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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 29.01.2001 06:00

Ocean Drilling mit der ETH: Woche 3
Viel Hektik und ein Sportunfall

Eine Geologin hat sich im Kraftraum verletzt und muss daher per Helikopter ausgeflogen werden. Sport ist auch auf einer Bohrinsel wichtig - und anscheinend nicht ungefährlich. Im Bauch der Bohrinsel arbeiten die Wissenschaftler in 12-Stunden-Schichten an der Untersuchung der Bohrkerne. Treffen viele Proben schnell nacheinander ein, so entsteht Hektik bei den Analysen.

Von Flavio Anselmetti

Wir sind in Woche drei: und schon wieder können wir einen Helikopter beim Landen bewundern - nur ist es diesmal jemand von "uns", d.h. eine Geologin, die an die Küste geflogen wird. Sie hat sich im Kraftraum verletzt und muss in einem australischen Spital operiert werden. Die Stimmung ist deshalb sehr gedämpft, als der Helikopter mit ihr abhebt, denn sie wird nicht zurück aufs Schiff kommen können. Dennoch bleibt für die meisten der tägliche Besuch im Kraftraum auf dem Programm, irgendwie muss man sich ja auch sportlich bewegen können. Entweder kann man Runden auf dem Helideck drehen (1 Runde = 63 Meter, am besten nicht alle in der gleichen Richtung), oder man geht eben in den Kraftraum. Ganz tief im Rumpf des Schiffes, quält man sich an einer der zahlreichen Maschinen. Mit vollaufgedrehter CD-Anlage ist das übrigens auch die beste Methode, irgendwelche Frustrationen wegzuschwitzen, nur sollte man sich dabei nicht grad die Knochen brechen.

Anselmetti
Die Sedimentologen beschreiben die halbierten Bohrkerne im Labor.

Bis in 550 Meter Tiefe gebohrt

Bisher bohrten wir hier auf dem Marion Plateau an drei Stellen bis zu einer Tiefe von 550 Metern unter dem Meeresboden. Die sedimentologischen, physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften dieser Sedimente sind unsere Archive, mit denen wir die vergangenen Umweltbedingungen rekonstruieren wollen. Als Geologen auf dem Schiff ist es unsere Aufgabe, die Kerne sehr genau zu analysieren, um so die Vergangenheit des Marion Plateaus möglichst genau zu verstehen. Einmal an Bord, durchlaufen die Bohrkerne einen richtigen Analysenmarathon: Zuerst werden sie sofort von den Geochemikern untersucht, um sicher zu gehen, dass keine gefährlichen Gas- oder Ölvorkommen unsere Bohrarbeit bedrohen, denn die JOIDES RESOLUTION ist nicht für solche Operationen ausgerüstet. Anschliessend werden die Kerne, etwa 6 cm im Durchmesser, physikalisch gemessen (z. B. Dichte, Schallgeschwindigkeit) und dann der Länge nach halbiert. Die eine Hälfte geht ins Archiv und darf nicht verändert werden, während die andere Hälfte für weitere multidisziplinäre Analysen beprobt wird.


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Anselmetti
Der Kraftraum im Rumpf des Schiffes ist einer der wenigen Raeume an Bord ohne Klimaanlage.

Ökologie des damaligen Meeres wird bestimmt

Die Sedimentologen beschreiben die Ablagerungen sehr genau und versuchen Rückschlüsse auf die damaligen Ablagerungsbedingungen zu ziehen. Die Palaeontologen untersuchen die vorkommenden Fossilen, um das Alter der Sedimente und die Ökologie des damaligen Meeres zu bestimmen. Das Alter kann auch durch unser Paleomagnetik-Team bestimmt werden, das die Sedimentmagnetisierung misst. Damit können Zeitabschnitte in der Ablagerungsgeschichte erkannt werden, während denen das Erdmagnetfeld umgekehrt polarisiert war. Die Geochemiker analysieren dann die inorganischen und die organischen Bestandteile, sowie die Porenwässer. Damit lassen sich die Zusammensetzung und die späteren Veränderungen der Sedimente rekonstruieren, ein wichtiger Datensatz um die Fluidzirkulation im Meeresboden zu verstehen. Weitere physikalische Daten, die direkt an den Bohrkernen durch das "Physical Properties" Team oder, nach den Bohrarbeiten im offenen Bohrloch, durch das "Downhole Logging" Team durchgeführt werden, geben uns weitere Kennwerte. Wir brauchen diese Daten unter anderem, um die während der Voruntersuchungen gesammelten seismischen Profile zu kalibrieren. Mit diesen seismischen Profilen kann man bereits vor dem Bohren einen Einblick in den Untergrund erhalten und Bohrprognosen erstellen - ich werde in einem der nächsten Logbucheinträge genauer darüber berichten.

12-Stunden-Schichten und manchmal viel Hektik

Alle diese Messungen werden also rund um die Uhr durchgeführt. Die jeweils 9.5 Meter langen Kerne können dabei sehr schnell hintereinander an Bord kommen. In seichten unverfestigten Schichten vergeht kaum eine halbe Stunde, und schon sind die nächsten 9.5 Meter Sediment an Bord. So gibt es am Anfang eines neuen Bohrloches immer einen Stau im Labor, weil die Messstationen und die daran arbeitenden Wissenschaftler in ihren 12-Stunden Schichten den Andrang einfach nicht mehr bewältigen können. Dabei kommt es dann auch hin und wieder zu Stresssituationen, Panikanfällen, Überstunden und eben dem notwendigen Dampfablassen im Kraftraum (siehe oben).




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