von Uni, Universitätsspital und ETH in Zusammenarbeit mit Stadt und Kanton Zürich enger koordiniert. Die Stadt wird das „Entwicklungsleitbild Hochschulgebiet“, unter anderem mit einem Freiraum- und einem Verkehrskonzept, voraussichtlich demnächst vorstellen. Dazu gehört auch der geplante Rückzug der ETH aus 10'000 Quadratmetern Wohnraum im Zentrum (2).

Der Hönggerberg, wo ab 2007 über 10'000 Studierende und Angestellte arbeiten werden, soll mit der Fertigstellung der fünf Finger der dritten Ausbauetappe, dem E-Science-Gebäude HIT und längerfristig einem neuen unterirdischen Zentrum für bildgebende Verfahren zur eigentlichen „Science City“ ausgebaut werden - zu einem, so Schmitt, „High-Tech-Campus mit 24-Stunden-Betrieb“. Ausserdem sollen dort mittelfristig ein „Campus Housing“ für Studierende, ein E-Learning- und Kongresszentrum sowie neue Sportanlagen und Restaurants entstehen. Für letztere Projekte gilt allerdings der Vorbehalt, dass für diesen Investitionsaufwand von zirka 150 Millionen Franken private Sponsoren gefunden werden, ergänzte Gerhard Schmitt.

„Eheanbahnung“ - damit Neues entstehen kann

Die angespannte Wirtschaftslage hat der Diskussion um die Innovationskraft der Schweiz neuen Zündstoff gegeben. Um diese sei es schlechter bestellt als auch schon, wird immer wieder kritisiert. Ulrich W. Suter, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen, führte aus, wie die ETH den so dringenden Transfer von Wissen in marktgängige Innovationen unterstützt: etwa mit den zwei neuen Transfer Centers des Zentrums für Produktentwicklung, die vergangene Woche gegründet wurden (3). Ihr Fokus sind die KMUs (kleine und mittlere Unternehmen), zentrale Innovationsträger der Schweiz, die wegen beschränkter Kapazitäten häufig Probleme haben, Innovationen aus eigener Kraft voranzutreiben. Seine Hoffnung sei, dass die Wirtschaftsverbände die Schaffung von „Instituten zur Eheanbahnung“ zwischen KMUs und Hochschulen vermehrt fördern, sagte Ulrich Suter.

Eine Privatisierung der Transfertätigkeit, wie sie die Denkfabrik „Avenir Suisse“ (4) vorgeschlagen hat, hält der Vizepräsident Forschung für eine „schwache Idee“. Es gehe immerhin um das geistige Eigentum der Hochschulen, das diese sich nicht wegnehmen lassen sollten. Impulse der Forschung für die Wirtschaft seien nur auf einer fairen Basis des Austauschs möglich. Dazu gehöre auch, dass die Öffentlichkeit die Forschung mittrage und die Regeln, nach denen die Forschung sich zu richten habe, verbindlich und transparent mache. Suter: „Vo nüt chunnt nüt.“


Fussnoten:
(1) Vgl. dazu den ETH-Life-Bericht "ECTS braucht noch Zeit ": www.ethlife.ethz.ch/articles/ects.html
(2) Siehe auch den ETH-Life-Bericht „Monopoly im Hochschulquartier“: www.ethlife.ethz.ch/articles/ImmobETH.html
(3) Vergleiche dazu den ETH-Life-Bericht „Gegenseitige Nutzen erschliessen“: www.ethlife.ethz.ch/articles/news/030430_zpe.html
(4) Näheres dazu finden Sie unter: www.avenirsuisse.ch/



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