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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 24.02.2004 06:00

ETH-Wissenschafter: dem Zink auf der Spur
Unedel

Modernes Leben ist ohne Zink undenkbar, schreibt die International Zinc Association. Das Metall wird vielfältig und in grossen Mengen eingesetzt. Doch was passiert, wenn es in zu hohen Konzentrationen in die Umwelt gelangt? Wissenschafter des ETH-Institutes für Terrestrische Ökologie untersuchen das Verhalten des Metalls in Böden.

Von Michael Breu

Bläulich-grau ist es, unedel, wenig beständig und alles andere als hart: Das Übergangsmetall Zink besticht nicht durch Besonderheiten. Nicht einmal durch sein Vorkommen; mit 0,007 Prozent Anteil in der Erdkruste ist es so selten wie Nickel. Und trotzdem ist Zink ein Metall von grosser Bedeutung: „Modernes Leben ist ohne Zink undenkbar“, findet die International Zinc Association mit Hauptsitz in Brüssel (1). Rund sieben Millionen Tonnen werden aus Zinkblende oder Zinkspat herausgelöst und aufbereitet. Die Mineralien – vorwiegend Zinksulfid und Zinkcarbonat – werden in den Vereinigten Staaten, den GUS-Ländern, Kanada und China gewonnen, sowie in Frankreich, Belgien und Polen. Verwendet wird Zink als Korrosionsschutz, zusammen mit Kupfer als Legierungsmetall Messing, in der Zink-Kohle-Batterie oder in Form des Oxids in Kosmetika. „Zink ist ausserdem ein essentielles Element, das unentbehrlich für die Gesundheit des Menschen und aller lebenden Organismen ist“, schreibt die International Zinc Association auf ihrer Homepage; der Tagesbedarf eines Erwachsenen liegt bei 15 Milligramm.

Die Advanced Light Source am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien: Anfang Februar massen die ETH-Forscher hier die Verteilung von Zink in Bodenproben. Bild: ITO gross

Zwar ist in den meisten Regionen der Welt eher Zinkmangel ein Problem, hielt die Weltgesundheitsorganisation im Rahmen des Internationalen Programmes für chemische Sicherheit kürzlich fest. Dennoch muss der Fokus auch auf das Zuviel gelegt werden. Hohe Zink-Konzentrationen im Boden wurden in der Schweiz bereits an mehreren Orten gemessen – vor allem dort, wo Metalle verarbeitet wurden und werden. Auch in anderen Ländern gibt es Böden, die mit Zink und anderen Schwermetallen stark belastet sind. In zu hohen Konzentrationen kann Zink toxisch für Pflanzen oder Bodenorganismen sein und die Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigen.

ETH-Oberassistent Andreas Voegelin überwacht die Arbeiten an der Beamline 10.3.2 in Berkeley. Bild: ITO gross

Doch was passiert langfristig mit dem Zink im Boden? Wird es langsam in neu gebildete Mineralien eingebaut? Wird es in den Untergrund ausgewaschen? Oder wird es vermehrt von Pflanzen aufgenommen? Solche Fragen stellen sich Forscher des ETH-Institutes für Terrestrische Ökologie (2). Das Team um den Bodenchemiker Ruben Kretzschmar untersucht das Verhalten von Schwermetallen in Böden. Neben Nickel, Kobalt, Kadmium, Blei, Antimon und Arsen interessieren sich die Wissenschafter auch für Zink; erst kürzlich haben sie über ihre Arbeiten im Fachmagazin „Environmental Science & Technology“ berichtet (3). „Wir versuchen herauszufinden, ob und unter welchen Bedingungen Zink in neue Bodenmineralien eingebaut und dadurch immobilisiert wird“, sagt Ruben Kretzschmar. Um dies herauszufinden, kombinieren die Schlieremer Forscher Labor- und Feldexperimente mit spektroskopischen Untersuchungen an Bodenproben.

Doch zuerst müssen die Proben gesammelt werden. An einem mehrjährigen Feldversuch der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), in dem das Verhalten von Schwermetallen im System Boden-Mikroorganismen-Pflanze untersucht wird, beteiligen sich auch die ETH-Wissenschafter aus Schlieren.


