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Rubrik: Science Life

ETH-Labor für Nanotechnologie entwickelt neues Bildschirm-Prinzip
Künstliche Muskeln für echte Farben

Published: 12.09.2006 06:00
Modified: 11.09.2006 15:50
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Mit einem neuen Prototyp von Bildschirm-Pixeln ist es ETH-Forschern gelungen, die natürlichen Spektralfarben auf einem Display darzustellen. Das könnte dereinst den Bau von Computer-Bildschirmen und Fernsehgeräten revolutionieren.



Peter Rüegg (mailto:peter.rueegg@cc.ethz.ch)

LCD-Bildschirme können viel, aber nicht alles. Zum Beispiel Farben eines natürlichen Spektrums abzubilden. Denn sie basieren auf den drei Grundfarben Rot, Grün und Blau, die in verschiedener Helligkeit übereinandergelagert Mischfarben hervorbringen. Mit dieser additiven Farbmischung lassen die Blautöne des Himmels oder feine Abstufungen von Grün jedoch nicht erzeugen.

Künstlicher Muskel verändert Beugungsgitter

Der ETH-Doktorand Manuel Aschwanden und Professor Andreas Stemmer von der Professur für Nanotechnik aus dem Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik haben nun ein neues Bauprinzip für Bildschirm-Pixel entwickelt, das echte Farben abbilden kann. (1) Dieses beruht darauf, weisses Licht auf eine Pixel-Oberfläche zu leiten, die eigentlich ein Beugungsgitter ist. Dieses fächert den Lichtstrahl in sein Spektrum auf. Damit lassen sich alle für das menschliche Auge sichtbaren Regenbogenfarben erzeugen. Der Clou: Das Beugungsgitter sitzt auf einem speziellen Polymer, das sich wie ein künstlicher Muskel unter einer elektrischen Spannung zusammenzieht. Dadurch ändert sich die Gitterkonstante des Beugungsgitters und damit auch der Winkel des Spektralfächers.

Bringt man nun über einem solchen Pixel eine Folie mit einem Spalt an, so tritt durch diese Miniblende je nach Spannung nur eine bestimmte Wellenlänge von Licht, also eine Farbe. Ein Diffusor sorgt dafür, dass das Licht, welches durch den Spalt hindurchtritt, gestreut wird. „Ohne einen Diffusor würde der Bildschirm bei seitlicher Betrachtung schwarz erscheinen“, erklärt Manuel Aschwanden. Die neuen Pixel können nicht nur natürliche Farben produzieren, sie weisen mit einer Grösse von 0,08 Millimeter eine hohe Auflösung auf. Ein heutiger LCD-Fernseher weist pro Millimeter bis zu vier Pixel auf.

Einzelkomponenten sind "low-tech"

Die Forscher sind nun daran, Pixel herzustellen, die das Licht von drei verschiedenen Beugungsgittern mischen können. Damit lässt sich nicht nur das natürliche Farbspektrum anzeigen, sondern alle Farben, die das menschliche Auge wahrnimmt, also auch Braun oder Weiss. Beides sind Mischfarben, die nicht zum natürlichen Spektrum gehören. „Die einzelnen Komponenten des neuen Prinzips sind im Gunde genommen low-tech“, sagt Andreas Stemmer.

Bei 0 Volt ist das Polymer entspannt, die Farbe wirkt aus einem bestimmten Blickwinkel türkis. Bei 350 Volt hat sich das Beugungsgitter und der Winkel des Spektralfächers so verändert, dass das Pixel den roten Teil des Spektrums zurückwirft. (Bild: Professur für Nanotechnik)

Beugungsgitter sind seit 200 Jahren bekannt. Auch das Duplizieren einer Relief-Oberfläche, hier das Beugungsgitter, in weiche Silikon-Polymere ist seit einigen Jahren Standard.

Die Vorteile liegen auf der Hand. Die resultierenden Strukturen sind nicht nur stark verformbar, sie sind auch billig in der Herstellung. Zudem seien alle Komponenten des neuen Bildschirm-Systems ohne Reinraum herzustellen. Das vereinfache die Fabrikation und erspare eine teure Infrastruktur, die in der Mikrotechnik oft nötig sei. „In der Summe resultiert dennoch ein Hightech-Produkt“, betont Stemmer. Eines, das dereinst heutige Bildschirm-Technologien konkurrenzieren könnte.

Spannung noch zu hoch

Noch hat das System einen Haken: die Spannung. Für kommerzielle Anwendungen darf sie höchstens 75 Volt betragen. Beim ersten Prototypen mussten die Forscher aber 4'500 Volt aufwenden, um das Polymer so zu verändern, dass die Pixel-Farbe von Blau auf Rot änderte. Mit einer neuen Variante konnten die Forscher die Spannung bereits auf 350 Volt senken. Laut Andreas Stemmer ist es das Ziel, mit einer Spannung zu arbeiten, die eine 3.7-Volt-Lithium-Batterie erzeugt. Aschwanden ist überzeugt, dass die Spannung nur dann so stark gesenkt werden kann, wenn er neue Materialien für die künstlichen Muskeln einsetzen kann. „Solche Materialien zu erforschen, erfordert allerdings das Knowhow der Materialwissenschaftler“, sagt der Elektroingenieur.

Patent angemeldet

Ihre Erfindung haben die ETH-Ingenieure bereits patentieren lassen. Das grösste kommerzielle Potenzial sehen sie in der Produktion von Displays für Computer oder Fernsehgeräte. Die Technik liesse sich aber auch für die hoch auflösende Mikroskopie nutzen. Auch in diesem Bereich haben sie ein Patent angemeldet. Konkurrenz ist den beiden Forschern bis jetzt noch keine erwachsen. „Ein Grund dafür ist, dass das Prinzip auf bekannten Methoden beruht, sich deshalb das Interesse der Wissenschaft zum Beispiel auf die Arbeit mit Beugungsgittern in den letzten Jahren abgeschwächt hat“, schätzt der Nanotechnologie-Professor.

Footnotes:
(1 Aschwanden, M. & A. Stemmer (2006): Polymeric, electrically tunable diffraction grating based on artificial muscles. Optics Letters, Vol. 31, No. 17


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