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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 01.12.2006 06:00

Rasches und einfaches Analyseverfahren der Atemluft
Einen Atemabdruck erfasst

Der Atem enthält verschiedenste Komponenten. ETH-Forscher haben nun eine Messmethode entwickelt, die nicht nur die flüchtigen Stoffe erfasst, sondern auch die, die in den kleinen Atemtröpfchen enthalten sind. Mit dem neuen Messverfahren konnte unter anderem die Harnstoffmenge in der Atemluft bestimmt werden.

Christoph Meier

Wenn jemand genug Alkohol getrunken hat, erkennt man das häufig an seiner „Fahne“. Auch der Genuss von größeren Mengen Knoblauch oder Zwiebeln fällt meistens noch am Morgen danach den Mitmenschen auf. Der Atem verrät aber nicht nur etwas über das, was wir zu uns genommen haben, sondern auch manche Erkrankungen machen sich durch spezielle Mundgerüche bemerkbar. Die Analytik von Atemluft birgt deshalb interessante Perspektiven für die klinische Diagnostik. Ein Vorteil dabei: Ein Piekser, wie er nötig ist für eine Blutanalyse, ist nicht mehr nötig.

Doch die Atemluftanalytik gestaltete sie sich bis heute sehr schwierig. So ist der apparative Aufwand meist beträchtlich. Zudem müssen die Proben vor der eigentlichen Analytik aufwendig präpariert werden, und bis anhin ließen sich nur kleine flüchtige Verbindungen zuverlässig nachweisen. ETH-Forscher haben nun kürzlich eine massenspektrometrische Methode entwickelt, mit der sich rasch und einfach ein regelrechter Fingerprint der Atemluft bestimmen lässt. Dabei gelingt auch der quantitative Nachweis großer, nichtflüchtiger Stoffe. Ihre Arbeit publizierten die Wissenschafltler im Fachmagazin „Angewandte Chemie“ (1) .

Der Kniff: Atemluft direkt in Elektrospray leiten

Die Methode von ETH-Professor Renato Zenobi und seinem Team basiert auf der so genannten Quadrupol-Time-of-flight-Massenspektrometrie (2), kurz QTOF. Dabei werden Moleküle elektrisch aufgeladen und anhand ihres Molekulargewichts getrennt und identifiziert. Bei der QTOF werden die Moleküle in einem elektrischen Feld beschleunigt, und im „Time-of-Flight“-Teil nach Verhältnis von Masse zu Ladung separiert. Die Flugzeit der Fragmente bis zum Detektor ist von deren Masse abhängig. Im Quadrupol-Teil können die Moleküle vorgängig fragmentiert werden. Man erhält dann ein Spektrum von Fragmenten, das für das ursprüngliche Molekül charakteristisch ist und dessen Identifikation erlaubt. „Damit kann man auch Stoffe mit identischer Molmasse aber anderem Zerfallsmuster eindeutig unterscheiden“, erläutert Renato Zenobi.

Der entscheidende neue Kniff bei der Atemanalyse war aber nun die Art der Probenaufgabe in das Massenspektrometer. Üblicherweise wird eine Probe zunächst extrahiert und diese Flüssigkeit dann mit Hilfe eines elektrischen Feldes zerstäubt. Stattdessen wenden die Zürcher Forscher jetzt eine direkte Tröpfchen-Tröpfchen-Extraktion an: Die Atemluft-Probe wird direkt in die Elektrospray-Vorrichtung geleitet und kreuzt hier einen Strom geladener Reagenzien-Tröpfchen. Diese Tröpfchen sollen dabei die interessierenden Moleküle aufnehmen und aufladen. Auf ihrer Reise ins Massenspektrometer verlieren die Tröpfchen Lösungsmittel und werden immer weiter zerteilt und, bis zuletzt die geladenen Moleküle übrigbleiben, die in den QTOF-Massenanalysator gelangen.


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Erprobt die neue Atemanalyse gleich bei sich selbst: ETH-Professor Renato Zenobi. gross

Doppelt positive Überraschung

Auf die Vorteile weist Renato Zenobi hin: „Auf diese Weise kann die Massenanalyse kontinuierlich über längere Zeit laufen. Ausserdem ist die Methode sehr empfindlich.“ Die Proben müssten nicht vorbehandelt werden, Verluste würden so reduziert. Der ETH-Wissenschaftler war aber selber überrascht, dass es mit dieser Analytik gelang, im Gegensatz zu gängigen Verfahren auch die tröpfchenförmigen Bestandteile der Atemluft zu erfassen, welche die größeren, nicht flüchtigen Substanzen enthalten. Apropos Grösse. Die Messmethode ermöglichte die Identifikation von Substanzen mit einem Atomgewicht von über 1000 Dalton – ein weiterer, unerwarteter Erfolg.

Für ihre Untersuchungen analysierten die Wissenschaftler die Atemluft von Probanden nach dem Konsum von Bier, Nikotin oder Knoblauch. Dabei konnte beispielsweise festgestellt werden, dass der Bierkonsum bei einem Europäer zu einem anderem Atemabdruck führt als bei einem Asiaten. Auch der Harnstoffgehalt der Atemluft von den Probanden konnte bestimmt werden. Wie bedeutsam solche Befunde auch sein mögen, entscheidend ist für Zenobi und sein Team, dass die Methode funktioniert. Blickt der ETH-Professor in die Zukunft, sieht er einen möglichen Einsatz für sie darin, dass man rasch Krankheiten wie beispielsweise Lungenkrebs diagnostizieren könnte, oder bei Eingriffen wie einer Lungengewebe-Transplantation ein rasches und einfaches Monitoring betreibt.

Methode im Prinzip einsetzbar

Auf die Frage hin, ob denn die Methode von der Apparatur her bald breit einsetzbar wäre, meint Zenobi: „Ja! An vielen Instituten - gerade auch in der Klinik - sind bereits entsprechende Geräte vorhanden." Eventuell kommt der Aufforderung des Arztes „Bitte tief Ausatmen“ dank ETH-Forschung in Zukunft eine viel weitere Bedeutung zu.


Fussnoten:
(1) Huanwen Chen, Arno Wortmann, Weihua Zhang, Renato Zenobi: “Rapid In Vivo Fingerprinting of Nonvolatile Compounds in Breath by Extractive Electrospray Ionization Quadrupole Time-of-Flight Mass Spectrometry”, Angewandte Chemie International Edition, 2006 Nov 2
(2) Forschungsgruppe von Renato Zenobi: www.zenobi.ethz.ch/



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