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Rubrik: Montags-Porträts |
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Vorschlag für wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzstudiengang Nähe zur Wirtschaft tut gut |
Die Wirtschaftberaterin Birgitt Scharla wünscht sich mehr Wirtschaftsnähe: Für die Studentinnen und Studenten der ETH und für die ETH-Alumni. Und sie hat etwas dafür getan. Von Marion Morgner Birgitt Scharla weiss, wovon sie redet, wenn sie Studierende ermuntert, sich mehr zuzutrauen. Sie selbst hat sich immer beruflichen Herausforderungen gestellt. Heute vermittelt sie als selbständige Beraterin Kandidaten für Top-Positionen in der Wirtschaft. Die Business Events, die Birgitt Scharla bei der ETH-Alumni-Vereinigung ins Leben gerufen hat, bieten die Möglichkeit, Wirtschafsluft zu schnuppern. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltungen steht jeweils der Vortrag eines namhaften Managers. Danach gibt es bei einem guten Essen reichlich Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen. "Machen Sie aus zwei Wirkstoffen gegen Herzinfarkt eine Tablette, die man gut schlucken kann, die stabil ist und die man auf den Markt bringen kann." Mit dieser Aufforderung begann 1979 die Doktorandenzeit von Birgitt Scharla an der ETH. 1983 war die Tablette entwickelt und der Doktorhut gesichert. Warum fiel die Wahl damals nach dem Pharmaziestudium in Heidelberg auf Zürich? "Ich hatte für die Doktorarbeit drei Orte in drei Ländern zur Auswahl. Nur an der ETH in Zürich konnte ich unter drei Themen wählen und alle drei Projekte waren von der Industrie finanziert." Dafür sagte sie die Angebote aus den USA und Frankreich ab. Arbeiten, wann es einem passt Die Schweiz mochte Birgitt Scharla schon immer. Früher zu Schulzeiten im deutschen Heidelberg ging es oft zum Wanderurlaub mit den Eltern in die Schweiz. "Die Landschaft, die Menschen - mit der Schweiz fühlte ich mich einfach verbunden", erinnert sich Scharla. Die Zeit an der ETH hat sie in bester Erinnerung. Das eigenverantwortliche Arbeiten und die Freiräume während der Doktorarbeit haben ihr persönlich, aber auch für ihre berufliche Entwicklung viel gebracht. Dessen ist sie sich sicher. "Ich konnte um acht Uhr morgens kommen oder auch erst um zehn. Abends früh gehen oder bis Mitternacht bleiben - wie ich wollte." So war sie gezwungen, sich selbst zu organisieren. Es gab keinen, der sagte "Heute machst du das und morgen das." Brave Schweizer Die Studierenden erschienen ihr im Vergleich zu Deutschland sehr brav. "Ein Unterschied fast wie Tag und Nacht", schmunzelt sie. Von Heidelberg kannte sie eine kritische, diskussionsfreudige Atmosphäre. Sitzstreiks und Studentenproteste waren damals dort keine Seltenheit. An der ETH tickten die Uhren dagegen etwas langsamer. Im Mikrokosmos ihrer Arbeitsgruppe bei Professor Speiser war von der Schweizer Behäbigkeit jedoch nichts zu spüren. Hier herrschte ein reger Austausch und ein sehr guter Zusammenhalt. Mit ihren ehemaligen Kolleginnen und Kollegen hat sie bis heute regelmässig Kontakt. Ein bis zweimal im Jahr treffen sie sich zu einer Art "sophisticated Weinprobe". Zwischen zwölf und zwanzig Ehemalige kommen da zusammen und schwelgen bei einem Glas Wein in alten und neuen Zeiten. Keine Berührungsängste Was fehlt in der Ausbildung an Schweizer Hochschulen, heute und damals? "Den technischen Universitäten in der Schweiz fehlt die Wirtschaftsnähe", antwortet Birgitt Scharla spontan. Als Birgitt Scharla vor drei Jahren von einem aktiven Alumnus der ETH angesprochen wurde, ob sie Lust hätte bei den Alumni mitzumachen, konnte sie gleich eine Idee einbringen. Was war naheliegender als ihre zahlreichen Wirtschaftskontakte zu nutzen, um eben gegen diese mangelnde Wirtschaftsnähe anzugehen? So wurden mit ihrer Unterstützung die Alumni-"Business events" im September 1999 aus der Taufe gehoben. Bisher kamen fast alle Kandidaten aus dem Netzwerk von Birgitt Scharla. Die Studentinnen und Studenten, die zu diesen Events kommen, werden entweder von der Alumni-Gemeinschaft oder einem einzelnen Alumnus gesponsert. "Zukünftig können wir wahrscheinlich bis zu zwanzig Studenten zu den Veranstaltungen einladen", freut sich Birgitt Scharla.
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Um die Studierenden der technischen Fakultäten besser für ihre Tätigkeiten in der Wirtschaft vorzubereiten, fände sie es darüber hinaus sinnvoll, wenn die ETH einen elitären wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzstudiengang oder einen MBA (Master of Administration) anbieten würde. Wenn dieses Studienangebot entsprechend mehr bietet, dürfte es ihrer Ansicht nach auch etwas kosten. "Wir sollten in der Schweiz auch Eliteschulen fördern," sagt sie. "In Amerika hat sich das bereits bewährt." Auf der Überholspur Birgitt Scharla ist sich sicher, dass es "unglaubliche" Chancen gibt für junge technische Studenten, die von einer guten Schule wie der ETH kommen. Nur, muss man sie erkennen, die Chancen. Und genau hier sieht sie das Problem. "Ein Physiker kann heute in eine Bank gehen und als Analyst arbeiten. Ein Pharmazeut kann in die Fondsberatung einsteigen". Solche Quereinsteiger hätten beste Möglichkeiten, aber das sei unter den Studenten einfach zu wenig bekannt. Viele würden denken, dass mit einer technischen Ausbildung eine Stelle als Laborleiter das höchste der Gefühle sei. Doch warum sollte man mit dieser Ausbildung nicht der Geschäftsführer von einem Grossunternehmen werden? Die Studenten sollten erkennen, dass der Einstieg in einen für sie zuerst fremden Bereich, nicht nur beruflich, sondern auch persönlich den Horizont enorm erweitert. Deshalb Birgitt Scharlas Tipp für alle ETH-Absolventen: "Steckt eure Ziele hoch und traut euch was zu!"
Lust auf Wirtschaftsbosse? Die nächsten Business Events der ETH Alumni sind am:
Weitere Informationen unter : www.alumni.ethz.ch/alumni/ |
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