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Rubrik: News
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Publiziert: 19.06.2007 06:00

Kolloquium zur Energiepolitik der Schweiz
Plädoyer für die Kernenergie

Im Rahmen der „Energy Science Colloquia“ der ETH Zürich hielt der Volkswirtschaftsprofessor Carl Christian von Weizsäcker am letzten Donnerstag einen Vortrag zur Zukunft der Energiepolitik in der Schweiz.

(flo) Unter dem Titel „Versorgungssicherheit und Marktwirtschaft: Überlegungen anhand des Beispiels Schweiz“ (1) stellte von Weizsäcker seine Überlegungen zur Energiepolitik vor. Er legte den Schwerpunkt dabei vor allem auf die Themen CO2-Problematik, Liberalisierung des Strommarkts und Versorgungssicherheit und ging dabei von der globalen Perspektive ausgehend auf das Beispiel Schweiz ein. Angesichts des enormen Wirtschaftswachstums der Schwellenländer wie China und Indien stellt er sich die Frage, wie der weltweite Energiebedarf zu decken sei. In den besagten Ländern wird die Energie vorwiegend aus fossilen Brennstoffen gewonnen.

Sequestrierung als Ausweg

Laut einer Studie der International Energy Agency (IEA) (2) machen die CO2-Emissionen der Mitgliedstaaten des Kyoto-Protokolls lediglich einen Drittel der weltweiten Emission aus. Ohne Indien, China und Russland, welches das Protokoll zwar unterzeichnete, sich aber zu keiner Reduktion verpflichtet hat, sind die Massnahmen zu einer globalen Reduktion des Treibhausgases CO2 sinnlos, so von Weizsäcker. Eine Möglichkeit der Reduktion der Kohlendioxidemissionen ist die so genannte Sequestrierung. Dabei wird das CO2 gefiltert, konzentriert und dauerhaft eingelagert. In Norwegen beispielsweise wird das so gewonnene CO2 in Erdgaslagerstätten in der Tiefsee gepumpt um den Gasdruck zu erhöhen. Von Weizsäcker zitiert den “Review on the Economics of Climate Change” des britischen Ökonomen Nicholas Stern, wonach die Sequestrierung von Kohlendioxid rund 30 US-Dollar pro Tonne kosten würde. Die technischen Mittel dazu seien bereits verfügbar. Laut Stern würde eine jährliche Investition von einem Prozent des Weltsozialprodukts ausreichen, um der CO2-bedingten Klimaerwärmung mittels Sequestrierung Einhalt zu gebieten. Von Weizsäcker weist jedoch auch darauf hin, dass andere Treibhausgase wie Methan ebenso an der Klimaerwärmung beteiligt sind.


Carl Christian von Weizsäcker

Carl Christian Freiherr von Weizsäcker wurde 1938 in Berlin geboren. Nach einem Studium der Volkswirtschaftslehre promovierte er 1961 in Basel. Von 1965 bis 2003 war er Professor für Volkswirtschaftslehre in Heidelberg, am Massachusetts Institute of Technology, in Bielefeld, Bonn, Bern und schließlich Köln. In Köln war von Weizsäcker Direktor des Energiewirtschaftlichen Instituts. Seit seiner Emeritierung im Jahr 2003 ist er als Senior Research Fellow am Max-Planck- Institut zur Erforschung der Gemeinschaftsgüter in Bonn tätig. Carl Christian von Weizsäcker ist Mitglied der American Academy of Arts and Sciences, Fellow der Econometric Society, Fellow der European Economic Association sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bundesministers für Wirtschaft.




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Carl Christian von Weizsäcker stellt sich den Fragen des Publikums gross

Kernenergie beibehalten

Als einzige echte Alternative zur Energiegewinnung mit fossilen Brennstoffen sieht von Weizsäcker unmittelbar nur die Kernenergie. Die erneuerbaren Energien wie Sonnen- oder Windenergie seien zu sehr vom Wetter abhängig und würden zudem in der Produktion der Anlagen zu viel Energie verbrauchen. Im Falle der Schweiz sei die Wasserkraft zur Deckung von Spitzenlasten, also kurzfristigen Anstiegen der Energienachfrage durchaus sinnvoll.

Die Verbindung aus Kern- und Wasserkraft sei ein gutes Modell für die Energiegewinnung in der Schweiz, auch im Hinblick auf die Versorgungssicherheit. Die politische Lage in den meisten der wichtigsten Förderländer von fossilen Brennstoffen sei instabil und werde sich in Zukunft wahrscheinlich noch verschärfen. Dies wirkt sich direkt auf den Ölpreis aus. Deshalb müsse in Ländern wie der Schweiz die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen so gering wie möglich gehalten werden.

GAU Versichern

Auch in Bezug auf die Liberalisierung im Strommarkt sieht von Weizsäcker klare Vorteile in der Kernenergie. Im Gegensatz zur Energiegewinnung mit fossilen Brennstoffen weisen Kernkraftwerke hohe Investitionskosten jedoch verhältnismässig geringe Rohstoffkosten auf. Sollte im Zuge einer globalen Klimapolitik der Preis für CO2-Emissionen steigen, gewinne die Kernenergie an Rentabilität. Kritiker der Kernenergie erachten die Möglichkeit eines Unfalls in einem Kernkraftwerk als nicht tragbar und verlangen deshalb den Ausstieg aus der Kernenergie. In Deutschland sind dazu bereits Bestrebungen vorhanden. Carl Christian von Weizsäcker lehnt den Ausstieg entschieden ab. Die Grundversorgung mit Energie sei ohne die Kernkraft nicht mehr gewährleistet. Das Problem werde durch den Import von Atomstrom lediglich ins Ausland verlagert. Er sieht eine Möglichkeit, das Risiko eines GAUs zu versichern. Dazu würde ein Wertpapier geschaffen, welches ähnlich einer Staatsanleihe funktioniert. Zusätzlich zum Zins der Anleihe, würden die Investoren von den Betreibern der Kernkraftwerke eine Versicherungsprämie erhalten. Im Falle eines Unfalls würden die Anleihen zur Deckung des Schadens verwendet. Von Weizsäcker ging aber nicht darauf ein, wie sich die Schäden eines GAU in der Schweiz beheben lassen würden, selbst wenn die Mittel dazu vorhanden wären.


Fussnoten:
(1) Homepage des Energy Science Centers der ETHZ www.esc.ethz.ch/
(2) Homepage der International Energy Agency www.iea.org/



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