ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: News
English Version English Version
Print-Version Drucken
Publiziert: 15.11.2005 06:00

Studienwettbewerb im Bereich "Synthetische Biologie"
Zählen mit DNA

Studierende der ETH haben erfolgreich an einem internationalen Studienwettbewerb zum Thema synthetische Biologie teilgenommen. Sie entwarfen einen Zähler, der aus vorgefertigten DNA-Sequenzen bestehen soll.

Von Felix Würsten

Biologie hat auf den ersten Blick wenig mit Ingenieurwissenschaften zu tun. Wer als Biologe eine Struktur entwickeln will, die gewisse Funktionen erfüllt, muss sich mit komplexen Systemen herumschlagen, deren Verhalten nicht genau bekannt ist. Demgegenüber entwerfen Ingenieure technische Geräte weitgehend am Computer. Dabei können sie auf eine Vielzahl von standardisierten Bauteilen zurückgreifen, die genau charakterisiert sind. Angesichts der Fortschritte in der Biotechnologie versuchen jedoch immer mehr Forscher, Ansätze der Ingenieurwissenschaften zu kopieren, die Biologie also "engineerable" zu machen.

Der internationale Studienwettbewerb "iGEM 2005" (1)(2), der diesen Sommer durchgeführt wurde, widmete sich nun genau dem interessanten Zukunftsbereich "synthetische Biologie". Neben verschiedenen amerikanischen Spitzenhochschulen war auch die ETH Zürich mit einem interdisziplinären Team aus Elektrotechnikern, Maschineningenieuren, Informatikern und Biologen mit von der Partie. Dieses wurde finanziell von der Schulleitung unterstützt und von Professoren aus sieben Departementen betreut. Anfang November reiste das Team nun zur Schlusspräsentation ans MIT in Boston. (3)

Viel Neues gelernt

In den letzten Monaten mussten die Studierenden eine selbst gewählte Aufgabe lösen. "Obwohl wir den Wettbewerb erst kurz vor den Sommerferien ausschrieben, meldeten sich doch immerhin 20 Kandidaten", berichtet Jörg Stelling, Assistenzprofessor am Departement Informatik. "12 von ihnen - darunter Doktoranden, Master- und Bachelorstudenten - wurden schliesslich ins Team aufgenommen." "Für mich war die Teilnahme vor allem aus wissenschaftlicher Sicht sehr interessant", erklärt Christophe Dessimoz, Doktorand am Departement Informatik. Und sein Studienkollege Alexander Roth bestätigt: "Wir haben in den letzten Monaten sehr viel gelernt und neue Gebiete entdeckt."

Nach einer rund einmonatigen Startphase einigte sich das Team darauf, einen biologischen Zähler zu bauen. Mit einem solchen Bauteil könnte man beispielsweise zählen, wie häufig sich eine Zelle teilt. "Solche Bauteile sind Standard in den Computerwissenschaften, aber völlig fremd in der Biologie. Die Idee haben die Studierenden selbständig entwickelt", erklärt Sven Panke, Assistenzprofessor am Institut für Verfahrenstechnik. Das ETH-Team entwarf dabei eine Struktur, die aus mehreren hintereinander geschalteten Devices besteht, die über definierte Schnittstellen miteinander kommunizieren. "Die Devices haben wir aus standardisierten DNA-Sequenzen aufgebaut, sogenannten BioBricks", erklärt Roth. BioBricks können heute, ähnlich wie Bauteile in der Elektronik, aus einem Katalog ausgewählt werden. Wie weit man sich den Ingenieurwissenschaften in der Denkweise bereits angenähert hat, zeigt sich daran, dass man im Katalog Rubriken wie "inverter", "protein generator", und "cell-cell signaling" findet.

Das Ideal noch nicht erreicht

Nachdem die Studierenden ihre Devices entworfen hatten, liessen sie die neu entwickelten Bauteile von einer spezialisierten Firma synthetisieren. "Mit diesem Vorgehen spart man im Vergleich zum konventionellen Eigenbau viel Zeit", erklärt Panke. Ganz so reibungslos, wie sich das die Ingenieure gewohnt sind, lassen sich solche biologischen Devices heute allerdings noch nicht herstellen. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass die Standardbauteile noch nicht genügend genau charakterisiert sind und sich deshalb nicht immer ganz so verhalten, wie man sich das vorstellte. Zum anderen musste das ETH-Team einige BioBricks selbst entwickeln. Die Studierenden schafften es daher nicht, den Zähler bis zur Schlusspräsentation in Boston fertig zu bauen. "Das wollen wir in den nächsten Monaten nun aber noch nachholen", erklärt Dessimoz.


weitermehr

Das erfolgreiche Team mit den Betreuern bei der Schlussrunde in Boston. gross

Der Zähler des ETH-Teams besteht aus verschiedenen Devices. Diese sind aus standardisierten DNA-Sequenzen aufgebaut. gross

Panke ist vom Einsatz der jungen Wissenschaftler begeistert. "In den letzten drei Wochen vor dem Final hat das Team wirklich hart gearbeitet." Die Studierenden wollten sich angesichts der Konkurrenz aus Harvard, Stanford oder Princeton auf keinen Fall eine Blösse geben. Die Genugtuung war denn auch gross, als das ETH-Team sah, dass es mit den Konkurrenten der amerikanischen Spitzenuniversitäten mithalten kann. Die Schweizer Vertreter wurde von der Jury mit mehreren Awards für ihre Arbeit ausgezeichnet. "Das war für die Studierenden eine sehr positive Erfahrung", meint Stelling.

Vertiefte Vorbereitung

Im nächsten Jahr findet eine neue Ausgabe des Wettbewerbs statt. Vorgesehen ist, dass dann auch weitere europäische Universitäten - unterstützt durch bereits bewilligte EU-Mittel - sowie Teams aus Asien teilnehmen werden. Panke und Stelling werden zusammen mit Eckart Zitzler, Assistenzprofessor am Departement Informationstechnologie und Elektrotechnik, im nächsten Sommersemester als Vorbereitung zu diesem Wettbewerb eine Vorlesung über synthetische Biologie halten.


Fussnoten:
(1) Siehe dazu "ETH Life"-Artikel "Biologen als Designer": www.ethlife.ethz.ch/articles/campuslife/SynthBiol.html Weitere Informationen finden sich auf auf der Page des "Registry of Standard Biological Parts" am MIT: http://parts.mit.edu
(2) Die Zeitschrift "Nature" veröffentlicht in der Ausgabe vom 24. November ein Feature zum Thema "Synthetic biology". Unter anderem wird dort auch über den Studienwettbewerb berichtet.
(3) Informationen zum Wettbewerb finden sich unter: http://parts2.mit.edu/wiki/index.php/Main_Page



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!