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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 06.02.2001 06:00

Ocean Drilling mit ETH-Beteiligung - Woche vier
Gletscherforschung in den Tropen

In der vierten Woche, die ETH-Geologe Flavio Anselmetti als wissenschaftlicher Leiter auf dem Bohrschiff "Joides Resolution" vor der australischen Küste verbringt, schildert er uns die Arbeit des paläontologischen Labors an Bord. Dort werden aus miskroskopisch kleinen Fossilien Rückschlüsse auf die Umweltbedingungen von vor Millionen von Jahren gezogen.

Von Flavio Anselmetti

Letzte Woche habe ich beschrieben, wie die Bohrkerne an Bord durch die verschiedenen Labors gereicht werden. In dieser Woche möchte ich eine dieser Stationen, das Paläontologielabor und seine Belegschaft, genauer vorstellen. Paläontologen untersuchen Fossilien in den Sedimenten, sie versuchen Überreste von Schalen oder Organismen zu finden und zu bestimmen, die vor vielen Millionen Jahren auf dem Meeeresboden abgelagert wurden. Das Ziel ist einerseits, das Alter der Sedimente zu bestimmen. Andererseits können sie aber auch die damaligen Umweltbedingungen rekonstruieren. Für die Altersbestimmung müssen sie also Fossilien finden, die in einer bestimmten Zeitperiode gelebt haben.

Detektive am Werk

Einer Detektivarbeit gleich, wird so das Sediment untersucht, um die wichtigen Arten zu finden - oder eben gerade nicht zu finden, denn wenn sie plötzlich fehlen, kann das eben heissen, dass der Zeitpunkt des Aussterbens erreicht ist. Man kann sich vorstellen, dass die Wahrscheinlichkeit klein ist, ein Fossil in der Grösse und der Verteilung eines Dinosauriers mit einem Bohrkern von 6 cm Durchmesser zu treffen.

Duennschliff aus einem Bohrkern
Mikroskopaufnahme einer Dünnschliffprobe aus einer der Bohrungen (etwa 30 Mikron dick; 4 mm breit). Man kann zahlreiche Mikrofossilien erkennen, darunter planktonische Foraminiferen (rund) und am Boden lebende (benthische) Foraminiferen (oben rechts) gross

Deshalb brauchen wir vor allem Mikrofossilien, weil diese weit verbreitet sind und in einem Bohrkern in zigtausendfacher Menge gefunden werden können. Bei uns auf dem Schiff untersucht Wuchang Wei aus San Diego die wenige Mikron grossen Nannofossilien. Mit etwas grösseren Mikrofossilien (immer noch unter 1 mm Durchmesser) arbeiten Duncan Stewart aus Bristol und Mike Howell aus South Carolina. Sie suchen nach den Überresten von winzigen einzelligen planktonischen Foraminiferen, die in der Wassersäule leben und eine Kalkschale bilden. Wie die Nannofossilien, sinken sie nach dem Absterben in der Wassersäule ab und lagern sich im Sediment ein.

Grosse Erkenntisse aus kleinsten Quellen

Analog dazu sucht Pamela Hallock Muller aus Florida nach denjenigen Foraminiferen, die auf oder im Meeresboden leben und über 1 cm gross werden können. Diese haben auch den Vorteil, dass man durch sie die Umweltfaktoren wie Wassertiefe rekonstruieren kann. Die planktonischen Foraminiferen, die in den obersten Wasserschichten leben, zeichnen dafür durch die Sauerstoffisotopenzusammensetzung ihrer Schalen zum Beispiel die Temperatur oder die den Salzgehalt des Oberflächenwassers auf. Diese Sauerstoffisotopen der Kalkschalen dokumentieren übrigens auch die Abfolge der Eiszeiten, weil sich während den kälteren Perioden das Isotopenverhältnis des Wassers ändert.


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Aussenansicht der "Joides Resolution"
Die "Joides Resolution" bei der Bohrarbeit auf ruhiger See. gross

So sind wir hier also in einem tropischen Meer fernab von irgendwelchen Gletschern und Gebirgen - und können dennoch die vergangenen Eiszeiten erforschen. Womit wir bei einem der zentrslen Themen unseres Projektes angelangt sind: den vergangenen Meeresspiegelschwankungen. Denn der Meeresspiegel war während den Eiszeiten wesentlich tiefer, weil viel Eis auf den Polkappen gebildet wurde.

Zurück zum Tauschhandel

Eigentlich können wir hier zwei Monate das Schiff nicht verlassen und haben so nie die Möglichkeit, die "Joides Resolution" von aussen zu sehen. - wenn es nicht ein kleines Schlauchboot auf dem Schiff gäbe, das bei ruhigem Wetter für eine einmalige Fotofahrt mit dem Kran ins Wasser gehievt werden kann. Vorgestern war ein ein extrem ruhiger Tag fast ohne Wellen; so wurde also entschieden, das Schlauchboot einzuwassern, und mir wäre da eigentlich ein Platz zugestande. Nun, da ich im Rahmen meiner ETH Forschungsarbeit häufig in Schlauchbooten unterwegs bin, war ich nicht speziell scharf auf dieses Erlebnis, und Schwimmen darf man dabei sowieso nicht. Meine Kollegen hingegen brauchten unbedingt eine Abwechslung, und wenn es nur eine zehn Minuten dauernde Schlauchbootfahrt ist.

Paldontologisches Labor
Das Paläontologen-Team im Labor (v.r.n.l.): Pamela Hallock Muller, Duncan Stewart, Wuchang Wei und Mike Howell. gross

Ich glaube sie werden es mir nicht verübeln, dass ich ein kleines Geschäft daraus machte, und meinen Platz so teuer wie möglich verkauft habe - natürlich nicht für Geld, weil das hier auf dem Schiff überhaupt keine Bedeutung hat, sondern gegen köstliche Naturalien, die ich hier aber nicht genauerr beschreiben kann. Kurzum, ich kann darum heute ein Bild mitsenden, das eine Aussenansicht unseres Bohrschiffes zeigt, auch wenn ich es nicht selber aufgenommen habe.


Literaturhinweise:
Weitere Logbucheinträge von der "Joides Resolution": www.ethlife.ethz.ch/tages/show/ODPAnselmettiLog1.html
www.ethlife.ethz.ch/tages/show/Anselmetti3.html
www.ethlife.ethz.ch/tages/show/AnselmettizweiterUp.html
Weiterer Bericht über das Ocean Drilling Program: www.ethlife.ethz.ch/portraet/show/ETHaufSee.html
Homepage des ODP: http://www-odp.tamu.edu



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