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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 16.02.2004 06:00

ETH-Prüfungstermine erschweren Studentenaustausch
Stolpersteine für die Mobilität

Mit der Einführung der Bachelor- und Master-Studiengäng müssen neu jedes Semester Prüfungen abgelegt werden. Die Prüfungstermine liegen an der ETH aber so, dass zu dem Zeitpunkt an fast allen Gasthochschulen das neue Semester schon begonnen hat. Ein Problem für Studierende, die ein Auslandsemester absolvieren wollen.

Von Edith Oosenbrug

Ein neuer Blick auf das Fach, aufgebesserte Sprachkenntnisse, Freundschaften mit Menschen aus aller Welt… – Auslanderfahrung. “Ein solcher Austausch ist eine gute Erfahrung! Man lernt einen Haufen neuer Leute kennen und hat jede Menge Spass.” Physikstudent Martin Bührer erzählt begeistert von seinem Auslandjahr im schwedischen Lund: “Ich kann es nur weiter empfehlen!” Auch Sonja Krebs, die während ihres Studiums der Angewandten Biowissenschaften in Barcelona war, hat dafür nur positive Worte übrig. “Es war super: fachlich konnte ich meinen Horizont stark erweitern.”

Wer einmal ein paar Monate an einer anderen Hochschule studiert hat, wird dem beipflichten. Solche Erfahrung kann die eigene Hochschule durch kein Angebot wettmachen.

Prüfungen im Weg

Doch daneben werden immer wieder organisatorische Schwierigkeiten deutlich. Konkret: Die Prüfungssessionen der ETH sind heute nicht kompatibel mit dem Terminkalender anderer europäischer Hochschulen. So legen zum Beispiel Studierende der Unitech-Partnerhochschulen (1) der ETH Ende Sommersemester ihre Examen ab und sind im September bereit für das neue Semester. Viele ETH-Studierende können sich hingegen erst im September prüfen lassen. Dadurch verpassen sie Sprachkurse, Einführungswochen und Einschreibetage an der neuen Hochschule.

Der Austauschdienst der ETH – hier Claudia Schumacher –- versucht, Studierenden bei organisatorischen Problemen zu helfen. Bild: Erasmus Student Network Zürich (2). gross

Die Chemiestudentin Tina Osswald beispielsweise hat ein Semester in Cambridge studiert. Sie musste für ihre Prüfungen nochmals nach Zürich zurückkommen: “Wegen der späten Prüfungstermine der ETH bin ich vor den Prüfungen schon nach England geflogen, um den „Termstart“ nicht zu verpassen.“ Den Beginn des „Terms“ sollte man in England mitbekommen, meint sie, da dort alle Informationen und Einteilungen stattfänden. Oder Stefan Kuster, Student der Angewandten Biowissenschaften: “Wenn ich zwei Semester in Montpellier hätte studieren wollen, hätte ich im Anschluss an die 2. Vordiplomprüfungen verspätet nach Montpellier reisen müssen. Ich entschied mich für nur ein Semester, was definitiv zu kurz war.”

Warum die späten Prüfungsdaten?

“Einige DepartementsvertreterInnen sind der Überzeugung, dass die ganzen Semester für den Unterricht gebraucht werden und die Studierenden den Sommer zur Prüfungsvorbereitung benötigen,” erklärt Professor Hans Thierstein, Prorektor für internationale Beziehungen der ETH. Die Vorverlegung der Prüfungen werde von einzelnen Departementen geplant, und das Rektorat versuche eine vermittelnde Rolle zu übernehmen, da starre Erlasse nur Opposition unter den Dozierenden hervorrufen. “Die Dozierenden können solche Fragen am kompetentesten beurteilen. Eine im Vergleich zu heute schlechtere Ausbildung kann sich die ETH nicht leisten,” meint Thierstein. „Bei einer allfälligen Vorverlegung der Sessionsprüfungen ans Semesterende sind wir nicht ganz frei, da die Semesterplanung auch in Absprache mit anderen Universitäten, insbesondere der Uni Zürich, erfolgen muss", ergänzt Christoph Niedermann vom Stab Rektor. Es müsse ausserdem auf die Verpflichtungen der Professoren (wissenschaftliche Kongresse, Einreichen von Forschungsgesuchen usw.) Rücksicht genommen werden.

Bei den Anpassungen ans neue Studienreglement (3) liegt der ETH viel daran, internationale Studierende zahlreich nach Zürich zu bringen: „Selbstverständlich wollen wir unsere Master-Studiengänge attraktiv gestalten, insbesondere für sehr gute Studierende aus dem Ausland“, so Niedermann.


