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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 24.05.2002 06:00

ETH-Jahresmedienkonferenz: Warnung vor "Langzeitschäden"
ETH-Finanzen: die Lage ist ernst

Das Weltniveau der ETH zu halten und die Verantwortung für die Bildung der kommenden Generationen wahrzunehmen: dies sei nur mit deutlich erhöhtem Zufluss von Bundesmitteln zu erreichen, erklärte eine sichtlich besorgte, aber kämpferische Schulleitung an der ETH-Jahresmedienkonferenz von gestern Donnerstag. Kämen die erwarteten 6,5 Prozent jährliche Steigerung nicht, gehe es ans Lebendige: Projekte wie das Bachelor-/Mastersystem müssten beschnitten werden.

Von Norbert Staub

Ohnedies zwingt der dunkle finanzpolitische Horizont die Schulleitung bereits jetzt zu schmerzhaften Sparmassnahmen, wofür insgesamt zwanzig Bereiche bestimmt wurden: so werden die notwendigen 18 (2002), respektive 27 Millionen Franken (2003) unter anderem beim Fonds für innovative Lehrprojekte (FILEP) und beim Budget für die Entschädigung von Hilfsassistenten eingespart, wie Rektor Konrad Osterwalder erklärte. "Würden wir weiter gehen, käme es zu Schäden, die wir nicht verantworten können", warnte ETH-Präsident Olaf Kübler. Entsprechend laufe die ETH Gefahr, sich bis zur nächsten Planungsperiode erheblich zu verschulden. Ab 2004 erwartet die Schulleitung eine jährliches Wachstum um 6,5 Prozent.(1)

Bachelor/Master: "Neue Währung"

"Die ETH will ihre Verantwortung für die nächste Generation wahrnehmen", hielt Kübler fest, "doch angesichts der finanzpolitischen Randbedingungen hegen wir ernste Zweifel, ob wir das in vollem Umfang können". Der globale Arbeitsmarkt, in den ETH-Diplomierte eintreten, erfordere eine konkurrenzfähige Ausbildung auf höchstem Niveau, so der ETH-Präsident weiter. Der enormen Dynamik beim Wissenszuwachs und beim Wandel der Berufsanforderungen müsse mit einer "zeitresistenten Grundausbildung" Rechnung getragen werden.

Das neue Fundament der ETH-Ausbildung heisst "gestuftes Studium" oder landläufig "Bologna" (2). Was Bundesrätin Dreifuss eine "Revolution" genannt hat, vergleicht der ETH-Präsident mit der Einführung einer neuen Währung: "Wenn Sie es wohl vorbereitet tun, hat am Schluss jeder den Eindruck, es sei schon immer so gewesen."

Fragezeichen bei Reformplänen

Eigentliches Ziel der Studienreform sei eine völlige Neuausrichtung des Studiums auf die Bedürfnisse der globalisierten Gesellschaft, sagte ETH-Rektor Konrad Osterwalder. Für diese sei der Umgang mit neuen Problemkreisen wie den neuen Technologien oder der Bedrohung durch Terrorismus bezeichnend, sagte Osterwalder. Ausbildung, Forschung und Demokratie - das seien die "drei wichtigen Säulen der Abwehr von Technophobie und Fundamentalismus", so der ETH-Rektor.

Hier bieten wir Ihnen Video-On-Demand an der Medienkonferenz vom 23. Mai 2002. Sie brauchen dazu einen Quicktime-Player, weitere Details finden Sie in der folgenden News.

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sl jmk 2002
Die ETH-Schulleitung an der Jahresmedienkonferenz vom Donnerstag: Konrad Osterwalder (Rektor), Olaf Kübler (Präsident) Gerhard Schmitt (Vizepräsident Planung und Logistik) und Ulrich Suter (Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen). (v.l.) gross

Die Säule "Ausbildung" soll nun flexibler werden: die engen Fachgrenzen sollen durchlässig, Mobilität gross geschrieben werden. Die ersten ETH-Bachelors wird es 2003 geben, im Jubeljahr 2005 dann soll die ganze Hochschule umgestellt haben. - Ambitionierte Pläne, doch sei wegen der finanziellen Zwänge "nicht mehr klar, ob wir alles so durchführen können wie geplant", sagte Osterwalder.

