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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 31.05.2005 06:00

Die Sola-Duo, ein Lauferlebnis der besonderen Art aus Sicht eines Teilnehmers
Könige der Nacht

In der Nacht vom Freitag auf den Samstag der letzten Woche ging zum zehnten Mal die Sola-Duo über die Bühne. Organisiert wird der Laufanlass alle zwei Jahre vom Akademischen Sportverband Zürich (ASVZ). Rund 200 Läuferinnen und Läufer rollten und rannten bei optimalen Bedingungen paarweise mit dem Fahrrad und zu Fuss um Mitternacht in St.Gallen los und trafen in den frühen Morgenstunden in Zürich ein.

Von Samuel Brandner

Die Sola-Duo ist ein Nachtereignis für besonders angefressene Läuferinnen und Läufer. Sie gilt als härteste Prüfung im Angebot des ASVZ. Die Motivation, an diesem Lauf teilzunehmen, ist ganz unterschiedlicher Natur. Für die einen gilt die Sola-Duo als ultimativer Härtetest für den anstehenden Gigathlon, für die anderen – und zu denen zähle ich mich – ist der Lauf eine Pflicht, weil sie danach einen netten Bericht verfassen müssen. Die Strecke führte über rund 80 Kilometer von der Universität St. Gallen über Gossau, Wil und Turbenthal an den Greifensee und von dort über Pfaffhausen zur Hochschulsportanlage Fluntern in Zürich. Wie der Name „Sola-Duo“ schon sagt, wird die Strecke paarweise zurückgelegt. Während der eine läuft, erholt und verpflegt sich der andere auf dem Fahrrad. Besonders hipp scheint unter geübten Sola-Duo-Läufern der grüne Einkaufskorb der Migros zu sein, den Kenner der Szene auf dem Gepäckträger montierten. Gewechselt wird nach eigener Strategie oder nach Lust und Laune. Dies hat unbestreitbar den Vorteil, dass der Läufer immer bei Laune gehalten wird und zweifellos den Nachteil, dass der Fahrradfahrer zunehmend gegen den Schlaf anzukämpfen hat. Die Schnellsten legten die Strecke in etwas mehr als fünf Stunden zurück (1) und waren damit deutlich schneller als die Sieger der letzten Jahre. Die sportliche Herausforderung bei solchen Wettkämpfen liegt aber nicht allein in der Zeit, sondern auch darin, den Lauf trotz schmerzender Muskeln zu geniessen. Mit meiner Laufpartnerin gehörte ich daher zu einer grossen Mehrheit, die sich zwei bis drei Stunden mehr Zeit nahmen. Wer will uns das schon verübeln?

Ein siegessicheres Lächeln. Noch hat der spätere Sieger der Mixed-Kategorie, Andreas Thode, die 80 Kilometer nicht unter die Füsse genommen. Ob er am Schluss auch noch so lachen konnte? (Photo: Samuel Brandner, ETH Life) gross

Nachtläufer, ein ungewohntes Bild

Der Lauf von St. Gallen nach Zürich gilt als ursprüngliche Strecke der Sola-Stafette. Aus verkehrstechnischen Gründen wird der Lauf heute in der Nacht durchgeführt. Besonders beim diesjährigen Anlass hatte dies den Vorteil, der frühsommerlichen Hitze zu entkommen. Für die Anwohner der Universität und Besucher nahe gelegener Partys bot der Start jubelnder Läufer zweifellos ein ungewohntes Bild. Und so wäre es nichts als verständlich, wenn dem einen oder anderen die Frage durch den Kopf geschossen wäre, ob die heitere Läufer-Schar im Kopf noch richtig tickt. Natürlich eine Frage die letztlich jeder Grundlage entbehrt, weil der Lauf durch die Nacht ein ganz besonderes Abenteuer ist. Die vom Mond beschienen Landschaften, der klare Sternenhimmel, der würzige bis strenge Geruch der Landwirtschaft und die nächtliche Stille boten ein ganz besonderes Ambiente, das die Anstrengungen des Laufes zumindest auf den ersten fünfzig Kilometern vergessen liess. Da freut man sich schon am Gluggern eines nahe liegenden Baches, am Duft der Brote im Backofen einer nahe liegenden Bäckerei oder an der vom Mond beleuchteten Landschaft.

Elanvolles Abstempeln an einem Posten irgendwo zwischen St. Gallen und Zürich, damit niemand verloren geht. (Photo: Nicole Weber, ASVZ) gross


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Wandelnder Reflektor: Laufen macht glücklich. Für den Verkehr mussten die Läufer gut sichbar sein. (Photo: Nicole Weber, ASVZ) gross

Studie regionaler Eigenheiten

Das Naturschauspiel ist allerdings nicht der einzige Grund, an diesem Nachtlauf teilzunehmen. Die Veranstaltung bietet den Läufern auch eine hervorragende Gelegenheit, kulturelle Besonderheiten der Region zu erkunden. Spätestens ab ein Uhr nachts begegnet man leicht angeheiterten St. Galler oder Thurgauer Wirtshausgängern, die der vorbeirennenden Schar irgendwelche anfeuernden Worte hinterher rufen und irgendwo tief im Thurgauer Hinterland steht eine Gruppe Jugendlicher bereit, den vorbeieilenden Läufern grosszügig Bier vom Fass anzubieten. Wird man dann früh morgens von eben frisch aufgestandenen Läufern oder In-Line Skatern überholt, die ganz offensichtlich noch nicht so weit gelaufen sind, so ahnt man das Ende – wohlgemerkt vom Ende der Sola-Duo.

Muskelschmerzen schnell vergessen

Zuerst steht aber noch das eigentliche pièce de résistance bevor: Der Aufstieg von Fällanden nach Pfaffhausen, ein Streckenabschnitt, der wohl in keiner der bald nach dem Lauf herumgereichten Erzählungen fehlen darf. Hier wird der Spiess umgedreht. Leiden muss nämlich weniger der Läufer als der Fahrradfahrer, der mit dem Gepäck und den schweren Beinen dem Ersteren meist hinten nach strampelt. Den Zuschauern im Zieleinlauf bietet sich ein Wechselbad der Gefühle. Den Endorphinen sei Dank: Letztlich obsiegt die Glückseligkeit der Läufer, von den Qualen ist schon bald nicht mehr die Rede. Auf die müden aber glücklichen Gesichter wartet ein ausgedehntes Erholungsprogramm und ein reichhaltiges Frühstück, während dessen man sich im Läuferlatein mit seinen Laufkollegen üben kann. Die Muskelschmerzen sind schon bald vergessen, als Kitt und Kick für das nächste Mal bleibt das Lauferlebnis (2). Gibt es einen Grund, den nächsten Start zu verpassen?

Müde aber glücklich am Ziel bei der HSA Fluntern. Auf die beiden Läufer wartet ein wohlverdientes Erholungsprogramm und Frühstück. (Photo: Nicole Weber, ASVZ)


Fussnoten:
(1) Für Wettkämpfer das Ein und Alles, oder nicht? Die Rangliste: www.asvz.ch/index.cfm
(2) Interessierte können sich mit dem Kartenstudium schon auf das nächste Mal vorbereiten: www.asvz.ch/laufen/soladuo/index.html



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