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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 29.03.2007 06:01

Stabsübergabe am Centro Stefano Franscini
"Der Austausch steht im Vordergrund"

Am 5. April übergibt Hannes Flühler, Direktor des Centro Stefano Franscini auf dem Monte Verità bei Ascona, die Geschäfte an seinen Nachfolger Paolo Ermanni. Im Gespräch mit ETH Life erklärt er, warum es sich für die ETH auszahlt, im Tessin ein Konferenzzentrum zu betreiben.

Interview Felix Würsten

Herr Flühler, Sie wurden 1995 als Nachfolger von Konrad Osterwalder zum zweiten Direktor des Centro Stefano Franscini (CSF) (1) ernannt. Wie kamen Sie zu diesem Amt?

Ich hatte von Beginn weg gute Beziehungen zum CSF. Als die ETH 1989 zusammen mit dem Kanton Tessin die Stiftung Monte Verità gründete, wurden Leute gesucht, die innerhalb weniger Monate einen Workshop in Ascona organisieren konnten. Ich führte dann auf dem Monte Verità den allerersten Workshop durch – er fand sogar noch vor der offiziellen Eröffnung statt. In den folgenden Jahren organisierte ich noch zwei Konferenzen in Ascona. Als Konrad Osterwalder zum Rektor gewählt wurde, fragte er mich, ob ich das Amt des Direktors übernehmen würde. Er versprach mir damals, dass sich die zeitliche Belastung in Grenzen halten würde.

Und war das tatsächlich so?

Am Anfang nicht. (lacht) Aber inzwischen hat sich das sehr gut eingespielt. Karin Mellini, die Geschäftsführerin des CSF hier in Zürich, sowie Claudia Lafranchi und Liliana Cantoreggi in Ascona arbeiten sehr gut zusammen und haben ihre Aufgaben klar organisiert. Das ist gar nicht so einfach, nicht nur wegen der räumlichen Distanz. Wir arbeiten mit ganz unterschiedlichen Organisatoren von Konferenzen zusammen, und da braucht es eine saubere Kommunikation.

Dieses Jahr stehen 25 Konferenzen auf der Programmliste. Könnte das CSF auch mehr Veranstaltungen durchführen?

Die ETH hat sich verpflichtet, pro Jahr zwischen 15 und 20 Workshops durchzuführen. Gegenwärtig sind es etwas mehr, doch eine weitere Steigerung ist kaum noch möglich. Limitierend sind die finanziellen Mittel. Das CSF will auf dem Monte Verità Workshops auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau durchführen. Damit es als Plattform attraktiv bleibt, bietet das CSF den Organisatoren finanzielle Unterstützung an. Und je mehr Workshops durchgeführt werden, desto weniger Geld steht für den einzelnen Anlass zur Verfügung. Dazu kommen personelle Limiten. Mit 25 Workshops ist das Team des CSF ausgelastet.

Und wie sieht es mit der Nachfrage aus?

Für das Jahr 2008 wurden 37 Gesuche eingereicht; davon wurden 22 bewilligt.

Auf Grund welcher Kriterien?

Massgebend ist die wissenschaftliche Qualität. Das CSF hat einen Beirat, der sich aus verschiedenen Fachgebieten zusammensetzt. Wer einen Kongress durchführen möchte, muss ein Gesuch einreichen, das durch den Beirat begutachtet wird. Offiziell entscheidet dann der Direktor, ob ein Gesuch genehmigt wird oder nicht. Ich habe mich aber in meiner Amtszeit nie über die Empfehlung des Beirats hinweggesetzt.

Was ist denn die Motivation für einen Forscher, am CSF einen Workshop durchzuführen?

Wer auf dem Monte Verità eine fünftägige Konferenz organisiert, erhält eine grosszügige finanzielle Unterstützung. Damit können die Organisatoren beispielsweise Spitzenleute für keynote lectures einladen. Sie können aber auch eine Exkursion durchführen oder Stipendien für junge Wissenschaftler ausrichten. Grundsätzlich ist es den Organisatoren überlassen, wie sie die Gelder einsetzen.

Reizt nicht auch die Möglichkeit, sich vom hektischen Alltagsgeschäft abzusetzen und an einem schönen Ort für eine Woche in Ruhe mit anderen Fachkollegen zu diskutieren?

Ja sicher, das ist genau die Idee hinter dem CSF. In fünf Tagen lernen sich die Leute viel besser kennen als in zwei oder drei Tagen. Und die Erfahrung zeigt, dass sich genau aus solchen Kontakten fruchtbare Beziehungen für die Wissenschaft ergeben. Allerdings wird es zunehmend schwierig, Spitzenleute für fünf Tage zu gewinnen. Deshalb haben wir auch schon viertägige Konferenzen bewilligt.