Spitzeninfrastruktur, so Gerhard Schmitt, Vizepräsident für Planung und Logistik, sei die Voraussetzung für Spitzenleistungen in Wissenschaft und Lehre. Die aktuellsten Beispiele an der ETH stellte Schmitt vor, darunter das "First Lab", ein dieses Jahr seine Tore öffnendes Mehrzweck-Reinraumzentrum für die Mikro- und Nanowissenschaften, und das 900-Megahertz-Kernmagnetresonanz-Zentrum, beides auf dem Hönggerberg. Das neue Chemiegebäude sei "'State-of-the-art'-Infrastruktur für alle" und ETH World arbeite etwa mit der Ausweitung von Wireless LAN daran, den Alltag der Studierenden auf eine gänzlich neue Basis zu stellen.

Das Ausland zieht davon

Auch Schmitt zeigte sich besorgt darüber, dass der Finanzengpass die eindrückliche Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte in Frage stellen könnte (Beispiele: seit 1979: Drittmittel: plus 165 Prozent, Doktorate: plus 149 Prozent). Das Gesamtbudget der ETH stagniert seit mehreren Jahren, kaufkraftbereinigt sind die Mittel gar geschrumpft. Ganz anders Institutionen im Ausland: die Fraunhofer-Gesellschaft oder die Harvard University konnten gerade in den letzten drei Jahren die Ausgaben markant steigern.

Dass die ETH sich trotzdem - noch - nicht verstecken muss, zeigt die erst heute Freitag publizierte "SPINE"-Studie (Successful Practices in International Engineering Education), die die Ingenieurausbildung von weltweit zehn führenden technischen Universitäten einem Vergleich unterzieht, darunter die ETH. Bei der Frage nach dem Ruf der untersuchten Hochschulen hätten sich zwei klare Spitzenreiter, einer in den USA und einer in Europa, herausgeschält. Aus Konrad Osterwalders Andeutungen war herauszulesen, dass es nicht abwegig ist, beim europäischen Sieger an die ETH Zürich zu denken. Es sei für die ETH "absolut unverständlich", so Osterwalder, dass das europäische Land, das den europäischen Spitzenreiter beherbergt, zu seiner Institution nicht mehr Sorge trägt.


Literaturhinweise:
Die aktuelle hochschulpolitische Diskussion beschäftigt auch die Vereinigung Schweizerischer Hochschuldozentinnen und -dozenten. Ihre Tagung vom kommenden Samstag, 25. Mai an der ETH steht im Zeichen des Themas "Das Selbstverständnis der Eidgenössischen Technischen Hochschulen im Spektrum der Schweizerischen Hochschullandschaft". Referenten sind u.a. Albert Waldvogel, Delegierter der ETH für die Strategischen Ergolgspositionen und ETH-Physikprofessor Jürg Fröhlich. Die Vorträge sind öffentlich: Details siehe: www.verw.ethz.ch/vk/

Fussnoten:
(1) Damit stimmt sie mit dem Willen der für das Hochschulwesen zuständigen Bundesräte Dreifuss und Couchepin überein; vergleiche die ETH-Life-Artikel "Schweiss und Tränen" vom 19. 4. 2002: www.ethlife.ethz.ch/tages/show/, sowie "Alarm für die Wissenschaft" vom 8.11.2001: www.ethlife.ethz.ch/tages/show/
(2) Siehe hierzu das ETH-Life-Interview "In die Bildung investieren" mit ETH-Rektor Konrad Osterwalder am 23. 5. 2002: www.ethlife.ethz.ch/tages/show/Osterwalderinterv.html



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