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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 07.02.2001 06:00

Mitwirkung
Von Mitspielenden und Mitwirkenden

Laut dem derzeit auf dem Tisch liegenden Entwurf zum revidierten ETH-Gesetz sollen die Hochschulversammlungen der beiden ETHs in der übergeordneten Behörde, dem ETH-Rat, keinen Einsitz mehr haben. Doch auch im Zeichen allgemeiner Effizienzsteigerung sei das Mitwirkungs-Modell alles andere als obsolet geworden, meint unser Kolumnist Arnd Bätzner.

Von Arnd Bätzner

Viel frischer Wind ist in den letzten zwei Jahren in die Hallen der ETH Zürich eingefahren: Die Palette des Neuen oder Erneuerten reicht von Massnahmen auf legislativer Ebene, wie der Einführung eines Globalbudgets und der Führung mittels Leistungsauftrags und Leistungsvereinbarung, bis hin zu internen Umstrukturierungen in grossem Stil wie der Neukonzeption der Informatikdienste.

Wer diese Metamorphosen der Hochschule aus der Nähe verfolgt hat, konnte im ganzen recht positiv überrascht sein über den konstruktiven und effizienten Verlauf, den die Arbeit in den zahlreichen Arbeitsgruppen, Ausschüssen und Vernehmlassungen nahm: Trotz der durchaus vorhandenen politischen Brisanz weiter Themenbereiche verlief die Arbeit erfrischend unideologisch. Ein Vergleich mit dem nahen Ausland, beispielsweise die nicht enden wollenden Grabenkämpfe um die - oder zumindest überhaupt um eine - Hochschulreform in Deutschland erinnert daran, wie schnell es verloren gehen kann, dieses bei uns weitherum herrschende Klima gegenseitigen Respekts und der Wille zur Zusammenlegung der besten Ideen von allen Seiten.

Was sind die Bausteine dieses Erfolgsmodells? Zum einen sicher die grundsätzliche Bereitschaft, zuzuhören, und damit beitragswillige und -fähige Dialogpartner einzubinden, statt über deren Köpfe hinweg zu entscheiden. Zum zweiten spielt die Ausrichtung aller Gesprächspartner auf einen konstruktiven Dialog hin eine wichtige Rolle: So sind etwa in Deutschland die "allgemeinen Studentensausschüsse" mit ihren fachübergreifenden politischen Fraktionen ein getreues Abbild der Parteienlandschaft auf Landes- oder Bundesebene. Dies hat unter anderem die unangenehme Nebenwirkung, dass ständig die grosse Tagespolitik das Klima im Studentenparlament der Hochschule beeinflusst. - Was der eigentlichen Aufgabe, der Suche nach Lösungen vor Ort an der Uni, eher abträglich ist. Verglichen damit bildet der VSETH mit seiner föderalen Struktur aus weitreichend autonomen Fachvereinen an den einzelnen Departementen und deren Gruppierung in einem Dachverband schon vom Aufbau her bessere Möglichkeiten zu effizienter Meinungsfindung.

Schliesslich muss auch der Konsens unter den Beteiligten vorhanden sein, bei aller Rücksicht auf die zu vertretenden Partikularinteressen die Mitarbeit dem Ziel einer intellektuellen, produktiven und kompetitiven ETH zu unterstellen.

Die beschrieben Elemente sind die wesentlichen Pfeiler dessen, was wir im Berufs- oder Studienalltag auf allen Ebenen als "Mitwirkung" bezeichnen. Der ETH-Bereich ist damit gut gefahren, zuletzt bei den Arbeiten am jüngsten Grossprojekt, der Revision des ETH-Gesetzes.


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VSETH-Präsident Arnd Bätzner

Doch soll nach vorliegendem Entwurf - ironie du sort - eben dieses Mitwirkungsprinzip geschwächt werden, in dem die Vertreter der Hochschulversammlungen der ETHs von Zürich und Lausanne keinen Einsitz mehr in der übergeordneten Behörde, dem ETH-Rat, haben sollen. Dabei wird von den Verfechtern dieser Idee gerne vom ohnehin weitgehend symbolischen Wert einer nur antrags-, nicht aber stimmberechtigten Vertretung gesprochen.

Der Umstand, dass die Möglichkeiten des direkten Dialogs auf höchster Ebene, der Intervention und der frühzeitigen Vermeidung möglicher Krisen nicht eine Geste ans "gemeine Volk", sondern ein täglich wichtiger werdender Wettbewerbsfaktor sind, wird dabei vergessen. Dabei ist die erprobte und funktionierende Mitwirkung ein wesentlicher Beitrag nicht nur zur Effizienz, sondern auch zum intellektuellen Klima an der Hochschule - kein unbedeutender Faktor etwa bei der Rekrutierung des akademischen Nachwuchses, bei dem für die ETH schon sichtbar ist, dass sie beim Lohnniveau irgendwann plafonieren wird. Und, überraschend: Wer sich die Struktur junger und schnellwachsender Start-Up-Unternehmen ansieht, wird bei vielen starke Analogien zur Mitwirkung innerhalb des ETH-Bereichs entdecken.

Während in den Erklärungen zur Änderung der Geschäftsordnung des ETH-Rates, die am 25. Januar beschlossen wurde, die Einheit aus den "sechs Konzerngesellschaften" vom "CEO des ETH-Bereichs" operativ geführt wird, fehlen solchermassen auf Effizienz getrimmte Überlegungen offenbar, wenn eines der wertvollsten und unmittelbarsten Instrumente, die Mitwirkung nämlich, ohne triftigen Grund auf dem höchsten Entscheidungslevel geopfert werden soll.

Wo positive Entwicklungen aus der freien Wirtschaft auf den ETH-Bereich übertragen werden ist nicht einsichtig, warum ohne Not dort demontiert wird, wo man dem privaten Sektor ein Stück voraus ist. Mit ihm wird man sich in der Zukunft immer stärker messen müssen.


Zur Person

Arnd Bätzner wurde in Bonn/Deutschland geboren und ist im französischen Jura aufgewachsen. Er hat am Konservatorium in Genf Klavier studiert und bereitet sich zurzeit auf das Diplom in Hochenergiephysik an der ETH vor. Bätzner ist seit Herbst 1998 Präsident des Verbandes der Studierenden der ETH (VSETH).






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