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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 26.03.2002 06:00

AGS-Meeting in Costa Rica
Flugtickets fürs gute Gewissen

An der vergangene Woche abgehaltenen AGS-Konferenz in Costa Rica verkaufen ETH-Studierende die ersten CliPP-Flugtickets, mit deren Erlös nachhaltige Klimaprojekte gefördert werden sollen. Eine Idee, die sie auch Schweizer Reisebüros schmackhaft machen wollen. Die sind aber noch skeptisch.

Von Richard Brogle

Von den vier technischen Universitäten ETH, MIT, Chalsmers und Tokyo-University trafen sich letzte Woche Studierende, Doktorierende und Lehrkräfte in Costa Rica zum jährlichen Treffen der AGS (Alliance of Global Sustainability)(1). Alle sind sie von Japan, den USA, von Schweden oder der Schweiz nach Costa Rica geflogen und haben zusammen grosse Mengen an Flugbenzin verbraucht. - Nicht gerade nachhaltig, berücksichtigt man den Treibhauseffekt.

Idee aus der ETH-Küche

Das wurde auch den Studierenden an ihrem Kongress klar, der im Umfeld der Hauptveranstaltung stattgefunden hat. In einem Workshop versuchten die ETH-Studierenden andere Studenten zu überzeugen, sogenannte CLiPP-Flugtickets (Climate Protection Partnership) zu verkaufen, mit deren Erlös nachhaltige Klimaprojekte gefördert werden sollen. Sabine Perch-Nielsen, Umweltnaturwissenschaftsstudentin an der ETH, meint dazu: "Die CLiPP-Tickets sind ein echter Service für den Kunden, sie füllen eine Marktlücke. Das Projekt macht mir vor allem Spass, weil es eine praktische Umsetzung der Idee der Internalisierung der externen Kosten ist."

olaf kuebler
ETH-Präsident Olaf Kübler liess sich in Costa Rica nicht zweimal bitten: er kaufte sich ein CLiPP-Ticket gross

Freiwillige Steuer aufs Fliegen

Das CLiPP-Projekt geht davon aus, dass der Flugverkehr mit Aufrufen zum freiwilligen Verzicht kaum eingeschränkt werden kann und dass die technischen Möglichkeiten zur Verminderung des Schadstoffausstosses weitgehend ausgeschöpft sind. Internationale Verbote und Einschränkungen schlossen die Studierenden aus, da diese auf internationaler Ebene nur in jahrelangen zähen Verhandlungen erreicht werden könnten. Was bleibt? Technische Verbesserungen zur Reduktion von fossilen Brennstoffen in flugfremden Gebieten.


Alliance for Global Sustainability

Die Alliance for Global Sustainability (AGS) ist eine Forschungskooperation des MIT, der Chalmers-Universität Göteborg, der Tokyo-Universität und der ETH Zürich. Die AGS hat sich zum Ziel gesetzt, durch Forschung auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit zusammen mit Wirtschaft und Gesellschaft die globalen Umweltprobleme zu lösen.

Höhepunkte des diesjährigen Treffens an der Business-Universität INCAE in Costa Rica vergangene Woche waren die Rede des ehemaligen costaricanischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträgers Oscar Arias (vgl. ETH-Life-Bericht vom 25. 3. 2002) sowie die Gründung der lateinamerikanischen und spanischen Forschungsallianz ALUDES, in der sich 27 Universitäten aus 18 Ländern zusammenschlossen.




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clipp praesentation
ETH-Studenten diskutieren am AGS-Kongress in Costa Rica über CliPP-Flugtickets, mit deren Erlös nachhaltige Klimaprojekte gefördert werden sollen. gross

Mit der Schützenhilfe von Roger Baud, Schweizer AGS-Chef, und Walter Ernst, CLiPP-Mitbegründer, erarbeiteten die ETH-Studierenden die Idee, die Flugstunde pro Passagier auf freiwilliger Basis zu besteuern. Der Erlös soll in Projekte fliessen, die den Umstieg von fossilen in nachhaltige Energieformen fördern. Mit anderen Worten: Wenn das Fliegen nicht verboten oder technisch erheblich verbessert werden kann, soll mit einer Lenkungsabgabe auf jede Flugstunde die Nachhaltigkeit in Bereichen verbessert werden, wo dies viel leichter zu erreichen ist.

