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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 14.11.2003 06:00

50 Meter hoher Forschungsturm wird wieder aufgebaut
Neuer Anlauf in Grönland

Ein starker Sturm hat im Frühjahr den Forschungsturm der ETH zu Fall gebracht. Glücklicherweise sind keine Personen zu Schaden gekommen, und auch die Instrumente wurden nicht beschädigt. Der Turm wird in Etappen wieder aufgebaut, um laufende Projekte abschliessen zu können. Für 2005 werden möglicherweise neue Forschungsprojekte eingereicht.

Von Lukas Denzler

Im vergangenen Mai berichtete „ETH Life“ über laufende Forschungsprojekte des ETH-Instituts für Atmosphäre und Klima auf Summit, dem höchsten Punkt Grönlands, etwa 3'200 Meter über Meer (1). Als Mitarbeitende des Instituts im Frühjahr wieder nach Grönland fuhren, mussten sie feststellen, dass der 50 Meter hohe Forschungsturm umgefallen war. Damit bestätigten sich Hinweise, die Flugaufnahmen des Forschungscamps kurz vor der Abreise lieferten.

Verkettung unglücklicher Umstände

Was war geschehen? „Wir konnten in Zürich nicht herausfinden, was genau passiert war. Der Turm hatte zuvor zwei Winter unbeschadet überstanden“, sagt Karl Schroff vom Institut für Klima und Atmosphäre. Der technische Mitarbeiter reiste im Frühjahr sofort nach Grönland, um die Ursache abzuklären und den Spekulationen ein Ende zu setzen. Als der Turm umstürzte, war die Forschungsstation nicht besetzt. Zum ersten Mal war über den Winter auch niemand von den Amerikanern dort geblieben; die Dieselgeneratoren wurden deshalb abgestellt. Weil die Forscher der ETH Zürich aber auch im Winter Messungen durchführen wollten, stellte sich das Problem der Stromversorgung. Schliesslich wurden an der Spitze des Turmes zwei Windgeneratoren von je 40 Kilogramm Gewicht montiert.

Klimaforscher Atsumu Ohmura
Will auf Grönland weiterforschen: ETH-Klimatologe Atsumu Ohmura. gross

Diese Windgeneratoren haben in den stürmischen Tagen vermutlich die entscheidende Rolle gespielt. Trotzdem ist es eine unglückliche Kombination verschiedener Faktoren, die letztlich zum Unglück geführt hat. Karl Schroff vermutet, dass die Generatoren Vibrationen verursacht haben und starke Winde den Turm in Schwingungen versetzten. Dies ermüdete die Abspannungen allmählich, was schliesslich zum Bruch der Drahtseile führte. In den letzten zehn Jahren – so weit reichen die gemessenen Daten in dieser Region zurück – sind Windgeschwindigkeiten bis zu 32 Metern pro Sekunde registriert worden. Professor Atsumu Ohmura, Leiter der ETH-Forschungsgruppe „Globales Klima“, hat berechnet, dass es mindestens 50 Meter pro Sekunde braucht, damit Kräfte entstehen, die zum Reissen der Drahtseile führen.


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So soll er 2005 wieder aussehen: der umgestürzte ETH-Forschungsturm auf Summit, der Forschungsstation am höchsten Punkt Grönlands. gross

Turm wird wieder aufgebaut

Trotz diesem Rückschlag will Atsumu Ohmura den Turm möglichst rasch wieder aufbauen. „Es ist eben ein Risiko, wenn man Dinge tut, die bisher sonst niemand gemacht hat“, sagt Ohmura, der schon seit vielen Jahren in Grönland Forschungsprojekte durchführt. Im Nachhinein ist man klüger; für die Stromversorgung hätte eine andere Lösung gefunden werden sollen. Atsumu Ohmura ist froh, dass niemand verletzt worden ist. Als Karl Schroff aus Grönland berichtete, dass das Fundament des Turmes intakt geblieben sei, war für Ohmura definitiv klar, dass der Turm wieder aufgebaut wird.

Ein grosser Teil der Messungen der laufenden Projekte ist zwar durchgeführt worden. Aber eben noch nicht alle, und in den letzten zwei Jahren sind auch neue Forschungsfragen hinzugekommen, die nur mit Hilfe des Turmes beantwortet werden können.

Perspektiven für den "Swiss Tower"

Mitarbeitende des Instituts waren im Juli erneut in Grönland. Ziel war es, den mit Schnee überdeckten Turm auszugraben, die Teile so gut wie möglich herzurichten und den Wiederaufbau vorzubereiten. Dank gutem Wetter konnte der Turm bereits wieder bis zu einer Höhe von 16 Metern aufgebaut werden. Über den Verankerungsplatten hat sich mehr als vier Meter harter Schnee angesammelt. Um neue Drahtseile an den Platten anbringen zu können, mussten diese komplett freigelegt werden. Im nächsten Sommer ist geplant, den Turm auf 35 Meter aufzustocken. Im Moment reicht das Geld nicht, um den Turm wieder ganz aufzubauen. Atsumu Ohmura möchte aber neue Forschungsprojekte einreichen, und den Turm im Jahre 2005 auf 50 Meter aufstocken. Das wäre dann wieder die ursprüngliche Höhe.

Die Voraussetzungen für weitere Untersuchungen sind gut, denn die Amerikaner betreiben die Forschungsstation auf Summit noch mindestens fünf Jahre. Atsumu Ohmura träumt davon, dass in Summit ein permanentes Observatorium eingerichtet wird, vergleichbar mit den Forschungsstationen in der Antarktis. Der 50 Meter hohe Forschungsturm – in Grönland wird er „Swiss Tower“ genannt – wäre dann wichtiger Teil der Infrastruktur auf Summit und könnte noch viele Jahre benutzt werden. Damit diese Idee realisiert werden kann, müssten neben den Amerikanern aber auch die Europäer mitmachen.


Literaturhinweise:
(1)Vgl. den Bericht in "ETH Life" vom 13. Mai 2003: Forschen im ewigen Eis: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/greenclim.html

Fussnoten:
(1) Aktuelle Informationen und Bilder aus dem Forschungscamp in Grönland sind zu finden unter: www.summitcamp.org



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