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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 28.01.2003 06:00

Aluminium-Nanocluster mit breiten Einsatzmöglichkeiten
Für Fotopapier und Bodensanierung

Der Zufall brachte ETH-Forscher und die Firma Ilford zusammen. An der EMPA entdeckten sie ihr gemeinsames Interesse für Aluminium-Nanopartikel, was in ein KTI-Projekt mündete. Das Ziel ist, besseres Papier für Tintenstrahldrucker zu entwickeln.

Von Christoph Meier

Milchig schimmern die Flüssigkeiten in den zwei Flaschen, die Gerhard Furrer auf den Tisch stellt. In der trüberen Flasche hat sich sogar ein feinkörniger weisser Bodensatz gebildet. Der ETH-Geochemiker vom Institut für terrestrische Ökologie (1) lacht und erzählt, dass er den Flascheninhalt vor zwölf Jahren hergestellt habe. Er habe ein ganz einfaches Experiment gemacht, in dem er eine saure Aluminiumlösung neutralisiert habe. Das Ziel dabei sei gewesen, die aufgrund ihrer Grösse und Zusammensetzung als "Aluminium-13-Nanocluster" bezeichneten Partikel zu gewinnen. Diese versprachen als Bindungspartner von Schwermetallen ein gutes Instrument zur Abwasserreinigung und Bodensanierung zu werden. "Als nach einem halben Jahr eine Flasche schon milchig und trüb war, wollte ich sie wegwerfen", blickt der Forscher zurück. Er war damals der Ansicht, dass sich alle gelösten Aluminiumkomplexe in das unlösliche und thermodynamisch stabilere Gibbsit, eine kristalline Form von Aluminiumhydroxid, umgewandelt hätten und seine Al13-Nanocluster verloren seien.

Das Milchige der Flasche

Heute ist Furrer froh, dass er noch beide Lösungen hat. Denn in beiden Flaschen hat sich ein noch grösserer Aluminiumkomplex gebildet, dessen Struktur erst im Jahre 2000 aufgeklärt wurde, nämlich der Al30-Nanocluster. Und dieses Partikel erweist sich anhand erster Untersuchungen als vielversprechend. Es ist in einem weiteren pH-Bereich stabil als Al13, hat auch mehr Bindungsstellen und kann, wie Furrers Flaschen beweisen, auch ohne weiteres mit Gibbsit koexistieren. Das ist insofern überraschend, als man erwartet hatte, dass sobald einmal Gibbsit vorhanden ist, der Rest des Aluminiums auch in dieser Form ausfällt. Doch wo kommt das Al30 ausser in Furrers Flaschen überhaupt noch vor? Zum Beispiel in einem Fotopapier für Tintenstrahldrucker. Die Spezialisten der Firma Ilford Imaging fanden das heraus, als sie zu Analysezwecken die EMPA aufsuchten. Hier wollten sie mittels nuklearer Magnetresonanz (NMR)-Spektroskopie ihr neuentwickeltes, mit Mineralien beschichtetes Papier untersuchen (2). Durch Zufall trafen sie hier auf den Geochemiker Gerhard Furrer. Er und seine Mitarbeiter waren gerade dabei, ihrerseits mit NMR-Spektroskopie mehr über die Aluminium-Nanopartikel herauszufinden.

Aluminium-Nanocluster, die binden und verbinden

Als Furrer die chemischen Eigenschaften von Al30 schilderte, war das ein Aha-Erlebnis für die Ilford-Forscher, denn ihr Papier wies genau die beschriebenen Charakteristiken auf. Um das Papier zu optimieren, lag es nahe, dass sich der ETH-Forscher und die Ilford zusammenschlossen.