Die Studentinnen und Studenten evaluierten verschiedene nachhaltige Projekte. Eines der Projekte ist ein Warmwasserprojekt für die Gastuniversität INCAE. Bis jetzt wird das Warmwasser mit fossilen Brennstoffen erzeugt. Dies soll in Zukunft teilweise mit Sonnenkollektoren geschehen, was aber höhere Anfangsinvestitionen mit sich bringt. Diese soll der CLiPP-Fond bereitstellen. Die Studierenden diskutierten darüber, ob die INCAE einen Teil der durch die Sonnenkollektoren eingesparten Energiekosten für neue Projekte zur Verfügung stellen muss. Damit würde einmal investiertes Geld stets weitere Projekte fördern. Ein Beschluss wird am Ende der Tagung gefällt, wenn fest steht, wie viel Geld zusammen gekommen ist.

Umstrittene Schadstoffauswirkung

Die Flugticket-Abgaben einer bestimmten Person sind so berechnet, dass sie im Falle des Wasserkollektorenprojekts die Installationskosten der Kollektoren decken, die während ihrer Lebensdauer gerade diejenige Menge an fossilen Brennstoffen einsparen, die während des Fluges verbraucht werden. Da die Schadstoffe in grosser Höhe emittiert werden und dort mehr schaden, muss ein Korrekturfaktor einberechnet werden. Im Vorfeld der Präsentation zeigte sich, dass die Höhe des Faktors von Experten umstritten ist. Man einigte sich am Ende auf einen Faktor 1,5. Bei einem Flug von Zürich nach Costa Rica und zurück werden rund 3,8 Tonnen Kohlendioxid pro Person emittiert. Ein CLiPP-Flugticket für diese 31 Flugstunden kostet 171 US-Dollar. Studierende zahlen nur die Hälfte, da Sponsoren sich bereit erklärt haben, den Studierendenbeitrag zu verdoppeln.

Ferienreisen: riesiger Energieverbrauch

Die CLiPP-Flugtickets wurden nun zum ersten Mal am AGS-Kongress angeboten. Geplant ist auch ein Verkauf in den Reisebüros. Ökobilanzen haben gezeigt, dass die jährliche Ferienreise mit dem Flugzeug bei Herrn und Frau Schweizer einen grossen Posten beim Energieverbrauch darstellt. Gemäss einer Nationalfondsstudie (2) wird bereits rund ein Viertel der Verkehrsenergie durch Flugreisen verbraucht. Um das schlechte Gewissen etwas zu beruhigen, können die Reisenden vielleicht in Zukunft im Reisebüro ein CLiPP-Flugticket kaufen.

Reisebüros wenig begeistert

Bereits wurden Gespräche mit Hotelplan und SSR (neu STA) geführt. Trotz der geplanten Marge von 12 bis 15 Prozent ist man dort skeptisch. Hotelplan erachtet eine nachhaltige Entwicklung zwar auch im Luftverkehr als begrüssenswert, Kohlendioxid-Kompensationsmassnahmen wurden aber bisher nicht eingeführt. Christian Brogli, Umweltbeauftragter bei Hotelplan: "Die Erfolgsaussichten für den Verkauf von Umweltzertifikaten, wie sie CLiPP vorsieht, sind unserer Meinung nach noch fraglich. Es wurde beschlossen, das Projekt reifen zu lassen und noch zuzuwarten." Dazu meint Walter Ernst: "Es ist schade, dass die Reisebranche die Chance nicht wahrnimmt, ein ökologisches Studenten-Produkt zu verkaufen."


Literaturhinweise:
CLiPP Homepage: www.clipp.org
Homepage des "Sustainable Mobility Project" (WBC und MIT): www.wbcsdmobility.org
Hotelplan Umweltbericht 2000: www.hotelplan.ch/umwelt

Fussnoten:
(1) Vergleichen Sie den ETH-Life-Bericht von gestern Montag zur Rede von Nobelpreisträger Oscar Arias an der selben Konferenz:
(2) Y. Kaufmann et al.; Luftverkehr - eine wachsende Herausforderung für die Umwelt. Materialienband M25.



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