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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 11.03.2003 06:00

Kolumne: Ablösung
Vier neue Zwischenrufer

Ab kommender Woche ist es wieder soweit: ein neues Quartett von Kolumnisten wird Sie in ETH Life mit Anregendem, Kritischem und Nachdenklichem aus persönlicher Warte versorgen. Wir stellen die neuen Zwischenrufer im folgenden vor.

Norbert Staub

Bernhard Plattner: Geprägt vom Netz der Netze

Er ist seit knapp einem Jahr "Herr" über eine ganze Welt: Bernhard Plattner, Professor für Technische Informatik, managt ETH World, und zwar betont Output-orientiert."Es war Zeit, von der Phase der teilweise zu hochfliegenden Visionen für einen virtuellen Campus in die Phase konkreter Lösungsangebote zu treten. Das haben wir, denke ich, gut bewältigt", sagt Plattner.

Sein Wirken an der ETH ist geprägt vom Netz der Netze, und das seit langem: er war als Switch-Mitglied einer der Internet-Pioniere in der Schweiz. Heute beschäftigt den Spezialisten für Hochleistungsnetze unter anderem die Frage, wie das im technischen Kern stets konstant gebliebene Internet zu einem Bündel von flexiblen Netzen weiterentwickelt werden kann. "Nachdem der Business-Aspekt des Internets extrem überbewertet wurde, erleben wir jetzt eine Unterbewertung; darunter leidet auch die technische Entwicklung", sagt Bernhard Plattner. Sicher aber werde das Rad nicht zurückgedreht, im Gegenteil. "Tatsache ist doch, dass das Internet und die Informationstechnologie den Alltag heute schon enorm beeinflussen. In zehn Jahren wird das noch viel stärker der Fall sein."

Bernhard Plattner. gross

Winkt Bernhard Plattner als Lohn für seinen ETH-World-Zusatzaufwand die Befruchtung von Forschung und Lehre? "Kaum, dazu sind die ETH-World-Projekte zu bodennah." Doch er kann aus nächster Nähe verfolgen, was sich an der Spitze des Realisierbaren tut, und darüber gerät der sonst eher zurückhaltende Professor ins Schwärmen: Ein aktuelles Projekt von Informatikdiensten und NET setze sich zum Beispiel das Ziel, Videoconferencing so simpel wie das Telefonieren zu machen. Ganz so einfach wird Bernhard Plattners Führungsaufgabe nie werden: Zu unterschiedlich sind am Poly die Erwartungen und Vorstellungen zu ETH World. Ein ideales Übungsfeld ist ihm da sicher eine seiner Passionen: das Western-Reiten. Komme es doch, so Plattner, bei dieser speziellen Dressur darauf an, "das Pferd in schwierigem Gelände genau zu führen - ohne Druck oder Zwang."

Elias Mulky: Brückenschlag zwischen Disziplinen und Kulturen

Mit seiner Entscheidung, an der ETH Interdisziplinäre Naturwissenschaften zu studieren, hat sich Elias Mulky schon von Anfang an den Touch des Besonderen zugelegt. Denn es sind nur gut 15 bis 20 Studierende, die jährlich diesen Studiengang in Angriff nehmen.

Sich "nur" der Mathematik, Physik, Chemie oder Biologie allein zu widmen, das wäre für den in Syrien geborenen Sohn einer Schweizerin und eines Syrers nicht in Frage gekommen. "Mich interessiert bei aller Lust an der Forschung vor allem der Brückenschlag zwischen den Disziplinen", sagt der im vierten Semester steckende Student. Die Komplexität eines seiner Berufsträume - der Raumfahrt - stellt denn auch Aufgaben, für die das interdisziplinäre ETH-Studium sicher keine schlechte Basis darstellt.

Elias Mulky. gross

Seine Jugend hat Elias Mulky in Damaskus verbracht. Bis zur Matur hat er die staatlichen, auf dem französischen Modell basierenden Schulen durchlaufen, ergänzt durch ein Deutschstudium am Goethe-Institut. Auf das grosse kulturelle Erbe seiner ersten Heimat ist er sichtlich stolz. Und das zu zeigen, ist ihm besonders in an Spannung und Missverständnissen reichen Zeiten wie diesen ein Bedürfnis. "Im Westen kursieren holzschnittartige Bilder über den Nahen Osten", sagt Mulky, "da korrigiere ich dann gern mit eigenen Erfahrungen." Denselben Stolz empfindet er, wenn er an die politischen Errungenschaften seiner zweiten Heimat denkt. "Wenn ein Land wirklich Freiheit und Demokratie für sich reklamieren kann, dann ist es die Schweiz", sagt Mulky.

Etwas bewegen zu können, und zwar im direkten Umfeld, macht ihm Spass: Bei der studentischen Selbsthilfeorganisation SOSeth sorgt er im Semester zwei Mal monatlich für spannende cinéastische Unterhaltung, und als Aktiver in der Chemiker-Fachschaft VCS vertritt er die Interessen der Studierenden im Departement. Freiwilligkeit in Ehren, aber das habe, meint Elias Mulky, noch einen gewichtigen Vorteil, besonders für ihn, der erst seit kurzem in der Schweiz lebe: "Ich knüpfe so wertvolle Kontakte, die mir später zugute kommen können."


