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Rubrik: Tagesberichte |
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Caveosomen - ETH-Forscher entdecken Zellorganelle Neuer Pfad durch die Zelle |
Das SV-40-Virus ist bekannt dafür, dass es einen seltenen, aber noch wenig erforschten Weg in die Zelle hinein benützt. ETH-Forscher stiessen bei der Analyse dieses Weges auf eine neue Zellorganelle, die sie mit "Caveosom" bezeichneten. Ihre dabei verwendete Methode wird jetzt bereits weiter verwendet, um Chemikalien auf ihre antiviralen Aktivitäten zu testen. Christoph Meier Zum grundlegenden Verständnis von Viren gehört das Wissen, wie diese in ihre Wirtszelle eindringen und wie sie sich dort die Zellstrukturen für ihre Vermehrung zu eigen machen. ETH-Forscher um Ari Helenius vom Institut für Biochemie untersuchten diesbezüglich das SV-40-Virus, ein kleines aus Affen-Zellen isoliertes Virus. Mittels spezieller Färbemethoden verfolgten sie es in lebenden Zellen - sozusagen in real time - und stiessen dabei auf eine neue Zellorganelle, das Caveosom. Die verschiedenen Seiten des SV-40-Virus Das SV-40 Virus weist einige Eigenschaften auf, die es für die Grundlagenforschung interessant machen. Da ist einmal die spezielle Zellpforte, die das Virus benützt, nämlich die sogenannten Caveolae. Als Alternative zur klassischen Aufnahme in den Stachelsaum-Grübchen, könnten Caveolae durch ihre andersartige Beschaffenheit neuen Stoffen oder Viren den Eintritt in die Zelle ermöglichen. Obwohl das SV-40-Virus nicht bestimmte Krankheiten beim Menschen verursacht, steht es doch im Verdacht, als Kofaktor bei der Entstehung gewisser Krebsarten zu wirken. Doch nicht nur auf der Seite der Gefährdung ist das Virus relevant für den Menschen. Denn durch seine Fähigkeit, fremde DNA effizient in der Wirtszelle zu integrieren, nimmt seine Bedeutung als Genfähre in der Gentherapie zu.
Leuchtendes Virus Da der Eintritt in die Zelle für das SV-40-Virus bekannt war, wollten die ETH-Forscher wissen, wie sich das Virus weiter durch die Zelle bewegt. Dabei nahmen sie den Aspekt der Bewegung ernst, indem die intrazelluläre Route des Virus mittels Video-verstärkter Mikroskopie in lebenden Zellen verfolgten. Denn nur in lebenden Zellen können die zeitlichen Abläufe eines solchen Prozesses festgelegt werden. Die Sichtbarmachung des Virus und verschiedener Zellstrukturen erfolgte durch Markierung mit fluoreszierenden Farbstoffen. Die Forscher waren aber selber überrascht, als es ihnen gelang, einzelne Viren in der Zelle zu verfolgen. Dies wurde möglich, da genügend fluoreszierende Moleküle sich an das Virus banden. Gleich einem weit entferntem Stern, von dem wir auch nur das Lichtsignal und nicht seinen Körper wahrnehmen, konnte so das 50 Nanometer grosse Virus beobachtet werden.
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Die Entdeckung des Caveosoms Doch die leuchtenden Einzelviren waren nicht die einzige Überraschung. So beobachteten die Leute um Helenius, wie nach der Aufnahme von SV-40 durch die Caveolae, die Viren sich in einer speziellen Zellorganelle akkumulierten. Als die Forscher diese Zellstruktur näher zu untersuchen begannen, stellten sie fest, dass sich diese sich von allen bisher bekannten unterschied. Das neu entdeckte Zellkompartiment, das reichlich und verteilt über das Zellplasma vorkam, nannten die ETH-Leute Caveosom. Dieses bildete einige Stunden nach der Ankunft des Virus röhrenförmige Strukturen, mittels derer das Virus zu einer bekannten Zellorganelle, dem endoplasmatischen Reticulum, gelangte. Mit der gewählten Beobachtungsmethode war es anschliessend nicht mehr möglich, das Virus weiter zu verfolgen. Ausgangspunkt für Medikamente und Therapien "Die Implikationen der Studie sind weitreichend", ist Lucas Pelkmans von Helenius' Gruppe überzeugt. Zum ersten verstände man nun besser, wie sich das Virus in einem natürlichen Umfeld, sprich lebenden Zellen, verhält. Zudem gäbe es nun die Möglichkeit, Stoffe zu testen, die diesen Prozess unterbrechen könnten. So findet bereits eine Zusammenarbeit mit der Harvard University statt, um Screenings mittels der verwendeten Methode zu automatisieren. 40'000 Chemikalien sollen dabei auf ihre antivirale Aktivität untersucht werden. Indem SV-40-Viren direkt verfolgt werden können, ist es natürlich auch möglich, verschiedene Virusvarianten auf ihre Infektionseffizienz zu testen. Eine Untersuchung, die zu einer Verbesserung der Gentherapie anhand von SV-40 führen könnte. Bei diesen ganzen Praxis-orientierten Überlegungen sollte aber nicht vergessen gehen, dass auch die Grundlagenforschung neue Nahrung erhalten hat. Denn für was Caveosomen gut sind, wenn sie keine viralen Passagiere beherbergen, bleibt auch noch abzuklären.
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