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Das Interesse, im Ausland zu studieren, ist gross, wie der Andrang am „Infomarket“ der Mobilitätsstelle zeigt. Bild: Erasmus Student Network Zürich (2). gross

Dem Bedürfnis der ETH-Studierenden, selbst ins Ausland zu gehen, kann weniger Rechnung getragen werden. Christoph Niedermann: „Den ETH-Studierenden möchten wir die Mobilität ermöglichen, aber wir schicken sie nicht aktiv weg, um ihren Master an einer anderen Universität zu machen. Innerhalb der Idea League (4) wollen wir aber die vertikale Mobilität – Bachelor an der Heimhochschule, Master-Studium an einer anderen Hochschule – ankurbeln.“

Baustelle Mobilität

Bezüglich Mobilität ergeben sich für so genannte „Outgoings“ folgende Probleme: Für die horizontale Mobilität – Wechsel an eine Partnerhochschule während des Studiengangs – ist an der ETH jedes Semester problematisch, da neu Semester-Prüfungen obligatorisch sind. Was den Zeitpunkt betrifft, so ist das 2. Bachelorjahr zu früh, das 3. Jahr zu spät und das Master-Studium zu kurz, um ein Semester im Ausland zu absolvieren. Auch der Zeitpunkt des Bachelor-Abschlusses ist kritisch: Eine erfolgreiche Bewerbung zu einem Master-Studium anderswo setzt eben voraus, dass ein bis zwei Monate vor Beginn jenes Master-Studiums bekannt ist, ob alle Bedingungen zum Bachelor-Abschluss erfüllt sind. „Die Mobilitätsfrage ist eine wichtige Baustelle in dieser Studienreform. Es werden verschiedene Lösungen diskutiert; eine Gesamtlösung ist indes noch nicht in Sicht“, sagt Niedermann.

Trend zum Studium im Ausland

Das Interesse an einem Austauschsemester ist trotzdem gross: Die Zahl der „Mobilen“ ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Das laufende Studienjahr 03/04 verbringen 195 Studierende im Rahmen von Mobilitätsprogrammen an fremden Hochschulen. Umgekehrt sind 231 Studierende von anderen Hochschulen an die ETH Zürich gekommen. Gemäss Martina Bächli, Leiterin des Austauschdiensts der ETH (5), gehen jedoch viel weniger Studierende ins Ausland, als sich für die Mobilität interessieren: “Das hat viele Gründe, aber es liegt auf der Hand, dass diese Prüfungsgeschichte sicher auch als grosses Hindernis auftritt.” Auslandsemester, die auf jeden Studierenden individuell massgeschneidert werden müssen, seien jedoch administrativ für alle Beteiligten viel zu aufwändig, meint Niedermann. Standardprogramme wie ein integriertes Semester an ausgewählten Partneruniversitäten wären geeignetere Lösungen. "Möglicherweise wird die horizontale Mobilität im Bachelor-Master-System vorübergehend abnehmen", so Niedermann: „Aber wir arbeiten daran, dass sie nicht ganz zusammen fällt“.

Studierende können sich aktiv einsetzen

Der VSETH (6) unterstützt die Bedürfnisse der Studierenden. “Von der Mobilität profitiert die ETH: durch den erweiterten Horizont, das Networking und die gesteigerte Motivation der Studierenden“, meint Cornelius Niemeyer, Zuständiger für das Ressort Hochschulpolitik des VSETH. Im Rahmen der Bologna-Reform müssten deshalb nicht nur für die „Incomings“ sondern auch für die „Outgoings“ Anpassungen vorgenommen werden. Deshalb fordert der VSETH, dass die Reglemente an der ETH so verändert werden, dass derzeit bestehende Hürden umgangen werden können oder völlig wegfallen. Da die Bologna-Reform noch nicht vollständig abgeschlossen ist, ergibt sich jetzt eine ideale Gelegenheit dazu. In Gesprächen versuchen Vertreter des VSETH zusammen mit dem Fachvereinsrat, dem Rektor die Sicht der Studierenden näher zu bringen: „Der Rektor hat uns zugesagt, sich des Problems der späten Prüfungstermine anzunehmen, damit in Zukunft horizontale Mobilität auf der Bachelorstufe kein Sonderfall mehr ist,“ sagt Niemeyer.

Hier sieht auch Hans Thierstein die Chance für Studierende, sich aktiv für die Mobilität einzusetzen, damit studentische Standpunkte frühzeitig in die Planung einfliessen: “Die Studierenden sollen sich an den Diskussionen in den Unterrichts- und Departementskommissionen einsetzen oder über die Studierenden-Organisationen auf eine Harmonisierung der Semester- und Prüfungstermine zwischen einzelnen Unis oder Ländern hinwirken.”


Literaturhinweise:
Bisher erschienene "ETH Life"-Artikel zum Thema “Bologna” und Mobilität: “ECTS braucht noch Zeit” (14.10.2002): www.ethlife.ethz.ch/articles/ects.html “Der Zug fährt nach Bologna” (6.2.2003): www.ethlife.ethz.ch/articles/pinkkolvier.html “Debatti Bolognese” (26.6.2003): www.ethlife.ethz.ch/articles/koluemvier.html “Verändere dein Leben – beweg Dich” (19.11.2003): www.ethlife.ethz.ch/articles/mobilitaetneu.html

Fussnoten:
(1) Unitech International: www.unitech-international.org
(2) Erasmus Student Network Zürich: www.esn.ethz.ch
(3) Richtlinien für die koordinierte Erneuerung der Lehre an den universitären Hochschulen der Schweiz im Rahmen des Bologna-Prozesses (Bologna-Richtlinien) vom 4. Dezember 2003: www.cus.ch/De/D_Publika/D_Publik_Richtlinien/Publika_Richtlinien.html
(4) Idea League (Imperial College, TU Delft, ETH, RWTH Aachen): www.theidealeague.org
(5) Mobilitätsstelle der ETH Zürich: www.mobilitaet.ethz.ch
(6) Verein Studierender der ETH Zürich: www.vseth.ethz.ch



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