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Rubrik: Forum
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Publiziert: 01.06.2001 11:00

Wissenschaft nur für Idealisten?
Stellungnahme zum Thema Doktorierenden-Löhne, "Lieber Herr Prof. Kübler"

Werner Aeschbach-Hertig

Ich kann die Stellungnahme von Dietbert Neumann zum Interview mit Olaf Kübler nur voll und ganz unterstützen. Er legt den Finger auf einige wunde Punkte. Es geht ja bei der Diskussion um die Doktorandenlöhne nicht nur um die finanzielle Lage während des Doktorats, sondern auch um die Perspektiven danach. Symbolische 50%-Löhne für Doktorierende lassen sich rechtfertigen, wenn eine Doktorarbeit eine vielversprechende Investition in die Zukunft darstellt, wie Herr Kübler glaubt. Diese Zukunft wäre wohl zu suchen in einer Karriere in der Wirtschaft oder der Wissenschaft. Beides scheint mir zumindest fraglich.

In vielen Wirtschaftszweigen können ETH-Absolventen bei vollem Lohn in Trainee-Programme einsteigen, die ihnen vermutlich mindestens so gute Aussichten eröffnen wie eine Dissertation. Das "Trainee-Programm" der Wissenschaft hingegen, das Doktorat, ist lausig bezahlt und öffnet den Weg in eine Laufbahn, die wie Dietbert Neumann sagt, unsicher und auch nicht sonderlich gut bezahlt ist. Auch Herr Kübler spricht ja von den Entbehrungen, die man in einer wissenschaftlichen Laufbahn auf sich zu nehmen habe. Also ist Wissenschaft etwas für Idealisten, frei von materiellen Wünschen und Karrieredenken? Mitnichten, denn wer sich nicht mit Nachdruck um seine Karriere kümmert, der wird spätestens mit 40 ausgemustert. Eine Wissenschaftswelt, die nur für eine kleine Spitze langfristige Positionen (Professuren) kennt, kann nur einem Bruchteil der vielen Doktorierenden, die sie als billige Arbeitskräfte so dringend braucht, eine Zukunft bieten.

Ich finde es toll, wenn Herr Kübler mit doppelt so viel Doktorierenden den Impact der ETH verdoppeln möchte. Das wird jedoch nur gelingen, wenn diese Leute auch adäquat betreut werden. Denn innert drei Jahren von Null zum Autor wichtiger Paper, das schafft man nur im Rahmen einer intakten Forschungsgruppe. Die ETH muss also dem wissenschaftlichen Personal auf allen Stufen befriedigende Bedingungen und vor allem Perspektiven bieten können. Dann kann sie Nachwuchs insbesondere auch aus den Reihen der eigenen Absolventen anziehen. Doktoranden aus aller Welt werden sich dank dem Ruf der ETH gute Chancen auf eine wissenschaftliche Laufbahn z.B. in ihrer jeweiligen Heimat ausrechnen. Die eigenen Absolventen dürften sich aber auch für die längerfristigen Chancen in der Schweizer Wissenschaftslandschaft interessieren, und da sieht es düster aus. Heute bietet der Mittelbau, zumindest in meiner Umgebung, leider nur allzuviele Beispiele für enttäuschte Hoffnungen.

Ob die geplanten Assistenzprofessuren dieses Problem lösen werden, ist ein anderes Thema. Jedenfalls sind die notwendigen Reformen auf allen Stufen gewiss nicht "kostenneutral" zu haben. Da kann ich nur hoffen, dass den von Herrn Kübler beobachteten positiven Anzeichen in Bezug auf mehr Mittel für die Wissenschaft in der Schweiz auch konkrete Taten folgen werden.

Werner Aeschbach-Hertig,

Dept. UMNW und EAWAG





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