ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Science Life
Print-Version Drucken
Publiziert: 08.10.2004 06:00

Turbulenzmessungen im Engadin
Windkanal Engadin

Der Malojawind ist nicht nur bei Surfern beliebt, sondern auch bei Forschern. ETH-Wissenschaftler führten diesen Sommer mit Kollegen aus der Tel Aviv University (TAU) zwischen Silvaplana- und Silsersee eine Messkampagne durch. Die gewonnen Daten sollen helfen, die Mechanismen turbulenter Strömungen besser zu verstehen.

Von Christoph Meier

Die Bedingungen waren perfekt: Strahlendes Spätsommerwetter Anfang September führte dazu, dass der Malojawind praktisch täglich nach dem Mittag über die Oberengadiner Seen zu blasen anfing. Das liess nicht nur die Surferherzen höher schlagen, sondern begeisterte auch die anwesenden ETH- und TAU-Forscher. Was die Wissenschaftler hier vorfanden, war nämlich nichts anderes als ein natürlicher Windkanal.

Bemerkenswert am Malojawind ist neben dem regelmässigen täglichen Auftreten auch seine konstante Stärke von um die 30 Stundenkilometer – eine Grössenordnung, die für die geplanten Messungen bestens passte. Denn das Ziel der ETH- Wissenschaftler und ihrer Kollegen von der Uni Tel Aviv waren Windmessungen bei grossen Reynoldszahlen, also Bedingungen mit starken Turbulenzen. Das zügige Wetter erschien dafür wie aus dem „Laborbuch“.

Doch wie misst man so etwas wie Turbulenz? „Das Prinzip ist ganz einfach“, erläutert Beat Lühti, Postdoktorand bei Professor Kinzelbach am ETH-Institut für Hydromechanik und Wasserwirtschaft (1): „Man hält einen heissen Draht in den Wind, und misst, wie viel Energie nötig ist, damit der Draht immer dieselbe Temperatur aufweist.“ Entsprechend nennt man das Vorgehen auch Hitzdraht-Messung. Davon ausgehend kann man durch räumliche und zeitliche Geschwindigkeits-Ableitungen verschiedene Turbulenzgrössen bestimmen.

Feine Auflösung

Doch so einfach das zugrunde liegende Messprinzip, so diffizil die Ausführung. Die Messsonde besteht nämlich aus einem Stab, an dessen Spitze mit einem Durchmesser von 3 Millimeter 25 Drähte aus Tungsten aufgespannt sind. Die Verteilung der Drähte ermöglicht es, mit einer Auflösung von bis einem Millimeter zu messen. Diese Technologie wurde in über zehnjähriger Arbeit in der Arbeitsgruppe von Professor Arkady Tsinober an der TAU entwickelt. Trotzdem kam es bei den Messungen immer wieder dazu, dass ein einzelner Draht ersetzt werden musste.

Das wiederum bedeutet, dass die Sonde von ihrem in der Höhe verstellbaren, mehrere Meter hohen Kran, an den sie montiert war, heruntergenommen werden musste. Im Messraum musste danach das defekte Drähtchen in stundenlanger Arbeit ersetzt werden.


weitermehr

Keine Zeppelin-Andockstation, sondern eine Installation, um Turbulenzen im Wind zu messen. (Bilder: Beat Lüthi) gross

Jetzt konnte aber nicht einfach wieder gemessen werden, sondern die Sonde musste neu geeicht werden. Das geschah mit einem Gerät, das mit seiner tonnenartigen Form, doch gewisse Ähnlichkeiten mit den in der Gegend bekannten Schneekanonen aufwies.

Reiche Ausbeute der „Zeppelin-Andockstelle“

Doch die erwartet anfälligen Drähte konnten einem Grosserfolg nicht im Wege stehen. „Wir haben in drei Wochen rund 40 gute Versuche durchgeführt. Unter anderen Umständen gelingen in zwei Jahren manchmal nur gut fünf“, erläutert Lüthi. Der ETH-Forscher rechnet damit, dass die gewonnen Daten für mehrere Jahre als Grundlage für Analysen ausreichen werden.

Abgesehen vom reichhaltigen Datenmaterial, was würde der Wissenschaftler als nächstes messen? Lühti dazu: „Als nächstes sollte man an zwei Punkten oder noch mehr messen, um auch die räumlichen Strukturen im Wind zu verstehen.“

Wenn der ETH-Forscher dann für diese Messungen wieder ins Oberengadin geht, wird die betroffene Gemeinde auch kaum mehr Bedenken haben, dass hier Abklärungen für Windgeneratoren statt finden. Spannend dürfte sein, ob die Touristen am Ort bei der Messanlage erneut auf Ideen kommen wie die, dass hier sicher eine Andockstelle für Zeppeline sei.

Forscher verfolgen im Messwagen die Turbulenzmessungen. gross


Fussnoten:
(1) Institut für Hydrodynamik und Wasserwirtschaft: www.ihw.ethz.ch/



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!