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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 22.04.2002 06:00

AGS fördert Stadtentwicklungsprojekt in Problemstädten
"Megacities" lebenswert machen

Die Grossstädte in den Entwicklungsländern wachsen rasend schnell. Arbeitslosigkeit, Slums und Verarmung sind die fast logischen Folgen. Am Jahresmeeting der Alliance for Global Sustainability (AGS) im März wurde ein Forschungsprojekt zur nachhaltigen Entwicklung in urbanen Gebieten Afrikas und Südamerikas gestartet. Die Projektmitarbeiter, unter anderem von der ETH, versprechen sich neue Lösungen für die Probleme in den "Megacities".

Von Norbert Staub

"Die Zukunft der Menschheit entscheidet sich in den Städten." So lautet das Credo von Marco Keiner, studierter Geograf und Oberassistent im Fachbereich Landschafts- und Umweltplanung (LEP) am ETH-Institut für für Orts-, Regional- und Landesplanung (ORL). Keiners Aussage ist vor allem auf die Metropolen in den Entwicklungsländern gemünzt, die heute explosionsartig wachsen. Die Folgen sind bekannt: Verarmung infolge Arbeitslosigkeit und Verslumung, mangelhafte hygienische Bedingungen und unzureichende gesundheitliche Versorgung; und nicht zuletzt auch ein Aufblühen der Kriminalität.

Ein Teufelskreis

Dieser Teufelskreis kann in den "Megacities" der Dritten Welt nur schwer durchbrochen werden. Doch Marco Keiner ist auch überzeugt, dass wir das Besorgnis erregende Szenario beeinflussen können – ja müssen. Denn: "Unternehmen wir heute nichts, so sind wir für die Probleme von morgen mit verantwortlich". Der Wissenschaftler lässt den Worten auch Taten folgen und hat das Projekt "Designing, implementing and measuring sustainable urban development" lanciert. Es wird von der AGS mit 250'000 Dollar unterstützt und ist auf zwei Jahre ausgelegt.

Favelas
Teufelkreis der Armut: Städtische Lebensbedingungen im südlichen Amerika. gross

Raumplanung allein genügt nicht

Unter Keiners Leitung erarbeiten Raumplaner, Architekten, Kulturingenieure und Geografen aus den AGS-Partnerinstituten von MIT und Chalmers sowie der Universität von Botswana, der Universitad Católica de Chile und der südafrikanischen Witwatersrand University ein Planungswerkzeug, um die Entwicklung in den Problemstädten Johannesburg, Gaborone (Botswana) und Santiago de Chile nachhaltig zu verbessern: Stadtplanerische Einflussmöglichkeiten bestehen vor allem bei der Schaffung einer lebenswerten Architektur, aber auch bei der Beteiligung der Nutzergruppen an der Diskussion der Stadtentwicklung.

Aber sind das nicht politische Wünsche, zu deren Erfüllung die Wissenschaft leider nur allzu wenig beitragen kann? Marco Keiner: "Raumplanung ist natürlich nicht allein dafür verantwortlich, nachhaltige Entwicklung im Lebensraum des Menschen umzusetzen. Ein Zusammenwirken aller Politikbereiche ist unabdingbar." Die Aufgabe der Raumplanung bestehe in der räumlichen Koordination aller raumrelevanten Sachpolitiken.


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project team
Kick-off in Costa Rica: Fachleute von sieben internationalen Universitäten haben sich für das Projekt "Designing, implementing and measuring sustainable urban development" zusammengetan. gross

Inspiration für andere

Das Projekt zielt denn auch ganz bewusst auf die Praxis: Das Projekt setzt auf ein internationales Networking und auf eine internetbasierte Präsentation der Forschungsfragen und –ergebnisse. Analytische Tools und der Einsatz von Monitoring und Controlling sollen bei der Umsetzung helfen. Am Ende der Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd soll ein Know-How-Mehrwert für die Entscheidungsträger und Planer der Partnerstädte herausschauen. Im Idealfall dienen die resultierenden Planungsinstrumente dann als "best practice" und inspirieren auch andere Städte mit vergleichbaren Problemen.

In einem ersten Schritt werden Indikatoren einer nachhaltigen Stadtentwicklung im südlichen afrikanischen und südamerikanischen Kontext entworfen. Dabei muss nicht bei Null begonnen werden: Im Fachbereich Landschafts- und Umweltplanung des ORL wurden bereits Nachhaltigkeitsindikatoren erarbeitet, unter anderem für die Städte Zürich und Kunming (China). Solche Indikatoren beleuchten zum Beispiel den Wasser- und den Energieverbrauch.

Viel Wert wird bei diesem Projekt auf die Mitarbeit von Studierenden aus Nord und Süd gelegt. Zwischen der ETH und der University of Botswana besteht eine spezielle Arbeitspartnerschaft. So wird ein erster "Feldeinsatz" der Studierenden vom 1. Juli bis 15. August 2002 in Gaborone, der Hauptstadt von Botswana, stattfinden.(1).

Steter Tropfen

Doch Hand aufs Herz: Ist das Projekt angesichts der immensen Probleme in den "Megacities" nicht der berühmte Tropfen auf den heissen Stein? - "Steter Tropfen höhlt den Stein", kontert Marco Keiner. Das Projekt habe nicht den Anspruch, auf alle Probleme die einzig richtige Antwort zu finden. "Der Ausbruch aus dem Teufelskreis geschieht nicht durch einen grossen Rundumschlag", meint Keiner. "Es bedarf vielmehr eines Bündels kleiner, wirksamer und auf einander abgestimmter Massnahmen. Mit dem Projekt hoffen wir, zum besseren Verständnis der Nachhaltigkeitsprobleme und zu ihrer Lösung beitragen zu können."


Nachhaltige Raumentwicklung

Im Fachbereich LEP (Landschafts- und Umweltplanung, geleitet von Prof. Willy A. Schmid) des ETH-Instituts für Orts-, Regional- und Landesplanung (ORL) wird nachhaltige Entwicklung seit Jahren gross geschrieben. "Nachhaltige Raumentwicklung berücksichtigt die Nachhaltigkeitsdimensionen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Damit ist sie die konsequente Weiterentwicklung der ökologisch orientierten Raumplanung", sagt Willy A. Schmid. Die ökologische Ausrichtung war ein entscheidender Durchbruch in der Raumplanung. Von Ende der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre wurde die Raumplanung mit der Umweltplanung zur ökologischen Raumentwicklung verschmolzen. Die nachhaltige Raumentwicklung, die auch die Dimensionen Ökonomie und Gesellschaft einbezieht, ist ein Prozess, der mit der Konferenz von Rio 1992 begann und noch nicht abgeschlossen ist.




Literaturhinweise:
Website des AGS-Projekts "Designing, implementing and measuring sustainable urban development": http://sustainability.ethz.ch/
Alliance for Global Sustainability (AGS): www.globalsustainability.org/
Fachbereich Landschafts- und Umweltplanung, ORL-Institut: http://orlserver.ethz.ch/FB_Landschaft/

Fussnoten:
(1) Hier besteht noch für zwei Studierdende aus den Bereichen Umwelt / Bau / Geografie die Möglichkeit einer Teilnahme. Auskünfte hierzu beim Projektmanager Dr. Marco Keiner: keiner@orl.arch.ethz.ch



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