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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 07.09.2004 06:00

Internationale Energiekonferenz an der ETH Zürich
Robuste Resultate gesucht

Welche Massnahmen ergriffen werden sollen, um den globalen Klimawandel abzubremsen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Mit ein Grund dafür sind die widersprüchlichen Resultate der umweltökonomischen Modelle. Eine Tagung an der ETH befasste sich nun mit methodischen Aspekten von solchen Simulationen.

Von Felix Würsten

Glaubt man den Szenarien der meisten Naturwissenschafter, dann wird sich das globale Klima in den nächsten hundert Jahren massiv verändern. Um dies zu verhindern, sollten die menschlichen Treibhausgas-Emissionen reduziert werden - darüber ist sich die Staatengemeinschaft im Prinzip einig. An der Frage, wie das konkret geschehen soll, scheiden sich allerdings die Geister. Während die einen befürchten, einschneidende Klimaschutzmassnahmen hätten verheerende Folgen für die Weltwirtschaft, postulieren andere, just das Gegenteil sei der Fall, würden dadurch doch Innovationen ausgelöst und Arbeitsplätze geschaffen. Beide Seiten argumentieren dabei mit Resultaten von ökonomischen Modellen. Es erstaunt daher nicht, dass Laien und Politiker durch die widersprüchlichen Resultate eher verunsichert werden.

Schwer quantifizierbare Effekte

An der 6. Europäischen Konferenz der International Association for Energy Economics (IAEE), die letzte Woche an der ETH Zürich stattfand, wurde nun genau dieser Aspekt vertieft diskutiert. Im Zentrum des Interesses standen also nicht die konkreten Resultate der verschiedenen ökonomischen Modelle, sondern methodische Aspekte, wie Massimo Filippini vom Centre for Energy Policy and Economics (CEPE) (1) der ETH Zürich präzisierte.

Die oben beschriebenen Divergenzen haben verschiedene Ursachen, wie Christoph Böhringer vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) (2) in Mannheim erklärte. "Ein ökonomisches Modell ist in erster Linie eine Kosten-Nutzen-Analyse. Konkret geht es um die Frage, wie der angestrebte Klimaschutz möglichst effizient erreicht werden kann." Doch diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Allein schon bei der Berechnung der Kosten gibt es grosse Unsicherheiten. Und noch viel schwieriger ist es für die Ökonomen, den Nutzen von Klimaschutz-Massnahmen zu beziffern. "Eine Klimaänderung hat nicht nur marktliche, sondern auch nicht-marktliche Effekte", meint Böhringer, "und diese lassen sich nur schwer quantifizieren."

Randbedingungen sind entscheidend

Die Unsicherheiten sind auch auf methodische Probleme zurückzuführen. Eine wichtige Frage ist etwa, mit welchem Referenzsystem man die berechneten Szenarien überhaupt vergleicht. Zudem muss man sich stets bewusst sein, was denn mit dem entsprechenden Modell abgebildet wird und welche Wechselbeziehungen im System existieren. "Die Theorien, mit denen solche Abhängigkeiten beschrieben werden, sind häufig diffus und teilweise auch widersprüchlich."


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Beim Strassenverkehr steigen die CO2-Emissionen in der Schweiz nach wie vor an. Von einer Erreichung der Ziele des CO2-Gesetzes ist man weit entfernt. (Bild E. Ramseier) gross

Schliesslich müssen auch die Systemgrenzen der Modelle berücksichtigt werden. Böhringer erklärt dies an einem konkreten Beispiel: "Häufig wird argumentiert, Russland müsse ein Interesse am internationalen Klimaschutz haben, weil es mit Emissionszertifikaten Geld verdienen könne. Doch das ist eine sehr enge Sichtweise. Wenn der Verbrauch von fossilen Energieträgern zurückgeht, sinken auch die Preise für diese Rohstoffe, und daran hat Russland nicht unbedingt ein Interesse."

Angesichts dieser Probleme erstaunt es nicht, dass die Modelle eine grosse Bandbreite aufweisen und zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. "Für die politische Diskussion wäre es wichtig", so meint Böhringer, "die Modelle systematisch zu vergleichen. Nur so können wir herausfinden, welche Ergebnisse als robust bezeichnet werden können. Erst dann kann man von den Politikern erwarten, dass sie nicht einfach diejenigen Resultate aussuchen, die am besten in ihr Weltbild passen."

Noch nicht auf Zielkurs

Einer, der sich konkret mit umweltökonomischen Berechnungen befasst, ist Eberhard Jochem vom CEPE. Er hat zusammen mit seinen Partnern untersucht, wie die Schweiz die Vorgaben des CO2-Gesetzes einhalten könnte. (3) "Wenn Politik und Wirtschaft keine zusätzlichen Massnahmen einleiten, werden die angestrebten Reduktionsziele nicht erreicht." Nach Ansicht von Jochem wäre es deshalb wichtig, die vom Gesetz vorgesehene CO2-Abgabe nun einzuführen. "Für die Schweiz geht es dabei längst nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um Innovationspolitik. Für das kleine Land wäre es wichtig, sich mit neuen, energieeffizienten Technologien eine führende Stellung in diesem Zukunftsmarkt zu sichern."


Fussnoten:
(1) Homepage des CEPE: www.cepe.ethz.ch/
(2) Homepage des ZEW: www.zew.de/
(3) Siehe auch ETH-Life Artikel "Es braucht grosse Anstrengungen" www.ethlife.ethz.ch/articles/CO2StudieCEPE.html



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