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Rubrik: Science Life

Hochdruckexperimente decken Struktur des Marskern auf
Der Schwefelgehalt entscheidet

Published: 01.06.2007 06:00
Modified: 30.05.2007 15:08
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ETH-Forscher haben mit Hilfe von Hochdruckexperimenten zeigen können, dass der Mars im Inneren einen flüssigen metallischen Kern haben muss. In geologischen Zeiträumen wird sich dieser verfestigen. Je nach dem, wie hoch der Schwefelgehalt des Kerns ist, wird sich dabei ein ganz anderes Szenario abspielen als auf der Erde.



Felix Würsten (mailto:felix.wuersten@ethlife.ethz.ch)

Mars und Erde sind sich in vieler Hinsicht ähnlich. Zum Beispiel haben beide Planeten einen metallischen Kern, der von einem Mantel aus Silikatmineralien umgeben ist. Auf Grund von seismischen Untersuchungen weiss man, dass bei der Erde der Kern aus einem festen inneren Teil und einem flüssigen äusseren Teil besteht. Wie der Kern des Mars aufgebaut ist, darüber hingegen rätselt die Fachwelt nach wie vor.

Flüssige Vergangenheit

Eine Forschergruppe des Instituts für Mineralogie und Petrographie der ETH Zürich unter der Leitung von Max Schmidt, Professor für Kristallingeologie, hat nun die Verhältnisse im Inneren unseres Nachbarplaneten mit Hilfe von Hochdruckexperimenten (1) genauer untersucht. Die Gruppe um den Doktoranden Andrew Stewart hat dabei Proben bestehend aus Eisen, Nickel und Schwefel – aus diesen Elementen ist der Marskern im Wesentlichen aufgebaut – ähnlich hohen Drücken und Temperaturen ausgesetzt, wie man sie im Zentrum des Planeten findet. Wie die Forscher in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift "Science" (2) schreiben, zeigen diese Versuche, dass der Kern des Mars heute vollständig flüssig sein muss. Im Gegensatz zur Erde gibt es beim Mars also keinen festen, metallischen inneren Eisen-Nickel Kern, da unter den Bedingungen, wie sie im Zentrum des Mars herrschen, keine festen Phasen stabil sind.

Die Resultate zeigen zudem, dass der Marskern auch vor vier Milliarden Jahren vollständig flüssig gewesen sein muss. Auf Grund von Satellitenbeobachtungen weiss man, dass der Mars damals ein starkes Magnetfeld gehabt haben muss, entdeckte man doch auf der Südhemisphäre des Planeten Gesteine aus dieser Zeit, welche eine starke Magnetisierung aufweisen. Wie sich in einem vollständig flüssigen Kern ein Magnetfeld bilden konnte und warum dieses später zusammenbrach, ist nach wie vor nicht vollständig klar. Vermutlich entstand es als Folge einer starker Konvektion im damals sehr dünnflüssigen Marskern. Später hat sich die Situation dann dramatisch geändert, vermutlich weil der Wämefluss aus dem Inneren abnahm.

Von Aussen nach Innen…

Die Experimente im Hochdrucklabor erlauben den Forschern aber auch einen Blick in die Zukunft. In geologischen Zeiträumen wird der Mars weiter abkühlen. Dies führt dazu, dass sich der Kern verfestigen wird. Wie genau dies geschieht, hängt davon ab, wie viel Schwefel der Marskern insgesamt hat.

