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Rubrik: News
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Publiziert: 27.10.2004 06:00

Studierende bauen den Achtstundenstuhl
Aus Veloschlauch wird Stuhl

(akl) Anhaltendes Hämmern, durchdringendes Bohren und scharfes Schleifen: eine gewaltige Geräuschkulisse erfüllte letzten Mittwoch die untere Parkgarage des HIL Gebäudes auf dem Hönggerberg. Und der Anblick, der sich einem bot, war durchaus außergewöhnlich: Anstatt geparkter Autos Dutzende gestapelter Telefonbücher, PET-Flaschen in rauen Mengen, Dachlatten, Bambusrohre, Teppichreste, Kartonrollen, Veloschläuche, Spanplatten, Kaninchengitter und über hundert Architekturstudierende (1), die unter grellem Neonlicht eifrig werkten und bastelten.

Die Studienanfänger zimmerten und bastelten mit grossem Eifer. gross

Schnell gebaut, dennoch belastbar

Das Ziel der Anstrengung war der Bau eines ‘schnellen’ Stuhls. Professor Andrea Deplazes (2) und seine Assistenten am Lehrstuhl für Konstruktion haben die Erstsemestrigen am dritten Tag ihres Studiums gleich vor eine knifflige Aufgabe gestellt: Sie sollten innerhalb von acht Stunden einen funktionstauglichen Stuhl bauen. Dafür bekamen die Studierenden Materialen mit verschiedenen Eigenschaften zur Verfügung gestellt: Hiervon war eines zwingend zu verwenden, beispielsweise Kaminscheite, Kaninchengitter oder Kartonrollen, und ein anderes stand zur freien Wahl, wie Wabenkarton, Frischhaltebeutel oder Veloschläuche. Im Vordergrund des Entwurfs stand weniger die Ästhetik, die Studienbeginner sollten eher instinktiv die Materialen und ihre Eigenschaften kennen lernen, Verbindungstechniken erforschen und ein Gefühl für Stabilität entwickeln.

Kein Falsch oder Richtig

„Bei diesem Entwurf gibt es kein Falsch oder Richtig“, kommentierte Martin Saarinen, Assistent an der Deplazes Professur, in der Halbzeit des intensiv bearbeiteten Konstruktionsexperiments. „Die Studierenden sollen sich ohne lange zu überlegen mit den Materialen auseinandersetzen und die Struktur ihres Werkes als Basis von Form und Konstruktion verstehen lernen.“ Er fügte hinzu: „Ich bin beeindruckt von allem, was ich bisher gesehen habe.“


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Auswahl der Rohstoffe aus denen der Achtstundenstuhl ensteht: Telefonbücher, Teppichreste, Wellblech und vieles mehr. gross

Und was sagten die zukünftigen Architekten selbst? Hier verfing sich eine hinter Kaninchengittern, dort kämpfte einer gegen sich aufblähenden Polyvinyl-Schaum, doch das allgemeine Echo lautete: „Es macht Riesenspass! Es ist viel spannender, gleich etwas zu bauen, als sich nur den Stoff in den Vorlesungen anzuhören.“

Crashtest bestanden

Gegen fünf Uhr nachmittags wurden die ersten fertigen Stühle auf einer Bühne präsentiert und fotografiert. Als Höhepunkt folgte der so genannte ’crashtest’, und in den Augen der Studierenden blitzte einerseits Verlegenheit, andererseits Angst auf, der Frischhaltebeutel-Sessel könnte sie doch nicht eine ganze Minute lang tragen. Doch solche Befürchtungen waren umsonst: Kaum ein Sessel ist unter der Last seines Herstellers zusammengebrochen. Die Erleichterung stand den meisten Studierenden ins Gesicht geschrieben.

Erleichterung an der Präsentation: Der schnelle Stuhl hält. gross

Auch Andrea Deplazes war zufrieden mit dem ’learning by doing’-Effekt der Übung. In den kommenden Wochen wird er die Stühle gemeinsam mit ihren Produzenten analysieren. Diese sollen den schnellen Stuhl gedanklich verarbeiten und das Zusammenspiel von Struktur, Konstruktion und Form erkennen lernen. Auf dieser Basis sollen sie dann einen zweiten Stuhl entwickeln, der Anfang Dezember von einer Jury prämiert wird.


Fussnoten:
(1) Homepage des Departements für Architektur: www.arch.ethz.ch/
(2) Homepage des Lehrstuhls von A. Deplazes: www.deplazes.arch.ethz.ch/



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