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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 16.01.2001 06:00

An der ETH laufen seismographische Fäden zusammen
Das nächste Beben kommt bestimmt

Samstag 13. Januar 2001, 18:45 Uhr: Die Messgeräte des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) der ETH Zürich registrieren ein Beben der Stärke 7,6 auf der Richterskala. Dreizehn Minuten zuvor hat vor der Küste El Salvadors während vierzig Sekunden die Erde gebebt. Die Forscherinnen und Forscher des SED haben jetzt zwei Aufgaben: Informieren und Daten sammeln.

Von Norbert Staub

Das von Armut und Bürgerkrieg gezeichnete Land wird nach 15 Jahren zum zweiten Mal von einem verheerenden Erdbeben heimgesucht. Es fordert erneut zahlreiche Opfer - gerechnet wird mit über 1000 Toten. Bis die seismischen Wellen die über die ganze Schweiz verteilten Messstationen des SED erreichen, dauert es etwa eine Viertelstunde. In der Zwischenzeit hat die Pikett leistende Wissenschafterin des SED automatisch eine Meldung auf den Pager geschickt bekommen - sie lässt alles stehen und liegen und begibt sich auf den Hönggerberg: Dort, beim Institut für Geophysik, ist der Erdbebendienst untergebracht. Und hier laufen die Schweizer Fäden eines Netzwerks zusammen, das gemeinsam mit weltweit verteilten Stationen in der Lage ist, auch kleinste Beben, jedenfalls mit Sicherheit alle schadensrelevanten, zu registrieren.

Automatische Alarmorganisation

Noch sind kaum zwanzig Minuten seit dem Ereignis vergangen, schon erlauben die aus aller Welt einlaufenden Daten eine erste Lokalisierung des Bebens. "Ein solch massives Ereignis - Magnitude 7,6 auf der Richterskala - setzt automatisch die Alarmorganisation des SED in Bewegung", erklärt der Seismologe Manfred Baer, Verantwortlicher für Network Operations beim SED.

Erdbebenkarte Salvador
Gefährdet: das mittelamerikanische El Salvador. Rote Punkte bezeichnen Beben seit 1973, der blaue das jüngste. gross

Routinemässig wird das Schweizerische Katatrophenhilfekorps (SKH) unterrichtet, mit dem der SED eine enge Zusammenarbeit pflegt. Das SKH entscheidet über die Entsendung von Hilfsteams mit Suchhunden: nicht nur die Stärke des Bebens, sondern vor allem auch die Art der Bebauung und Besiedlung des betroffenen Gebiets spielen dabei eine Rolle.


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manfred baer, seismologe
Im Dienst der Forschung und der Öffentlichkeit: Manfred Baer vom Erdbebendienst der ETH gross

Im Fall El Salvador wurde man sich schnell der traurigen Tatsache bewusst, dass die kompakten Erdmassen den Verschütteten kaum Überlebenschancen boten. Suchhunde hätten nichts ausrichten können.

Zum Leistungsauftrag gehört für Manfred Baer auch die Beantwortung der bei jedem Beben sich häufenden Anfragen von Medien und aus der Bevölkerung. Darunter sind auch eher skurrile wie die eines Herrn F. aus L., der den Erdbebendienst eindringlich darum ersucht, "für das sofortige Abschalten sämtlicher Kernkraftwerke der Welt zu sorgen". Das sei denn doch etwas viel verlangt, meint Manfred Baer.

Dienstleistung, das ist der der Öffentlichkeit zugewandte Teil des SED. Der andere ist - natürlich - die Forschung. Erdbeben, so katastrophal sie oft für die Betroffenen seien, lieferten der Forschung "wertvolle Daten, die im Endeffekt auch wieder den Menschen zugute kommen können", hält Manfred Baer fest. Heisst das, es wird bald möglich, Erdbeben zu prognostizieren und die gefährdete Bevölkerung zu warnen? "Davon sind wir leider noch weit entfernt", sagt Baer, "jedes Erbebengebiet hat seine eigenen Spezifikationen, und nach jedem Beben präsentiert sich die Situation neu. In diesem Umfeld Gesetzmässigkeiten auszumachen, die Grundlage einer Vorhersage wären, ist noch Zukunftsmusik."

Am meisten bringt kluges Bauen

Mehr verspricht sich der Seismologe von einer verbesserten Frühwarnung im Einzugsgebiet eines Bebens, nachdemdieses schon stattgefunden hat. "In einigen Jahren werden hoffentlich mit verbesserter Rechnerleistung wichtige Sekunden gewonnen. In hochsensiblen Bereichen, etwa in Operationssälen von Spitälern, könnten dann vielleicht noch entscheidende Schutzvorkehrungen getroffen werden". Den höchsten Wirkungsgrad erzielt allerdings die Förderung erdbebengerechten Bauens in Gefahrenzonen. Die Erfolge, die auf diesem Gebiet vorzuweisen sind, sind die Frucht der Zusammenarbeit von Seismologen und Ingenieuren.

Hier finden Sie weitere Informationen zu den Aktivitäten des Schweizerischen Erdbebendienstes an der ETH Zürich.




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