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Upton im US-Bundesstaat New York: Hier am Brookhaven National Laboratory untersucht das Team um ETH-Professor Ruben Kretzschmar Bodenproben. Bild: NSLS gross

In diesem Modell-Ökosystem untersuchen die Forscher, wie das Zink aus dem Filterstaub eines Buntmetallwerkes, mit dem der Boden verschmutzt wurde, während drei Jahren in bodeneigene Bindungsformen überführt wird. In Laborexperimenten haben die Forscher bereits gezeigt, dass Zink zusammen mit Aluminium im Boden neue Mineralien bilden kann (3). Ob und wie schnell sich neue, zinkhaltige Mineralien auch unter Feldbedingungen bilden, ist sich Ruben Kretzschmar jedoch nicht sicher. Aber es gibt erste Hinweise: Nach sieben Monaten konnten die Oberassistenten Andreas Voegelin und Andreas Scheinost sowie die Doktorandin Sabina Pfister auch im Feldboden neue Mineralien identifizieren, die denen aus dem Laborexperiment sehr ähnlich sind. Die Konsequenz für die Ökologie: Zink wird in dieser Form weniger leicht ausgewaschen oder von Pflanzen aufgenommen. Die Arbeiten der ETH-Forscher sind deshalb auch ein wichtiger Beitrag zur Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Ökologie.

ETH-Doktorandin Sabina Pfister im Labor: Vier Tage Strahlzeit haben die Forscher in Kalifornien gebucht. Bild: ITO gross

Nun wollen Ruben Kretzschmar und sein Oberassistent Andreas Voegelin im Rahmen eines durch den Schweizerischen Nationalfonds geförderten Projektes die Bodenchemie unter alten Hochspannungsleitungen untersuchen. Die Träger von Hochspannungsleitungen werden verzinkt um sie vor Korrosion zu schützen. Heute weisen die Böden unter alten Hochspannungsmasten sehr stark erhöhte Gehalte an Zink und Cadmium auf. „Eine alte Hochspannungsleitung“, sagt Ruben Kretzschmar, „ist daher für uns ein ideales Feldexperiment, an dem wir das Langzeitverhalten von Zink und Cadmium in verschiedenen Böden quer durch die Schweiz studieren können.“


Die Methoden

(mib) „Versuche mit chromatographischen Bodensäulen stellen für uns eine Schlüsseltechnik dar, schreibt ETH-Oberassistent Andreas Voegelin im Newsletter „Science Highlights“ des Brookhaven National Laboratory in Upton, New York (4). „Die Grundidee ist, eine Säule mit Erde zu bepacken und diese dann über einen längeren Zeitraum mit einer stark verdünnten Lösung aus Kobalt, Nickel, Zink oder Cadmium zu durchspülen. Am Ende dieser 'Ladungsperiode' können wir die chemischen Bindungsformen der Schwermetalle untersuchen, die im Boden festgehalten wurden.“

Einerseits kann das Lösungsverhalten studiert werden. So lässt sich feststellen, wie leicht die Schwermetalle mobilisiert und ins Grundwasser ausgewaschen werden können. Andererseits kann der Boden mit spektroskopischen Methoden untersucht werden. Das gibt Aufschluss über die chemischen Bindungsformen der Metalle im Boden. Neu gebildete Zinkmineralien lassen sich so identifizieren.

Die wichtigste Methode für die Untersuchung der Bindungsformen von Metallen im Boden ist die Röntgenabsorptionspektroskopie, kurz XAFS genannt. Dazu braucht man sehr intensive Röntgenstrahlung mit ganz bestimmten Wellenlängen. Solche Strahlung liefert ein so genanntes Synchrotron, ein Teilchenbeschleuniger in dem Elektronen fast bis auf Lichtgeschwindigkeit gebracht und dann in einer Kreisbahn gehalten werden. Die XAFS Spektroskopie liefert den Forschern wichtige Informationen über den Redoxzustand und die Atomabstände der Metalle zu anderen Elementen im Boden. Daraus lassen sich die Bindungsformen ableiten und neu gebildete Mineralien identifizieren. Noch müssen Ruben Kretzschmar und sein Team an die National Synchrotron Light Source (NSLS) am Brookhaven National Laboratory und an die Advanced Light Source (ALS) in Berkeley gehen, um ihre Experimente durchzuführen. Allerdings könnte sich das bald ändern, hofft Ruben Kretzschmar: „An der Swiss Light Source (SLS) in Villigen wird derzeit eine neue XAFS Beamline aufgebaut, an der wir in Zukunft einen Teil unserer Experimente durchführen wollen“.




Fussnoten:
(1) International Zinc Association: www.iza.com/
(2) Institut für Terrestrische Ökologie, Bodenchemie: www.ito.umnw.ethz.ch/SoilChem/
(3) Slow Formation and Dissolution of Zn Precipitates in Soil: A Combined Column-Transport and XAFS Study, Environmental Science & Technology, 2002, 36: 3749-3754; Combining Selective Sequential Extractions, X-ray Absorption Spectroscopy, and Principal Component Analysis for Quantitative Zinc Speciation in Soil, Environmental Science & Technology, 2002, 36: 5021-5028.
(4) National Synchrotron Light Source, Brookhaven National Laboratory: http://www.nsls.bnl.gov



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