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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 06.04.2006 06:00

Erstes Freshmen-Projekt in der Schweiz
In vier Monaten zur Regatta

Freshmen heissen die Neueinsteiger in den Rudersport. In den Niederlanden, Grossbritannien oder den Vereinigten Staaten werden sie zu Tausenden an den Universitäten für Wettkämpfe geworben. Erstmals in der Schweiz startete Rudertrainer Camille Codoni ein solches Projekt gemeinsam mit dem ASVZ in Zürich. Ziel war das „Head of the River Race”. Sie ist die grösste europäische Regatta und fand am 11. und 25. März in London statt.

Michael Bartnik

Und plötzlich ist es einfach vorbei. Die acht Ruderer gleiten gemächlich zum Bootshaus zurück. Letzte Tropfen perlen vom Boot ab, als hätte es mitgeschwitzt. Zum Glück hat es – wie untypisch für London – nicht geregnet und wenig geweht. Die Steuerfrau ist schon ganz heiser. Vorn am Bug weist die Gallionsfigur, ein Maskottchen aus einem Überraschungsei, beständig den Weg.

Das Rennen verging wie im Fluge. Die letzten Kilometer erforderten noch einmal höchste Anstrengung. Welche Erlösung, als die letzte Brücke erschien. So richtig war die Ziellinie vom Wasser aus gar nicht zu sehen. Noch ein paar Meter fahren – und schon geschafft. Von den 420 Achtern, die an den Start gingen, ziehen die letzten in ihre Bootshäuser. Das war also das „Head of the River Race”, die grösste europäische Regatta. Die sieben Kilometer lange Rennstrecke schlängelt sich durch den Londoner Westen. Anders als bei der berühmten Universitäten-Regatta Oxford gegen Cambridge ging es mit der abziehenden Flut die Themse hinab. Ganze sechs bis acht Meter Differenz hier zwischen Ebbe und Flut herrschen – so weit weg vom Meer.

Vier Monate auf dem Zürichsee trainiert, bei Wind und Wetter, bei Regen und Schnee, anderthalb Stunden im Wasser auf den Start gewartet, denn nur langsam bewegte sich der Tross auf die Startlinie zu – und nach zwanzig Minuten ist alles vorbei.

Ein konkretes Ziel vor Augen

Ende November lud der Cheftrainer des Zürcher Ruderclubs Belvoir, Camille Codoni, zu einer Informationsveranstaltung. „Mit meinem Projekt 'Freshmen’ wollte ich Erwachsene für den Rudersport gewinnen“, sagt Camille Codoni. „Nicht für den Breitensport sondern für ein viermonatiges Training mit einem konkreten Leistungsziel.“ (1) Die Voraussetzungen waren gut. Schliesslich ist Indoor Rowing, das Trockenrudern auf einem Ruder-Ergometer, im Trend. Immerhin 44 Sportlerinnen und Sportler, vor allem aus dem Hochschulsportverein ASVZ, entschieden sich mitzumachen.

Zwei von ihnen waren ETH-Doktorand Alexander Souza (30) und First-Lab-Mitarbeiter Matthias Golling (34). „Ich habe vorher schon ein wenig gerudert, und nun hatte es mich gereizt, bei so einem grossen Projekt mitzumachen“, sagt Alexander Souza, der am Institut für Theoretische Informatik Algorithmen analysiert. Bei Matthias Golling war es ähnlich: „Ich bin schon bei einigen Wettkämpfen im Windsurfen gestartet und nun hat mich interessiert, wie man es in vier Monaten vom Anfänger zum Regattaruderer schafft.“ Auf dem Hönggerberg stellt der Spezialist für Molekularstrahl-Epitaxie Laserdioden her.

In Eiseskälte auf dem Zürichsee trainiert

Jeder hatte einen umfangreichen und herausfordernden Trainingsplan: Dreimal pro Woche abends Ausdauer- und Krafttraining mit harter Arbeit am Ergometer und jeden Samstag und Sonntag Rudern in den drei Achtern auf dem winterkalten Zürichsee. „Manchmal sind uns die Dollen, an denen die Ruder am Boot befestigt sind, beim Training auf dem See zugefroren“, erzählt Matthias Golling. „Besonders die Hände haben ziemlich gelitten“, ergänzt Alexander Souza.

Zur Halbzeit Ende Januar traten die frisch gebackenen Ruderer dann bei den schweizerischen Meisterschaften im Indoor Rowing an (2). Hier sollte sich entscheiden, wer mit nach London zur Regatta fährt. Die dreissig Besten blieben im Boot.


Rudern beim ASVZ

Das neue Sportprogramm des Akademischen Sportvereins Zürich (ASVZ) für das Sommersemester ist online: www.asvz.ch. Über 70 Sportarten und Dienstleistungen stehen zur Auswahl, darunter auch etliche Sportkurse im Wasser oder im Trocknen.




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Die historische Regattastrecke "Mortlake to Putney" im Londoner Westen ist Austragungsort des "Head of the River Race” und des "Oxford and Cambridge Boat Race" gross

Ein kleines Maskottchen aus einem Überraschungsei war Gallionsfigur auf einem der drei Achter-Ruderboote.

Eines der drei Teams, das vom Zürcher Freshmen-Projekt in London an den Start ging. (Bilder: Alexander Souza) gross

Nach weiteren zwei Monaten war es dann soweit: Zunächst stand am 11. März der Achter mit den Damen am Start. Zwei Wochen später am 25. März waren die beiden Boote der Männer dran (3). Es blieb jeweils nur ein Tag, um sich mit den neuen Gefilden auseinanderzusetzen. „Der Unterschied zwischen Fluss und See war eigentlich nicht so gross“, gibt Alexander Souza zu.

Beeindruckende Leistung gerudert

Für die kurze viermonatige Trainingszeit legten alle drei Teams ein beeindruckendes Ergebnis hin: Platz 177 von 265 für die Frauen und Plätze 208 und 325 bei den Männern, die nur mit einer Minute Unterschied im Ziel eintrafen. „Bei den ausländischen Mannschaften gab es keine separate Kategorie 'Einsteiger’“, erklärt Matthias Golling. „Von den Engländern, die erst seit einem Jahr rudern, sind nur fünf schneller als unser bestes Boot gewesen.“

Mit der Regatta ging das Freshmen-Projekt zu Ende. Für den Trainer und Initiator war es ein voller Erfolg. „Etwa zehn Teilnehmer wollen weiter aktiv regattieren, etwa fünf wollen im Breitensport weiter rudern“, resümiert Camille Codoni. Alexander Souza und Matthias Golling werden allerdings nicht dabei bleiben: „Ich möchte zwar weiter Rudern, habe aber eine Post-Doc-Stelle in Freiburg erhalten“, sagt Souza. „Und ich werde mich wieder mehr meinen vier Kindern und dem Windsurfen widmen“, verrät Golling.


Fussnoten:
(1) Mehr über das Projekt Freshmen unter www.belvoir-rc.ch/freshmen
(2) Mehr über die Swiss Rowing Indoors unter www.rowingindoors.ch
(3) Mehr über das Head of the River Race unter www.horr.co.uk



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