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Publiziert: 05.08.2003 06:00


Augustfeuer

Von Kurt Signer

Wir Schweizer entzündeten am 1. August überall Feuer, liessen Raketen steigen und sangen die Nationalhymne. Dieses Jahr scheint der Monat August in ganz Europa selbst helvetisch mitfeiern zu wollen. In Frankreich, in Croatien, in Spanien, auf Zypern wüten grosse Waldbrände, zerstören Natur und Menschenwerk. Im Waadtland haben sich Felder selbst entzündet. Oder waren es Malefizbuben, die dort gezündelt haben, oder gar frustrierte Mitbürger, die sich für eine Ungerechtigkeit des Lebens rächen wollten ?

Die Schweizer geben am 1. August jedes Jahr zwischen 5 und 7 Mio Franken für Feuerwerkskörper aus. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass hier zu Lande jeden Tag 7 Mio Franken an Subventionen in die Landwirtschaft fliessen. Wie schnell könnten aber die 7-Mio-Franken-Pyrotechnik die Subventionen wieder zerstören. Die Gemeinden taten sich denn auch schwer in ihrem Entscheid, ob sie – angesichts der grossen Brandgefahr – die Feuer des Patriotismus zulassen sollten oder nicht. Die wenigen Regentropfen der letzten Tage waren aber genügend Alibi, um diese Gefahr vergessen zu lassen. Die Verantwortung und das Risiko waren schnell vergessen. Die atavistische Lust am selbst gelegten Feuer obsiegte.

Ist da noch ein Gen in unserer DNS zu finden, das an die alten Schwitter erinnert? An jene Alemannen, die vor 1'500 Jahren zwei Drittel der Schweizer Waldfläche durch Brandrodung – vermutlich auch im Monat August – vernichtet haben, um möglichst viel "offene" Ackerfläche zu schaffen? - Angesichts der Wichtigkeit des Waldes für die globale Sauerstoffproduktion eine ökologische Katastrophe erster Ordnung.

Und eben diese Ackerfläche kostet uns nun 7 Mio Franken pro Tag, um sie zu erhalten. Trotzdem riskieren wir – patriotisch – wieder ihre Zerstörung, damit wir nicht auf unsere Urnatur der Brandroder verzichten müssen.

Da war auch ein Tag anfangs August 1945, der sechste, an dem ein riesiger menschengemachter Feuerball die Stadt Hiroshima in Schutt und Asche legte. Der alte Shinto-Kult in Japan kennt auch die sorgfältige Herstellung von Gegenständen, bis zur Konstruktion von Tempeln, die dann sofort wieder angezündet werden, um im nächsten Jahr der gleichen Prozedur geopfert zu werden. Hat der Mensch in sich eine archetypische Lust, das Feuer als zerstörerische Kraft zu benutzen, eine Kraft, die verdichtete Energieformen wieder auflöst und zu Urformen der kosmischen Energie werden lässt ? Eine Art von Mini Big-Bang ? Da bekommt die Pyromanie und Prometheus, der den Menschen das Feuer brachte, wieder eine ganz neue Dimension.

Mein Hund verbrachte die Detonationen und die Feuer des 1. August wieder unter dem Bett verkrochen. Er ist ja auch Franzose und hat kein Verständnis für diese Art von künstlichen Risiken. Seine Heimat ist zu sehr von Augustfeuern geschädigt worden. Ich habe dieses Jahr wieder auf den feurigen Spass verzichtet. In den letzten Jahren tat ich dies aus Vernunft, aber dieses Jahr auch aus Rücksicht und Solidarität mit der brandgeschädigten Natur und den Opfern in unseren Nachbarländern. Aber vielleicht fehlt mir auch das feurige Alemannen-Gen…

Einen nicht-feurigen August und trotzdem viel Spass wünscht Euch

Kurt Signer, Abteilung Betrieb





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