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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen La Pluralité des Mondes |
Published: 08.02.2006 06:00 Modified: 07.02.2006 11:45 |
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En 1781, M. Herschel en a découvert en Angleterre une sixième, qui a retenu son nom. (?) Cette planète ne paraît que comme une étoile de la sixième grandeur, même dans les lunettes; aussi Mayer l'avait mise dans son catalogue parmi les étoiles. (...) L'auteur a donné à cette nouvelle planète le nom Georgium sidus, à l'honneur du roi d'Angleterre, à qui l'Astronomie, et M. Herschel en particulier, ont des des plus grandes obligations; mais à Berlin, on s'obstine à l'appeler Uranus. (Anmerkung des Herausgebers zur Ausgabe der Entretiens sur la Pluralité des Mondespar de Fontenelle de L’Académie Francaise von 1824 bei Froment in Paris.) Nach der französischen Besetzung Hannovers, Gefangennahme des Vaters und seiner Flucht nach England war der junge Herschel Organist in Bath, lehrte seine Schwester Caroline Gesang und Mathematik und baute Fernrohre. Nach der Entdeckung des Uranus avancierte er zum bezahlten Hofastronomen in Windsor. Mit einer wissenschaftlichen Assistentenstelle (£50 p.a.) für seine Schwester Caroline. Übrigens hat sich die Scientific Community bei der Namensgebung für den neuen Planeten zunächst auf eine dritte Lösung verständigt: Statt Uranus hiess er anfänglich Herschel.
In einem Interview zu seinem neuen Werk über das Verhältnis von Religion und Naturwissenschaft: „Der Anfang aller Dinge“, betont Hans Küng die wichtige Funktion der Komplementarität. Komplementär zu sein heisst: sich gegenseitig zu ergänzen oder in der Sprache der 19. Aufl. des Brockhaus: „Das Verhältnis zweier sich gegenseitig ausschliessender, sich aber ergänzender Begriffe (z.B. männlich/weiblich).“ Die Definition scheint mir ein wenig lakonisch. Präziser formuliert wäre Komplementarität die Zusammengehörigkeit sich widersprechender Eigenschaften, bezüglich eines gemeinsamen Projektes oder Ziels, oder Objektes. Komplementäre Elemente sind grundsätzlich nicht kausal miteinander verknüpft. Mir gefällt die alte Bezeichnung für den „persönlich haftenden Gesellschafter“ eines Wirtschaftsunternehmens, den „Komplementär“. Sie drückt exakt das aus, was Komplementarität sein sollte: Bezüglich eines Zieles, eine gemeinsame Firma zur Erzielung eines gemeinsamen Gewinns in diesem Fall, unter gegenseitiger Ergänzung der Fähigkeiten, mit vollem persönlichen Risiko und mit maximaler Eigenständigkeit ausserhalb des angestrebten gemeinsamen Ziels. Der Begiff Komplementarität ist anerkannt und häufig verwendet, interessanterweise aber in den verschiedenen Disziplinen nochmals gesondert definiert. Enzyklopädisch findet man die Disziplinen und Bereiche: Physik, Biologie, Philosophie, Logik, Ökonomie, Psychologie, Theologie, Systemtheorie. Allen Definitionen ist gemeinsam, dass sie zwei über ihre Eigenschaften nicht zu vereinbarende Elemente, wie „Welle“ und „Teilchen“ bezüglich einer bestimmten Aufgabe mit dem (den) Anderen sinnvoll ergänzt. Dazu gehört die Metapher vom „Schlüssel und Schloss“ in der Arzneistoffentwicklung, die Nukleobasen „Adenin und Thymin“ zur Beschreibung der DNA und eben „männlich“ und „weiblich“. Man wird leicht weitere Beispiele finden. Nachdem die Parallelexistenz der komplementären Paare offensichtlich für die Beantwortung vieler Fragestellungen essentiell ist, stellt sich die Frage, warum ein ausgesprochenes Spezialistentum zum Studium nur einer der komplementären Partner, das heutige Credo der Wissenschaftsförderung ist.
Zu eruieren, wie wichtig Caroline für ihren Bruder Sir Friedrich Wilhelm Herschel und seine Astronomie war, bleibt der Wissenschaftsforschung vorbehalten. Interessant zu spekulieren, ob die weibliche Komplementarität im Sinne der Brockhaus’schen Definition erforderlich war. Entscheidend scheint mir der Schritt der beiden in der Mitte ihres Lebens. Die Offenheit und der Mut von einer gut bezahlten Position als Musikdirektor und Sängerin zu einer schlecht bezahlten Stelle als Wissenschaftler zu wechseln. Mir klingen schon die Ohren von den vielen Argumenten wie nahe doch Musik und Mathematik zusammenlägen, alas, die gelebte Praxis ist eine andere. Spezialisierung bis zum Ende ist die Devise und entsprechend gestaltet sich das Belohnungssystem. Komplentarität abzufragen wird darin sehr schwierig. “Der Philosoph ist ein Mensch, der nicht glauben will, was er sieht, weil er zu beschäftigt ist, darüber nachzudenken, was er nicht sieht.” Bernard de Fontenelle. Zur Zeit des klugen Franzosen waren mit den Philosophen mindestens auch die Naturwissenschaftler gemeint, die, wie der kluge Franzose in seinen nachtwandelnden Gesprächen seiner virtuellen Gräfin zustimmt, so „mechanisch würden, dass wir uns schon bald dessen schämten“. („A ce compte, dit la Marquise, la philosophie est devenue bien mécanique? Si mécanique, répondis-je, que je crains qu'on en ait bientôt honte.”) Eine der schlechtesten Prophezeiungen. Und doch. Das Verlangen nach komplementärer Auseinandersetzung wächst stetig. Der Branco-Weiss-Stiftung „Society in Science“ gebührt der Verdienst, diesen Gedanken der Komplementarität, wie die Wahrnehmung gesellschaftlicher Bedürfnisse in den Lebenswissenschaften, zu fördern. Die stark ansteigende Zahl der Bewerbungen aus den Wissenszentren der Welt reflektiert das Bedürfnis.
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