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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 24.04.2002 06:00

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Von Nicky Kern

In der Gruppe eines Kollegen gab es kürzlich eine Neuerung: es wurden regelmässige Treffen der Doktorierenden mit dem Professor eingeführt. Das wäre nicht weiter erstaunlich, wenn mit "regelmässig" nicht einmal pro Semester gemeint gewesen wäre...

Es stellt sich also die Frage, wieviel Betreuung Doktorierende eigentlich so brauchen. Die wissenschaftliche Arbeitsweise wird Studenten ja kaum nähergebracht. Das heisst, anfangs braucht es also sicher relativ viel Unterstützung. Aber auch wenn das Ziel, selbstständiges wissenschaftliches Arbeiten, erreicht ist, kann ein regelmässiges "Coaching" durch eine erfahrene Person nicht viel schaden.

Wie sollte also die ideale Betreuung aussehen? Wesentliche Voraussetzung ist sicherlich, dass sie verfügbar ist, wenn sie gebraucht wird. Neben der fachlichen Unterstützung und Orientierung muss sie auch, und das ist ganz wesentlich, die Grundzüge einer Projektplanung vorgeben. Um beispielsweise festzustellen, dass man in die falsche Richtung rennt, braucht es einen profunden Überblick über das Forschungsgebiet. Schliesslich haben Doktorierende Projekte der Grössenordnung einer Promotion kaum vorher in ihrer Laufbahn abgewickelt.

Ein Kollege erzählte mir neulich von der Handhabung von Forschungsplänen in seinem Institut. Dort sei es wohl üblich, sie am Ende der Doktorarbeit zu erstellen, schliesslich wüsste man erst dann, was in der Arbeit stehen würde. Statt sie also als Werkzeug zur Wegplanung einer Dissertation zu verwenden, werden sie zur lästigen Formalität und damit, nicht zu Unrecht, als Schikane empfunden.

Das Ziel der ETH ist ja erklärtermassen, Doktorarbeiten innert drei Jahren abzuschliessen. Nun, drei Jahre sind so viel nicht, wenn man bedenkt, dass es neben der eigentlichen wissenschaftlichen Arbeit auch noch eine profunde Einarbeitung in das eigene Fachgebiet und die Lehre zu bewältigen gibt. Auch wenn Forschung sich relativ schlecht "planen" lässt, kann eine einigermassen klar formulierte Zielvorstellung helfen, auf dem Weg zu bleiben oder gar den Zugang zu einem einzigartigen, noch unerforschten Tal zu finden.


Zur Person

Seit Oktober 2001 ist Nicky Kern Assistent bei Professor Bernt Schiele im Departement Informatik. Er engagiert sich in der Mittelbau-Vereinigung AVETH. Für seine Doktorarbeit vertieft er sich in das momentan trendige Thema "Wearable Computing". An der ETH schätzt der deutsche Informatiker die konstruktive Atmosphäre zwischen der Schulleitung und den Doktoranden. Als negativ wertet er aber, dass neu ankommende Wissenschaftler in Zürich häufig allein gelassen werden und: "die Professoren sollten den Doktorierenden nicht zuviel Arbeit ausserhalb des definierten Projekts auftragen".




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Nicky Kern, Assistent am Departement informatik.

Sonst wird Forschung zu einer Fahrt im Nebelmeer: aktiv, aber blind für die Umgebung, ins Nirgendwo steuernd. Und damit lässt sich die 3-Jahres-Limite noch viel schwerer erreichen.

Betreuung von Doktorierenden scheint also gar nicht so einfach zu sein, wie sie auf den ersten Augenblick aussieht. Was passiert aber nun eigentlich, wenn sie mal den Anforderungen nicht gerecht wird? Oder wenn es gar, ganz einfach, zwischen Professor und Doktorand ein wenig "menschelt"? Schliesslich sind beide (glücklicherweise) "nur" Menschen, und da kann das ja durchaus mal vorkommen.

Es weiss derzeit niemand, wie häufig solche Probleme auftreten. Gerüchte sprechen von erstaunlich vielen unzufriedenen Doktorierenden. In ihrer Eigenschaft als Gerücht muss man sie sicherlich mit grosser Vorsicht geniessen. Aber, wie viele Dinge, haben sie vielleicht auch einen wahren Kern.

Derzeit sind Doktorierende mit solcherart Problemen meist auf sich allein gestellt. Geht es um die Suche nach Alternativen, wobei die von einem anderen Betreuer bis zum Abbruch oder Neuanfang der Dissertation reichen können, stehen sie vor einer grossen Leere. Vielleicht würde es sich hier lohnen, über kompetente Ansprechpartner in solchen Situation nachzudenken.

Die Betreuung von Doktorierenden, genauso wie die von Studierenden, ist keine einfache Aufgabe. Sie braucht viel Engagement und Erfahrung von den Betreuenden und mindestens genauso viel Einsatz von den Betreuten. Wieviel Betreuung aber braucht der Doktorand? Wie viel Betreuung bekommt er oder sie heute? Was passiert, wenn er oder sie an seiner Stelle nicht mehr zurecht kommt? Bis anhin sind das alles noch offene Fragen. Aber wenn man bedenkt, dass die Anzahl Doktorierender bald stark erhöht werden soll, werden sie sicherlich nicht an Aktualität verlieren...




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