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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 01.07.2005 06:01

Untersuchungen zu Eishockeystöcken
Schlagkräftige Forschung

ETH-Forscher sind zusammen mit der Firma Busch auf der Suche nach dem perfekten Eishockeystock. Nach zwei Semestern Forschungsarbeit hat man erstmals genauere Daten über das Verhalten von Eishockeystöcken aus Verbundwerkstoff während der Schüsse mit der grössten Belastung für Gerät und Spieler. An den Experimenten nahmen auch Schweizer-Nationalspieler teil.

Von Christoph Meier

Einem Sportästheten bricht es das Herz: Da hält ein Eishockeyspieler voll drauf, doch statt eines satten Schusses in das hohe Eck, kullert der Puck einfach ein kleines Stück und das Stockende mit der Schaufel hängt traurig am Rest des Arbeitsgerätes der Eissportlers. Ein Stockbruch durchkreuzt die ganzen Anstrengungen. Diese Szene ereignet sich gar nicht so selten. So gingen zur Zeit, als man noch mit Holzstöcken spielte, rund 100 Stück pro Saison und Spieler in Brüche, und seit es solche aus Faserverbund gibt, sind es teilweise immer noch bis zu 50.

Diese Verbesserung mit der neuen Stockgeneration ist der Firma Busch SA aus Porrentruy im Jura zu verdanken (1). Sie war es nämlich, die 1992 erstmals einen Karbon-Faserverbund-Stock auf den Markt brachte. Dieser hatte den Vorteil aus einem Stück zu bestehen und relativ leicht zu sein. Nachdem der Buschstock die Spieler durch seine Qualität überzeugte, haben in der Zwischenzeit andere grössere Firmen insbesondere aus den USA nachgezogen und selbst vergleichbare Produkte lanciert. Dadurch ist Busch wieder in Zugzwang geraten. Denn als kleine Firma muss sie einfach qualitativ bessere Produkte liefern, um bestehen zu können. In dieser Situation suchten die Verantwortlichen den Kontakt zu der ETH, um in Zusammenarbeit mit der Hochschule wissenschaftlich fundiert neue Stöcke zu entwickeln.

Stark gespannte Stöcke

Seit letztem Herbst läuft darum am Institut für Mechanische Systeme von ETH-Professor Paolo Ermanni das Projekt „New Generation Icehockey Stick“ (2). In der Zwischenzeit liegen die ersten Ergebnisse vor. „Dank der zeitlich hoch auflösenden Filmaufnahmen konnten wir erstmals erkennen, in welchem Mass sich ein Stock bei einem Slapshot durchbiegt“, erläutert Projektleiter Michael Sauter.

Der Schuss des Nationalspielers Julien Vauclair wird von ETH-Forschern erfasst. gross


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Noch nie gesehene Details dank zeitlich hochauflösenden Aufnahmen: Der Eishockeystock biegt sich rund 16 Grad bei einem Slapshot. (Bilder: Michael Sauter) gross

Obwohl man wusste, dass bei dieser Schussart mit der grössten Belastung der Stock aufs Eis geschlagen wird, damit er sich einem Pfeilbogen gleich spannt, waren die Forscher über das Mass der Biegung erstaunt. So bog sich der Stock rund 16 Grad. Die Wissenschaftler erfassten aber auch über einen Dehnungsmessstreifen die Dehnung und konnten davon die Kräfte ableiten. Sauter umschreibt die Belastung: „Bei einem harten Schuss kommt es zu einer Dehnung beziehungsweise einer Kompression der Karbonfasern von rund einem Prozent. Das bedeutet, dass teilweise mehr als die Hälfte des Körpergewichtes auf den Stock übertragen werden kann.“

Profispieler als Probanden

Um im Vornherein den Vorwurf auszuschliessen, dass die gemessenen Schüsse nicht der Realität entsprechen, nahmen an den Versuchen professionelle Hockeyspieler statt. So knallten unter anderem die Nationalmannschaftsspieler Sandy Jeannin und Julien Vauclair vom HC Lugano für die Forscher den Puck in die Maschen. Gemessen wurde während der letzten Saison in der Resega beim HC Lugano als auch beim HC Ajoie. „Die Zusammenarbeit mit den Hockeycracks war für beide Seiten eine Bereicherung“, so Sauter. Jeder Spieler habe seine individuellen Wünsche an den Stock, und es habe sich bei den Aufnahmen auch gezeigt, dass ihre Schusstechnik verschieden ist. Eventuell könnten dank der Filmaufnahmen die Eiscracks gezielter an ihrer Schusshaltung feilen.

Doch wie geht es wissenschaftlich weiter? Nachdem die reale Situation zahlenmässig erfasst ist, kann man die Belastungen auch an der Maschine simulieren. In einem iterativen Prozess werden nun neue Stöcke modelliert, geprüft und wieder verbessert. Ziel ist es, einen leichten, gut gedämpften und möglichst bruchsicheren Eishockeystock bis nächstes Jahr anbieten zu können. Erweist sich die Suche nach dem perfekten Eishockeystock als erfolgreich, so besteht eine gute Chance, dass zumindest Stöcke aus der Schweiz 2006 in Turin Olympiasieger werden.


Fussnoten:
(1) Informationen der Firma Busch SA zu ihren Eishockeystöcken: www.busch-hockey.com
(2) Projekte zu „Smart Structures“ in der Gruppe von ETH-Professor Paolo Ermanni: www.structures.ethz.ch/research/smartstructures



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