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Rubrik: Tagesberichte |
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Intel sponsert der ETH zwei Computerräume Wer hat, dem wird gegeben |
Der Prozessoren-Gigant Intel spendet dem Departement Informatik der ETH zwei Computerräume mit 54 Rechnern. Die zahlreichen Hardware-Geschenke sind das Resultat der aktiven Industrie-Beziehungen des Departementsvorstehers. Andere bevorzugen allerdings eine hochschulweite Koordination der Beschaffungen, sodass nicht nur ein einzelnes Departement profitiert. "Wir im Departement Informatik leiden ja glücklicherweise nicht an einem Computermangel wie in Russland, aber aufgrund der stark steigenden Studentenzahlen in unserem Fachbereich sind wir trotzdem froh um die neuen Maschinen", bekräftigt der 56-jährige Departementsvorsteher Walter Gander seine Freude an der grosszügigen Schenkung der Intel Corporation, der weltweit führenden Herstellerin von Computer-Prozessoren mit einem Marktanteil von 85%. Insgesamt spendete Intel dem Departement Informatik zwei Computerräume, ausstaffiert mit 54 PCs mit den neuesten (Intel)-Prozessoren und Flachbildschirmen im Gesamtwert von 368'000 Franken. "Die haben uns nicht etwa ausrangierte Modelle geliefert, sondern wir konnten selbst angeben, was wir wünschen", freut sich Gander über Intels Freigebigkeit.
Schenkungen passen ins Marketing-Konzept Bereits 1999 erhielt sein Departement von der Firma Apple einige PowerMacs geschenkt, und im August sponsert die Firma Sun Microsystems einen weiteren Computerraum. Zudem unterstützte letzten November der Software-Gigant Microsoft das neue Mail-System der Studierenden mit mehrwöchiger Gratisarbeit eines ganzen Entwicklerteams (1). Momentan scheint es trotz Kursflaute an der Börse gut ins Marketing-Konzept der grossen IT-Konzerne zu passen, die ETH kostenlos mit ihren Produkten einzudecken, um dadurch den Nachwuchs und die Forschungszusammenarbeit zu fördern. Computerraum oder Laptops? Dass so viele Schenkungen dem Departement Informatik zufielen, ist insbesondere auch der intensiven Lobbyarbeit zuzuschreiben, die Vorsteher Gander während seiner vierjährigen Amtszeit geleistet hat. Neben dem guten Ruf der ETH und der Qualität ihrer Forschung ist es auch seinen intensiven Kontakten zur Industrie zu verdanken, dass die ETH zusammen mit weltweit 80 anderen Top-Unis als "Focus University" ins "Academic Forum" von Intel aufgenommen wurde - die Grundlage, um vom Prozessorenhersteller reich beschenkt zu werden. "Wenn wir die Beziehungen aufrecht erhalten, bekommen wir vielleicht einen weiteren Computerraum", hofft Gander, obwohl er längerfristig individuelle Laptop-Lösungen für seine Studierenden eigentlich als sinnvoller erachtet. Darum hat er für die Einweihungsfeier neben einigen ETH-VIPs auch Frantisek Kraus eingeladen - den Koordinator des ETH-Laptop-Projekts "Neptun", das darauf abzielt, die ETH-Studierenden mit Laptops auszurüsten. Kraus hofft, noch vor dem Start im Herbst Beziehungen zur Industrie zu knüpfen, um über Teilsponsoring die Kosten für die Studenten-Laptops etwas zu reduzieren.
Schokolade für Computerräume Zur Einweihung des neuen Computerraumes organisierte Departementsvorsteher Gander extra eine kleine Feier, in deren Mittelpunkt klar die zwei Sponsoren-Vertreter standen: Der "Intel Academic Forum"-Manager Chris Parr und der Intel-Forscher Mike Brown. Parr dankte es in einer kurzen spontanen Rede, in der er Intels Absicht erläuterte, weltweit Ausbildung, Forschungszusammenarbeit und Innovation zu fördern. Danach schritt er zur Tat und durchschnitt das Band zum gesponserten Computer-Raum. Als Freundschaftsgeschenk überreichte das Departement Informatik dem Intel-Vertreter noch ein Paket bester Schweizer Schokolode - als Symbol für die vielgelobte "Swiss Quality". Doch was motivierte die rund 50 anwesenden Departementsangehörigen, als Zuschauer der Einweihungsfeier beizuwohnen? "Ich bin nur wegen dem Apéro hier", meinte einer lakonisch. Andere, wie etwa der achtköpfige Vorstand des Fachvereins VIS, vertraten die Studierenden. Viele aber waren schlicht daran interessiert zu erfahren, wieso der Chip-Gigant Intel ausgerechnet ihnen einen Computerraum schenkt. Unter den Zuschauern befanden sich auch viele Informatik-Doktoranden - die richtige Klientel also, die Intel durch seine guten Beziehungen zur ETH vermehrt zu rekrutieren hofft.
