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Rubrik: News
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Publiziert: 17.01.2002 06:00

Biografien und ihre Bedeutung für die Wissenschaft
Kein Tabu mehr

(cm) "Was wäre, wenn er als Student unter den Bus gekommen wäre?" Diese Frage stellte Harry van der Laan am mässig gut besuchten Symposium "Life and Work - Scientific Biographies in Comparative Perspective" letzten Montag Nachmittag am Collegium Helveticum. In seinem erfrischenden Abschlussvortrag beantwortete der Astronom die Frage für Wissenschaftler ziemlich ernüchternd - oder eventuell auch beruhigend? - so: die meisten wissenschaftlichen Entdeckungen wären auch ohne die bekannten Persönlichkeiten in den verschiedenen Bereichen erfolgt. Die Ausnahme wäre vielleicht die Physik mit Albert Einstein. Die Bedeutung der Biografien sah van der Laan vor allem darin, dass den Studierenden für ein effektives Lernen gezeigt werden müsse, auf welchen Wegen Wissen entstanden sei. Professoren, die nur Schulbuch- oder Review-Artikel-Wissen verbreiten, sollten gefeuert werden, forderte er.

Tasse Kaffee - doch was mehr?

Eine Frage, die van der Laan nicht explizit behandelte, war, inwiefern die Entstehung von Wissen und es selbst durch die Biografie der Forschenden beeinflusst wird. Auch der Vortrag von Harald Atmannspacher gab darauf keine Antwort, obwohl er den Entdeckungs- und den Begründungszusammenhang in Hinblick auf Biografien thematisierte. "Kein wissenschaftliches Resultat ist Kontext-unabhängig", meinte Atmannspacher. Doch wie sich das nachzeichnen lässt und eventuell das bestehende Wissen relativiert, blieb unklar. Denn die Zitate, in denen Wissenschaftler zum Beispiel den Einfluss der Intuition oder einer Tasse Kaffee bezeugten, gaben zumindest in Hinblick auf den Begründungszusammenhang wenig Aufschluss.

Es gibt keine abschliessende Biografie

Am Symposium kamen auch noch zwei Verfasser von wissenschaftlichen Biografien zu Wort, Margareta Hallberg und Thomas Söderqvist. Neben einem Einblick in ihre anspruchsvolle Arbeit plädierten sie, nicht gerade überraschend, dafür, dass sich die wissenschaftliche Arbeit nicht von der Biografie trennen lasse. Dabei betonte Margareta Hallberg auch, dass es im Genre der Biografien keine abschliessende Fassung geben könne. Doch auch hier hätte vielleicht der eine oder andere Zuhörende gerne mehr darüber erfahren, wo das von spezifischen Personen erzeugte Wissen "biografische" Züge aufweist.


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wyatt symposium life and work
Referierte über den Einfluss der Technologie auf Biografien: Sally Wyatt. gross

Die Nichtgenannten

In einem fünften Vortrag, der den Nutzen von autobiografischen Methoden für Technologie-Studien behandelte, wies Sally Wyatt darauf hin, dass einiges zum Beispiel verborgen liege in Danksagungen von wissenschaftlichen Publikationen. Wer wird erwähnt, aber vor allem auch: wer wird nicht angeführt? Sally Wyatt machte auf das häufige Defizit in Biografien aufmerksam, indem in diesen der Einfluss von Technologien häufig ignoriert wird.

Insgesamt vermittelten die Vorträge den Eindruck, dass Wissenschafts-Biografien eine nicht naiv zu nutzende, aber doch wertvolle Quelle für Wissenschafts- und Technologie-Studien darstellen und somit den Status des Tabus überwunden haben. Obwohl angekündigt, fehlte aber bei der Veranstaltung eine Erörterung, inwiefern Biografien das öffentliche Verständnis von Wissenschaft fördern. Das ist insofern schade, als dieses Thema an einer öffentlichen Veranstaltung von öffentlichem Interesse gewesen wäre.


Fussnoten:
(1) Symposium "Life and Work": www.collegium.ethz.ch/event/life.de.html



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