Das Centro Stefano Franscini

Das Centro Stefano Franscini ist das internationale Konferenzzentrum der ETH Zürich im Tessin. Auf dem Monte Verità bei Ascona finden jedes Jahr zwischen 20 und 25 hochkarätige Konferenzen und Workshops statt, die in der Regel fünf Tage dauern. Seit der Gründung im Jahre 1989 wurden 358 Konferenzen durchgeführt, die von etwa 18'000 Forschern aus aller Welt besucht wurden. Neben den wissenschaftlichen CSF-Konferenzen finden auf dem Monte Verità auch andere Veranstaltungen statt, welche durch die Fondazione Monte Verità betreut werden. Geleitet wird das CSF seit 1995 von Hannes Flühler, Professor für Bodenphysik an der ETH. Am 5. April übergibt er nun sein Amt an Paolo Ermanni. Der gebürtige Tessiner ist Professor für Strukturtechnologien am Institut für mechanische Systeme an der ETH.




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In diesen architektonisch wertvollen Gebäuden auf dem Monte Verità bei Ascona finden die Konferenzen des CSF statt. (Bild: CSF) gross

Müssen die Organisatoren vor oder nach der Konferenz einen Tagungsbericht herausgeben?

Nein, das müssen sie ausdrücklich nicht, aber es ist ihnen natürlich freigestellt, etwas zu publizieren. Die Inhalte einzelner Tagungen wurden in Bücher dokumentiert, andere erschienen als Serie von Publikation in internationalen Zeitschriften und wieder andere wurden in einem Band von Abstracts festgehalten. Meiner Ansicht nach sollte man an diesen Workshops auch mal einen Vortrag halten können, der nicht zu einem Paper verwertet werden muss. Der Austausch steht im Vordergrund, nicht ein Produkt.

Woher stammen eigentlich die Mittel des CSF?

Unsere Mittel stammen zum grössten Teil aus dem Forschungsbudget der ETH Zürich. Die ETH steuert, ohne Personalkosten, 600'000 Franken bei; weitere 140'000 Franken kommen aus anderen Quellen, in erster Linie vom Schweizerischen Nationalfonds. Auch die EPF Lausanne und die Schweiz. Akademie der Naturwissenschaften leisten einen Beitrag.

Stösst diese einseitige Finanzierung nicht auf Kritik?

Vor etwa 10 Jahren monierten einige Parlamentarier, es sei nicht die Aufgabe der ETH, Forschungsförderung zu betreiben, da auch Forscher von anderen Hochschulen auf dem Monte Verità Konferenzen organisieren können. Diese Kritik konnten wir inzwischen entkräften. Intern gibt es kaum negative Stimmen – viele ETH-Professoren haben ja selbst schon positive Erfahrungen auf dem Monta Verità gemacht. Ich persönlich bin überzeugt, dass wir mit dem investierten Geld sehr viel für die Wissenschaft an der ETH herausholen, insbesondere auch für die jüngere Generation.

Könnte man das CSF nicht als Profitcenter betreiben?

Diese Idee wurde schon geäussert, aber ich bin skeptisch, ob sie funktionieren würde. Wenn das CSF keine Subsidien verteilen kann, ist es nicht mehr so attraktiv – es gibt noch X andere Orte, wo man einen Workshop durchführen kann.

Am 5. April übergeben Sie ihr Amt an Paolo Ermanni. Ist es ein Zufall, dass er ein Tessiner ist?

Das war nicht das massgebende Kriterium bei seiner Wahl. Aber es ist natürlich durchaus von Vorteil, wenn der Exponent des CSF lokal verwurzelt ist, allein schon aus sprachlichen Gründen. Sie müssen bedenken, dass die Achse Tessin – Politecnico immer noch wichtig ist. Das CSF ist ein Element, das diese Verbindung stärkt.

Wie wird denn das CSF von der lokalen Bevölkerung wahrgenommen?

Anfänglich gab es Stimmen, der Monte Verità werde sozusagen entweiht, wenn dort wissenschaftlich-technische Konferenzen durchgeführt werden. Deshalb bemühten wir uns von Anfang an, die Tessiner Bevölkerung einzubinden. Wir beteiligen uns auch aktiv an der Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung Monte Verità. Inzwischen hat sich das Verhältnis entspannt. Gerade die kulturellen Veranstaltungen, die "Racconti al Monte" finden regen Zuspruch. In diesem Programm sind auch unsere regionalen PR-Aktionen eingebettet.

Die ETH hat noch ein zweites Seminarzentrum in der Südschweiz, die Villa Garbald im Bergell. Gibt es eine Zusammenarbeit mit dem CSF?

Als die Villa Garbald als ETH-Zentrum eröffnet wurde, diskutierten wir die Idee, die beiden Zentren zusammenzulegen. Aber schon aus geographischen Gründen macht das wenig Sinn – Ascona ist etwa gleich weit weg von Castasegna wie Zürich. Auch personell könnte das CSF das nicht bewältigen. Zudem ist die Villa Garbald für ganz andere Veranstaltungen konzipiert. Von da her scheint mir eine Trennung sinnvoll zu sein.


Fussnoten:
(1) Homepage des Centro Stefano Franscini: www.csf.ethz.ch



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