Struktur der beiden Aluminium-Nanocluster in Polyederdarstellung. Links der sogenannte Keggin Al13-Komplex und rechts der neulich entdeckte Al30-Komplex. (Bild: W.H. Casey, UC Davis) gross


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Optimieren Papier mit Aluminum-Nanoclustern für Tintenstrahldrucker: Gerhard Furrer (Geochemiker, Projektleiter), Björn Studer (Agrobiologielaborant, Techniker), Daniel Rentsch (Chemiker, NMR-Spektroskopiker), Dipanjan Banerjee (Geologe, Postdoktorand). Vlnr vor dem Ozongenerator mit der Durchströmungszelle. (Bild: Kurt Barmettler) gross

Bei dem daraus resultierenden und jetzt laufenden KTI-(Kommission für Technologie und Innovation)-Projekt (3) innerhalb des Top Nano 21 Programmes (4) will man herausfinden, wieso das aluminiumhaltige Papier einerseits schneller trocknet und andererseits auch weniger Farbverlust durch Oxidation aufweist. Für Gerhard Furrer ist klar: "Das Papier ist der richtige Ansatzpunkt für eine Verbesserung." Denn die bei Tintenstrahlern verwendeten Azofarbstoffe seien so gut, dass man sie nur noch schützen könne. Zudem entwickelt sich der Markt dahin, dass mineralische Trägermaterialien die organischen Polymerschichten im Fotopapier für Tintenstrahldrucker ablösen.Die bisher weit verbreiteten Polymerpapiere sind infolge ihrer limitierten Wasseraufnahme gemäss Furrer ohnehin viel zu langsam für die immer schneller werdenden Drucker. Jeder bessere Tintenstrahl-Drucker für den Hausgebrauch schiesst nämlich die etwa 10 Mikrometer grossen Tintentröpfchen mit einer Frequenz von 50 kHz oder schneller auf das Druckerpapier. Die nanoporösen Fotopapiere für Tintenstrahldrucker versprechen darum ein grosses Wachstumspotenzial. Doch den ETH-Forscher interessieren nicht primär die wirtschaftlichen Aspekte. Mit mehr Kenntnissen über die Wechselwirkungen zwischen Azofarbstoffen und Al30 bekommt auch seine eigene Forschung wertvolle Anstösse.

Aluminium-Nanocluster zur Bodensanierung

So glanzvoll sich die Zusammenarbeit mit Ilford auch gestalten mag, Furrer arbeitet natürlich auf seinem angestammten Gebiet, der Umweltgeochemie, weiter. Denn auch hier versprechen die Al30-Nanopartikel einiges durch ihre Stabilität und ihre Fähigkeit, Schwermetalle zu binden. Zudem eignen sie sich durch ihre definierte Oberfläche als chemisches Modell für die Partikel, die im Kontakt mit Wasser stehen. Als konkretes Beispiel für die Anwendung von Al30 erwähnt Furrer die Bodensanierung: "Ich denke dabei vor allem an Böden, wo die Schwermetallbelastung zu gering ist, um alles abzutragen aber trotzdem schon ein bedenkliches Mass angenommen hat." Damit aber ein möglichst effektiver Einsatz zustande kommt, braucht es auch hier noch mehr Grundlagenwissen. Im Moment läuft darum unter der Ägide von Furrer ein von der ETH finanziertes Projekt am Institut für terrestrische Ökologie, in dem die chemische Reaktivität der Al30-Cluster untersucht wird. Eventuell geben diese Forschungen erneut einen Hinweis, warum die Strukturformeln von Al13 und Al30 (siehe Bild links) dermassen klar und beständig auf Papier, das Al30 enthält, gedruckt werden können. Doch das Papier fasziniert Furrer über seine Forschung hinaus. Amüsiert zeigt er zum Schluss eine mit seinem Tintenstrahldrucker hergestellte Grusskarte, selbstverständlich auf dem neuen Papier von Ilford.


Literaturhinweise:
SF DRS bringt am Donnerstag 30. Januar 2003 um 21.00 Uhr in der Sendung MTW (Menschen Technik Wissenschaft) den Beitrag "Nanopapier für Digitalfotos" zur Zusammenarbeit des Instituts für terrestrische Ökologie mit der EMPA und der Ilford Imaging.

Fussnoten:
(1) Institut für terrestrische Ökologie: www.ito.umnw.ethz.ch
(2) Informationen zu Papieren für Tintenstrahldrucker von Ilford: www.ilford.com/html/us_english/prod_html/galerie/htm/gtp/how_suits.htm
(3) Am KTI-Projekt beteiligte Partner sind: Institut für terrestrische Ökologie, Ilford Imaging, EMPA, ETH Zürich
(4) Informationen zu Top Nano 21www.bbt.admin.ch/kti/gebiet/topnano/d/main.htm



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