Liegt der Schwefelgehalt zwischen 10 und 14 Prozent, dann werden sich zunächst am äusseren Rand des Kerns Eisen-Nickel-Kristalle bilden. Da diese Kristalle schwerer sind als die umgebende Schmelze, sinken sie ins Zentrum des Planeten ab. Auf diese Weise entsteht im Inneren mit der Zeit ein fester Eisen-Nickel-Kern. (3) Da die Kristalle eine andere Zusammensetzung haben als die ursprüngliche Schmelze, verändert sich deren Zusammensetzung mit zunehmender Abkühlung. Je mehr Eisen-Nickel-Kristalle sich gebildet haben, desto höher ist der Schwefelgehalt in der restlichen Schmelze. Dieser Prozess dauert so lange, bis die Schmelze die sogenannt eutektische Zusammensetzung erreicht hat. Ab diesem Punkt beginnt die zweite Phase: Es bilden sich nun nicht mehr nur Eisen-Nickel-Kristalle, sondern auch Sulfidmineralien. Rund um den bereits festen Eisen-Nickel-Kern im Zentrum entsteht also ein Gemisch aus verschiedenen Kristallen, das insgesamt einen Schwefelgehalt von ungefähr 14 Prozent hat.

Querschnitt durch das Innere des Mars. Die Figur zeigt, wie sich der heute noch flüssige Kern verfestigen könnte. Gelb: feste Eisen-Nickel-Legierung; orange: festes Eisensulfid (Fe3S); rot: flüssiges Eisen-Nickel-Sulfid (Schmelze); blau: fester silikatischer Mantel; schwarz: Kruste.

Anhand von solchen Proben gelang es den Forschern, die künftigen Verhältnisse im Innern des Mars vorauszusagen. Die Aufnahmen zeigen Sulfidkörner, die in einer eisenreichen Matrix eingebettet sind. Die Probe wurde einer Temperatur von 1323 Kelvin und einem Druck von 40 GPa ausgesetzt.

…oder von Innen nach Aussen?

Ganz anders verläuft die Verfestigung, wenn der Schwefelgehalt des heutigen Marskerns mehr als 14 Prozent beträgt, also über der eutektischen Zusammensetzung liegt. Die Kristallisation beginnt in diesem Fall innen: Im Zentrum des Planten bildet sich in einem ersten Schritt ein fester Eisen-Nickel-Sulfid-Kern mit einem Schwefelgehalt von ungefähr 16 Prozent. Dies führt wiederum dazu, dass sich die Zusammensetzung der Restschmelze verändert, diesmal jedoch gerade in der anderen Richtung. Der Schwefelgehalt sinkt kontinuierlich, bis die eutektische Zusammensetzung erreicht ist. Ab diesem Punkt bildet sich dann erneut in einer zweiten Phase ein Kristallgemisch, das einen durchschnittlichen Schwefelgehalt von etwa 14 Prozent aufweist.

Die Forscher schliessen nicht aus, dass die Bildung eines festen innern Kerns während der ersten Phase im flüssigen Restkern Konvektionsströme auslösen könnte. Dadurch könnte eine Art Dynamo entstehen, ähnlich wie dies heute bei der Erde der Fall ist. Beim Mars würde sich also erneut ein starkes Magnetfeld bilden, so wie es vor vier Milliarden Jahren bereits einmal der Fall war.

Footnotes:
(1 Siehe dazu auch "ETH Life"-Artikel "Wo rohe Kräfte walten": www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/Hochdrucklabor.html
(2 () A. Stewart, M.W.Schmidt, W.van Westrenen, C.Liebske: Mars: A New Core-Crystallization Regime. Science v.316, nr. 5829 (2997).
(3 Der feste metallische Teil des Marskerns im Zentrum ist zunächst nur metastabil. Die Eisen-Nickel-Kristalle, die sich bei diesem Szenario zunächst am äusseren Rand des Kerns bilden, sinken auf Grund der höheren Dichte nach unten. Dabei kommen sie in Regionen, die heisser sind. Im Gleichgewichtszustand würden sich die Kristalle dort wieder auflösen. Werden jedoch am äusseren Rand genügend neue Kristalle gebildet und sind die Temperaturen im Inneren nicht allzu hoch, dann werden die Kristalle nicht vollständig aufgelöst. Im Zentrum sammelt sich vielmehr festes metallisches Material an, das kontinuierlich von neuen Kristallen überdeckt wird, bevor es sich wieder auflöst.


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