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Rubrik: Forum
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Publiziert: 25.03.2003 06:00

Antwort auf Herrn Schweizer
Antwort an Herrn Sautter

Von Kurt Schweizer

Grüezi Herr Sautter

ich bitte Sie meinen "Altersstarrsinn" zu entschuldigen, aber ich kann die von Ihnen gemachten Kommentare zu meinem Brief nicht unbeantwortet stehen lassen. Damit die geneigten LeserInnen nicht durch zuviel kursiv- respektive fettgedruckte Textstellen irritiert werden, erlaube ich mir wieder eine Schriftart zu verwenden.

Den Vorwurf es mir einfach zu machen, kann ich gerne zurückgeben. Sie verfolgen seit geraumer Zeit Ihr Projekt, ohne dabei auf gesellschaftliche oder politische Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. Für Sie zählt nur die Forschung und ihre (Ihre?) Freiheit.

Die von Ihnen erwähnten Freisetzungsversuche in Changins fanden in einem "rechtsfreien" Raum statt. Inzwischen gibt es eine Freisetzungsverordnung und seither gab es keine Bewilligungen mehr. Die vom letzten Dezember für Ihr Projekt einmal ausgenommen.

Die Versuche im Ausland sind mir bekannt. Ihr Konkurrenzproblem kann ich nicht lösen, aber vielleicht überlegen Sie sich einmal, was es für einen Biobauern in Lindau heisst, wenn er plötzlich seine Ernte nicht mehr verkaufen kann, weil die Leute fürchten, sie könne mit transgenen Pflanzen verunreinigt sein. Das wäre dann ein Existenzproblem. Wenn ich mich richtig erinnere, bezeichneten Sie dies einmal euphemistisch als "virtuellen" Schaden.

Sie schreiben, das UVEK hätte die ablehnende Entscheidung des BUWAL als sachlich und juristisch unbegründet bezeichnet. Das BUWAL beschäftigt Biologen, das UVEK Juristen. Wer kann wohl besser in der Sache entscheiden? Tatsache ist, dass das UVEK aufgrund der Freisetzungsverordnung dem BUWAL die sachliche Entscheidung entzogen hat, ob das juristisch hieb und stichfest war, kann ich nicht beurteilen.

Was die Auskreuzungsexperimente mit Weizen angeht, so habe ich schon so viele unterschiedliche Zahlen gefunden, dass ich mich lieber auf meine Nase verlasse. Gräserpollen fliegen weiter als 60 Meter, das weiss ich, das spüre ich jedes Jahr wieder, wenn meine Augen tränen, meine Nase läuft und ich permanent niessen muss. Weizen ist ein Gras. Wenn der Weizen ein so strenger Selbstbestäuber ist, wieso muss man den einzelnen Halmen Papiertüten überziehen, wie es bei einem der Versuche im FAL gemacht worden ist? Wieso liest man von 5% Fremdbestäubung bei normalen Bedingnungen?

Ihre Windkanalversuche in allen Ehren, aber ein richtiger Sturm hat herzlich wenig damit zu tun. Woher sie die 30km/h für die maximale Windgeschwindigkeit in Eschikon haben, ist mir ein Rätsel. Woher kommen dann die umgestürzten Bäume im Wald nebenan? Wie kann es sein, dass Glasscheiben von Treibbeeten abgehoben werden? Wie ich schon im letzten Brief erwähnt habe, wohne ich schon sehr lange in der Gemeinde Lindau und brauche deshalb keine meteorologischen Daten.

Ihren Forschungsauftrag stelle ich keinesfalls in Frage, nur die Art wie Sie ihn auslegen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie im Labor gesicherte Erkenntnisse sammeln und erst auf die Umwelt losgehen, wenn Sie genau wissen, was Sie tun. Bitte erinnern Sie sich daran, dass in den sechziger Jahren beschlossen wurde, die Schweiz müsse einen eigenen Atomreaktor haben. In Lucens hatte die Schweiz dann die Ehre, eine der ersten Kernschmelzen "durchzuführen".

Ich stehe nach wie vor zum Begriff Herumexperimentieren, da für Veränderung von Erbmaterial in Pflanzen kein Verfahren besteht, welches als exakt bezeichnet werden kann, ganz zu schweigen davon, dass ein erfolgreich eingeschleustes Gen nicht unbedingt so reagieren muss, wie es sich der Experimentator vorgestellt hat. Die Bedrohung durch aus dem Ausland eingeführtes Saatgut ist mir durchaus bewusst, nur kann ich nicht verstehen, wieso ich ausgerechnet vor meiner Haustüre auch noch hausgemachte Bedrohungen tolerieren soll.

Was das juristische Hin und Her anbelangt, so denke ich, dass die Anwälte der ETH auch kräftig zugelangt haben und damit nicht ganz unschuldig am derzeitigen Zwischenstand sind. Auch das Kesseltreiben, das die Gentech-Lobby und das Forschungs-Establishment veranstaltet haben, nachdem das BUWAL das Gesuch abgelehnt hatte, war nicht gerade die feine Art.

Wenn Sie Erkenntnisse aus der Natur brauchen, forschen Sie doch mit nicht transgenen Pflanzen. Die Diskussion um die Auskreuzungswahrscheinlichkeit von Weizen zeigt doch, dass hier noch Potenzial vorhanden wäre. Mit Mais wurde ja letzthin in Lindau ein Auskreuzungsversuch gemacht, ohne das die unfreiwillig daran teilnehmenden Bauern informiert worden waren.

Ich mache es mir gar nicht einfach mit Fakten, ich sehe nur sehr wenige. Alles was Sie mir anbieten können sind Wahrscheinlichkeiten und da ist es halt wie im Lotto, machmal gewinnt man und manchmal verliert man. Ich spiele übrigens nie Lotto.

Mit freundlichen Grüssen

Kurt Schweizer





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