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Barbara Orland. gross

Barbara Orland: Nachdenken, wie Technik den Alltag prägt

"Computerbasierte Bildgebungsverfahren in der Medizin" - "Geschichte der Biotechnologie" - "Technikgeschichte der Fortpflanzungsmedizin und Neonatologie": die Forschungsgebiete von Barbara Orland, Oberassistentin am ETH-Institut für Geschichte zeigen, was Historie auch sein kann: so gar nicht gestrig, sondern Reflexion darüber, wie topaktuelle Technologien tief in den Alltag eingreifen. Sie betreibe die Geschichte der Technik als "historische Konfliktforschung", sagt die gelernte Sozialwissenschaftlerin, die seit 1999 an der ETH wirkt. Zuvor lehrte und forschte sie vor allem an der TU und der Ruhr-Universität Bochum sowie am Deutschen Museum München. Zur Technikgeschichte kam sie über ihre Doktorarbeit zur Sozial- und Technikgeschichte der Wäscherei seit dem 18. Jahrhundert. So weit gefasst ihre Interessen sind: sie kreisen alle um das Thema "Technisierung des Familienlebens".

Was macht die Technik denn so konfliktträchtig? Neue Technologien bringen oft das Werte- und Wahrnehmungsgefüge ins Wanken, sagt Barbara Orland - man nehme bloss die heutige Stammzell- und Klondiskussion mit ihren unabsehbaren Weiterungen. Wie solche Auseinandersetzungen geführt und entschieden werden, ergebe deutliche Momentaufnahmen von Machtverhältnissen und Interessenslagen. Und im historischen Vergleich zeigten sich aufschlussreiche Parallelen: So würden sich Argumentarium und Tonalität der aktuellen Klondebatte und des Streits um die In-vitro-Fertilisation vor zwei Jahrzehnten überraschend ähneln, sagt Barbara Orland.

Eine "Hobbyschweizerin" sei sie in den vergangenen vier Jahren geworden, seit sie an der ETH als Oberassistentin arbeitet, meint sie - nur halb im Scherz, denn auch unverhohlene Bewunderung für die Verhältnisse schwingt mit, unter denen an der ETH gearbeitet werden kann. Im Vergleich mit den "VWs" der deutschen Uni-Landschaft hätte man es bei der ETH mit einem "Porsche" zu tun: hinsichtlich Ausstattung und Bewegungsfreiheit für die Wissenschaftler sei die ETH unerreichte Spitze. Stolz ist Barbara Orland auf das von ihr geleitete Projekt "webclass", eine Internet-gestützte Lernumgebung, welche Studierenden eine Einführung in die Technikgeschichte vermittelt.

Matthias Erzinger: Wissen hinaustragen

Sein (nicht beendetes) Chemiestudium an der ETH ist ziemlich lange her; aber vielleicht war das jene Initialerfahrung, die dafür sorgte, dass Matthias Erzinger den Draht zum Poly nie verlor. Nach der Chemie zog es ihn zur Gestaltung: zur Fotografie. Am Photographischen Institut der ETH gings Ende der 70er Jahre neben der klassischen Fotografie um die damals neue digitale Bildverarbeitung - ein Gebiet, in dem damals auch ein junger Wissenschaftler namens Olaf Kübler arbeitete...

Matthias Erzinger. gross

1987, nach sieben Jahren in der Fotoabteilung eines einst weltweit fliegenden Konzerns, genannt Swissair, erfolgte dann eine erneute Erweiterung des Erfahrungs- und Wirkungskreises: bei der Zeitung "Volksrecht" stieg Erzinger als Journalist ein und blieb es für gut neun Jahre; nicht ohne seinen Hang zum Generalismus ausgelebt zu haben, vom Redaktor über Layout bis zur Inseratenaquisition. Das "Volksrecht" ist heute Geschichte, Kommunikator ist Matthias Erzinger geblieben. Nach Tätigkeiten in Marketing und Internetbusiness wurde er 1998 der Mann für Kommunikation bei ETH Transfer, der Schnittstelle zwischen Hochschule und Wirtschaft.

Diese Schnittstelle kann bekanntlich auch zum Graben werden. Nicht so bei Matthias Erzinger, der sich hartnäckig zum Ermöglicher von Hochschulprojekten für die Öffentlichkeit gemausert hat. Zwei Grossevents waren für ihn Aha-Erlebnisse: Das begeisterte Publikumsecho am Zürcher Wissensfestival im Mai 2001 und bei ‚Ada', dem Auftritt von Uni und ETH an der Expo.02. Diese hätten gezeigt, dass die Hochschulen die breite Bevölkerung ansprechen können ohne anbiedernd zu wirken. Und er ergänzt: "Ich finde, das ist kein ‚nice to have', sondern ein ‚must'." Die ETH sitze auf einem enormen Potential an Wissen, und es sei ihre Pflicht, das hinauszutragen.

Dafür brauche es aber, so Matthias Erzinger, fix budgetierte Ressourcen. "Oft ist das aber leider kein Thema", bedauert er. Er arbeitet jetzt daran, das erworbene Know-how für kommende ETH-Events breiter nutzbar zu machen.




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