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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen |
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Gut eidgenössische Wege nach Malta |
Von Jürg Martin Gabriel Die ETH, wir wissen es, ist weltweit vernetzt; mit dem neusten Modewort – sie ist globalisiert. Es überrascht deshalb kaum, wenn ein Professor dieser Hochschule beurlaubt wird, um für zweieinhalb Jahre ein Institut an einer ausländischen Universität zu leiten. Trotzdem bedarf die Veränderung der Erklärung, denn der Dozent steht kurz vor der Pensionierung. Geplant war diese Art von Abgang nicht, denn wie so oft im Leben spielt der Zufall mit. Doch auch Zufälle sind das Produkt bestimmer Umstände, und in meinem Fall waren die Umstände gut eidgenössischer Natur: Man wird Mitglied einer Kommission in Bern, macht Bekanntschaften über die Sprachgrenze hinaus, und schon passiert es. Was heisst das genau? Die Eidgenossenschaft vergibt pro Jahr um die 300 Bundesstipendien an ausländische Studierende. Sie kommen aus allen Teilen der Welt, in erster Linie aus Entwicklungsländern, aber seit Ende des Kalten Kriegs auch vermehrt aus den 15 Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Man meldet sich bei der Schweizer Botschaft im betreffenden Land und durchläuft eine erste Selektion, vorwiegender sprachlicher Natur. Es sind jedoch nicht Beamte, welche die Endauswahl treffen, sondern Delegierte der elf Schweizer Universitäten. Vor einigen Jahren wurde ich ETH-Delegierter für Bundesstipendiaten. Wie Rektor Osterwalder weiss, keine Funktion um die sich Professoren reissen, aber – wie sich zeigte – ein Job mit Potential. Wie so oft in eidgenössischen Kommissionen wird ein Grossteil der Arbeit an Sitzungen in Bern erledigt. Von pflichtbewussten Bundesbeamten bekommt man eine Menge Dossiers, nach Regionen und Disziplinen geordnet. Dauern die Sitzungen etwas länger, so wird ein Imbiss serviert, und dank des welschen Vorsitzenden ein Glas Rotwein dazu. Man steht herum, und geniesst es, wieder einmal französisch zu reden. Die Zunge löst sich, man erzählt von Berufserfahrungen im Ausland – und schon ist's passiert. Die Gesprächspartnerin entpuppt sich als Vertreterin des Departements für auswärtige Angelgenheiten und erzählt von einem Projekt in Malta. So einfach kann es gehen im Leben. Mit einem solchen Abgang entrinnt man dem an der ETH üblichen Verfahren für die Neubesetzung der eigenen Professur. Wie so vieles, ist auch diese Prozedur organisiert und vorprogrammiert. Sie beginnt im Departement, wo die Neudefinition des Stuhls zur Sprache kommt. An einer der Sitzungen hat man das Recht, seine eigenen Vorstellungen kurz zu präsentieren, doch das erweist sich meist als eher nutzlos. Denn es ist richtig, dass der Abtretende keinen Einfluss nimmt auf seine Nachfolge.
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Weit weg vom Geschütz kommt man nicht auf die Idee, seinen Kollegen und der Schulleitung gut gemeinte Ratschläge zu erteilen, weder bei der Zusammensetzung der Wahlvorbereitungskommission noch bei den Vorträgen oder sonstwo hinter den Kulissen. Es ist richtig, wenn im Endeffekt der Präsident entscheidet, denn die Besetzung von Professuren ist wohl das wichtigste Mittel, um eine Schule erfolgreich zu führen. Zum Glück hat derselbe Präsident die Kompetenz, Professoren zu beurlauben. Auch dies, wie ich erfahren darf, ein durchaus plausibles Führungsinstrument.
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