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Rubrik: Tagesberichte |
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Öffentliches Symposium zur Regulierung des Internets Wieviel Freiheit verträgt das Internet? |
Das Internet ist den Kinderschuhen längst entwachsen, doch der gesellschaftliche und gesetzliche Umgang mit dem neuen Medium ist noch unsicher. Heute Nachmittag werden an der ETH in einer öffentlichen Podiumsdiksussion zu diesem Thema die Klingen gekreuzt. Von Jakob Lindenmeyer und Martina Märki "Solange sich beispielsweise Rassismus, Kinderpornographie und Gewaltdarstellungen mehr oder weniger anonym aufs Web setzen lassen und damit global zugänglich sind, werden illegale Inhalte im Internet zu reden geben...", erklärt die Mitorganisatorin Martina Märki von Corporate Communications den Grund, warum die ETH ein Symposium zu diesem Thema organisiert. "Der gesellschaftliche Umgang mit einer Technologie ist auf jeden Fall auch ein Thema für die ETH."
Ist das Internet gesetzliches Niemandsland? Wie stark kann und soll das Internet reguliert werden? Wer ist verantwortlich für problematische oder illegale Inhalte im Internet? Wer unternimmt etwas gegen Verstösse und auf welche Rechtsnormen kann er sich beziehen? "Wir finden es auf jeden Fall wichtig, dass alle Beteiligten endlich mal miteinander reden", kommentiert Felix Rauch die vielen offenen Fragen auf der Website des Symposiums. "Denn sonst beschliessen Behördenvertreter oder Provider wieder irgendwelche sinnlose Massnahmen, welche die Internetbenutzer an der Basis nur unnötig einschränken, wie letzthin die Sperrung einiger Websites." (1) Kritischer Blick auf Internet-Entwicklungen Rauch ist Präsident der Nutzergruppe "Swiss Internet User Group" SIUG (2)", eine der Mitveranstalterinnen des heutigen Symposiums. Die SIUG verfolgt die Entwicklungen rund um das Internet mit einem kritischen Blick und setzt sich dabei für die Interessen der Benutzenden ein. Warum wurde neben dem Departement Informatik gerade die SIUG ins Veranstaltungs-Team miteinbezogen? "Das Departement Informatik ist Mitveranstalter und unterstützte uns bei der Organisation in Bezug auf das technische Fachwissen", erklärt Martina Märki. "Von der SIUG hingegen erhoffen wir uns den Draht zur Internet-Basis, denn wir wollen, dass das Thema breit und unter Einbezug aller Interessengruppen diskutiert wird."
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Unterschiedliche Meinungen Mit der SIUG konnte sicher ein Partner gewonnen werden, der zu gewissen Fragen andere Ansichten vertritt als die eingeladenen Behördenvertreter. "Es gibt durchaus unterschiedliche Meinungen, wie mit dem Internet in gesellschaftlicher und rechtlicher Hinsicht umzugehen sei", schreibt die Internet-Basisgruppe denn auch in ihrer Presseerklärung.(4) Wer welche Positionen vertritt, soll in einem ersten Teil mit Kurzvorträgen ausgelotet werden, bevor im zweiten Teil in einer Podiumsdiskussion unter Publikumsbeteiligung die Klingen gekreuzt werden. Beispielsweise ist umstritten, ob Access-Provider gesetzlich verpflichtet werden können, Websites mit rassendiskriminierendem Inhalt zu sperren. Providervertreter wie André Oppermann argumentieren, dass es insbesondere für kleinere Provider zu aufwändig sei, Polizeifunktionen zu übernehmen. Dabei sei die Rechtslage international sehr unterschiedlich, was gerade im global funktionierenden Internet die Situation erschwere, wie der Jurist und Internetspezialist David Rosenthal ausführt. Denn die Urheber illegaler Sites operieren oft vom Ausland aus. Zwar arbeitet der Europarat gerade an einer übergreifenden Cybercrime-Convention und in der Schweiz ist eine Motion zur besseren gesetzlichen Regelung des Internets hängig. Doch wer in der Schweiz eine eigentliche Internetpolizei sucht, sucht vergeblich. Bedrohung durch staatliche Überwachung? Anders im Nachbarland Bayern, dessen Internetstreife Kommissariat 343 über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist. Rainer Richard, stellvertretender Leiter der bayrischen Internetspezialisten berichtet über die praktischen Erfahrungen im Kampf gegen Cyberkriminalität. Zur aktuellen Regulierungs-Situation meint Martina Märki: "Für manche, die sich zum Beispiel aktiv gegen Rassismus oder Kinderpornographie im Internet engagieren, mag es durchaus so aussehen, als hinke die Gesetzgebung etwas hilflos hinter der neuen Technologie her." Andere dagegen, wie der Hacker Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club, sehen die Freiheit des Mediums bedroht und fürchten Verbürokratiserung und staatliche Überwachung. Heute nachmittag ab drei Uhr treffen alle diese Personen und Positionen an der ETH aufeinander, um ein Problem zu diskutieren, das weder national noch international gelöst ist. Das Symposium "Freiheit im Internet" ist kostenlos und öffentlich. Bezüglich des Diskussionsniveaus versichert die "Nicht-Technikerin" Martina Märki den Besuchern: "Das Symposium richtet sich nicht nur an Informatikfachleute, sondern an alle, die wissen und diskutieren wollen, wie die Gesellschaft mit einer neuen Technologie umgeht." |
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