www.ethlife.ethz.ch |
Rubrik: Science Life Wie Saharastaub in die Alpen gelangt Vom Winde verweht |
Published: 04.01.2006 06:00 Modified: 21.12.2005 11:41 |
|||||||||||||||
Staub aus der Sahara kann unter günstigen Wetterbedingungen überraschend weit verfrachtet werden. Dies hat ein Forscherteam mit ETH-Beteiligung herausgefunden, als es die Flugbahn von Staub, der in den Alpen abgelagert wurde, rekonstruierte. Felix Würsten (mailto:felix.wuersten@ethlife.ethz.ch) Im Normalfall sind Schneeberge weiss. Hin und wieder jedoch erscheinen sie plötzlich leicht rötlich oder gelblich getönt. Grund für die Verfärbung ist feiner Staub aus der Sahara, der sich zusammen mit dem letzten Niederschlag auf den weissen Flächen abgelagert hat. Ein Forscherteam der ETH Zürich und des PSI in Villigen hat nun bei zwei solchen Ereignissen genau rekonstruiert, wie der Staub aus Afrika auf die Alpengipfel gelangte. In einer kürzlich veröffentlichen Studie (1) konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die feinen Partikel aus der Wüste mitunter überraschend weit verfrachtet werden. Wo wird der Staub aufgewirbelt?Ausgangspunkt für die Studie war ein Eiskern, den Margit Schwikowski vom PSI zusammen mit ihren Kollegen auf dem Piz Zupó im Engadin aus dem Gletscher entnommen hatte. Bei der genauen Analyse entdeckten die Forscher zwei feine Schichten mit Saharastaub. Die Datierung ergab, dass diese im März und im Oktober 2000 abgelagert wurden. Die Forscher stellten auch fest, dass sich die beiden Schichten chemisch unterscheiden. Insbesondere fanden sich in der Märzschicht hohe Werte an Methansulfonsäure (MSA). Anhand von Wetterdaten konnte Harald Sodemann, Doktorand am Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich, dann rekonstruieren, woher dieser Staub genau stammt. Dazu ermittelte er die sogenannten Rückwärts-Trajektorien. Ausgehend vom Piz Zupó berechnet er, wie die staubhaltige Luft dorthin gelangte. "Das Verfahren wird heute in verschiedenen Bereichen erfolgreich eingesetzt", erklärt Sodemann. "Wir haben nun aber noch zusätzlich untersucht, wo die Luft auf ihrem Weg in Bodennähe gelangte und wann die Windgeschwindigkeiten genügend hoch waren, um Staub von der Erdoberfläche aufzuwirbeln und mitzuschleppen." Kombination von zwei EreignissenDie Rekonstruktion ergab nun, dass die eine Staubschicht im Eiskern zwischen dem 13. und 15. Oktober 2000 im Engadin abgelagert wurde. Bei diesem Ereignis wurde der Staub in der libysch-algerischen Wüste aufgewirbelt und anschliessend in nordöstlicher Richtung an die tunesische Küste verfrachtet. Von dort aus blies der Wind die Partikel direkt nach Norden gegen die Alpen. Etwas komplizierter präsentiert sich das Bild bei der Märzschicht. Die Berechnungen von Sodemann zeigen, dass diese Ablagerung vermutlich auf zwei Ereignisse zurückzuführen ist. Die eine Staubwolke wurde ungefähr am 18. März 2000 auf dem Piz Zupó abgelagert, wenige Tage später, um den 24. März, dann die zweite. Die beiden haben jedoch eine völlig andere Geschichte. Der Staub vom 24. März stammt aus der algerischen Wüste, von wo aus er auf direktem Weg entlang der spanisch-französischen Mittelmeerküste gegen die Alpen hin verfrachtet wurde.
Der Staub des anderen Ereignisses stammt hingegen aus Mauretanien. Er wurde zunächst nach Nordwesten hin weit über den Atlantik hinaus geblasen und gelangte dann in einem weiten Bogen südlich an Island vorbei bis vor die skandinavische Küste. Von dort aus wurden die feinen Partikel gegen Süden geblasen, bis sie schliesslich in den Alpen mit dem Niederschlag abgelagert wurden. Der abenteuerliche Weg, so erklärt Sodemann, wurde auch durch Aerosol-Messungen auf dem Jungfraujoch bestätigt. Dort hat man in den entsprechenden Zeit erhöhte Partikelgehalte aus nördlicher Richtung beobachtet. Spuren der MeeresblüteDank der genauen Rekonstruktion der Staubverfrachtung können die Forscher nun auch besser die chemischen Unterschiede erklären. Die hohen Werte an MSA in der Märzschicht stammen vermutlich von Meeresorganismen. Satellitendaten zeigen, dass im März 2000, als der Staub aus der algerischen Wüste weggeblasen wurde, im westlichen Mittelmeer eine Algenblüte stattfand, bei der diese Verbindung in die unteren Schichten der Atmosphäre freisetzt wurde. Die feinen Partikel aus Afrika haben dort demnach auf ihrem Weg nach Norden die organische Verbindung aufgenommen und in das Eis am Piz Zupó eingebracht.
Footnotes:
|