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Einem geschenkten Gaul... Doch die Nachwuchs-Forscher schauen dem geschenkten Gaul teilweise tief ins Maul und lassen sich trotz der grosszügigen Spende nicht in ihrer Meinung über die Produkte des Sponsors beeinflussen. "Im Gegensatz zum konzeptlosen Sammelsurium auf ihren Prozessoren hat Intel mit den gesponserten Computerräumen erfreulicherweise einmal etwas Aufgeräumtes geliefert", meint der Informatik-Doktorand Leonhard Jaschke augenzwinkernd mit Hinweis auf die wesentlich sauberer konzipierten PowerPC- und Alpha-Prozessoren der Konkurrenz. Andere hingegen arbeiten bereits mit den neuen Rechnern und sind begeistert von deren Geschwindigkeit. "Schöne Maschinen, doch leider sind sie angekettet", bemerkte scherzhaft der Informatik-Doktorand Christoph Schuler, der am Einweihungstag gleich einen Java-Kurs auf den gesponserten Computern leitete.
Die Nachwuchs-Forscher denken beim Thema „geschenkte Rechner“ aber auch an weniger versierte Computer-Nutzer: "Mit der Hardware-Spende allein ist es nicht getan", findet etwa der 30-jährige Informatik-Doktorand Oliver Bröker. Denn bei der Einrichtung so vieler Computerräume müsse man unbedingt auch an die Wartung denken, die oft unterschätzt werde. Besorgt zeigt er sich speziell über die Fälle, in denen Mittelschulen ebenfalls ganze Computerräume geschenkt bekamen und dann Probleme mit Wartung und Betrieb hatten. "An unserem Departement haben wir zum Glück genügend Leute, die mit vernetzten Computern umgehen können", bemerkt Bröker. Buhlen um Sponsoren Andere ETH-Departemente haben ebenfalls gute Computer-Leute und grossen Bedarf an Rechnern, sind aber bisher von den IT-Konzernen - abgesehen von allgemeinen Mengen- und Schulrabatten - nicht mit Geschenken überhäuft worden. "Die Industrie fördert wahrscheinlich primär diejenigen, die sie am dringendsten braucht", vermutet Gander. Doch das Ausbleiben von Hardware-Sponsorings in andern Departementen könnte auch noch einen anderen Grund haben: "Wenn man nichts unternimmt, dann gibt's auch nichts." Ganders professionelle Inszenierung der Einweihungsfeier zeigte einmal mehr, wie er sich aktiv und tatkräftig darum bemüht, gute Beziehungen zur Industrie aufzubauen und zu unterhalten. Auch in Zukunft will Gander verstärkt Rechner über Sponsoring beschaffen. "Die Elite-Universitäten in den USA wie etwa Stanford oder das MIT sind stolz darauf, alle Computer geschenkt zu bekommen." In Amerika hat die Höhe der gesponserten Ausrüstung grossen Einfluss auf das Prestige des Departementsvorstehers. "Es ist eine Art Spiel." An der ETH könne man dabei allerdings schlecht mithalten. "Die nur zweijährige Amtsdauer unserer Departementsvorsteher bietet kaum genügend Zeit für den Aufbau von langandauernden und intensiven Kooperationen mit der Industrie, da diese oft über persönliche Beziehungen laufen", erklärt Gander den Nachteil gegenüber amerikanischen Kollegen.
ETH-weite Koordination, damit alle profitieren Als Fritz Zaucker, Leiter der IT-Support-Gruppe des Departements Elektrotechnik, hörte, dass Sun Microsystems dem Departement Informatik auf August einen Computerraum sponsert, hat er sich nach Sponsoring-Möglichkeiten auch zugunsten der Elektrotechnik erkundigt. Sun verwies ihn aber lediglich auf die relativ guten Konditionen, die seinem Departement bei grösseren Beschaffungen gewährt wurden. Zaucker ist zwar nicht gegen Sponsoring einzelner Departemente. Damit alle an der ETH profitieren, meint er jedoch: "Ich halte eine hochschulweite Koordination für sinnvoll, sodass nicht die Beziehungen Einzelner darüber entscheiden, ob man gute Konditionen bekommt." |
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