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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 18.12.2000 06:00

674 Studierende lancieren Petition
Krach um alte Computer

Und plötzlich waren sie weg: In einem Studentenraum sind alte Sun-Rechner durch neue Maschinen mit Windows ersetzt worden. In einer Petition fordern nun 674 Studierende die Beibehaltung von UNIX als Betriebssystem. Die zuständige Kommission zeigt sich überrascht, ist aber gesprächsbereit.

Von Jakob Lindenmeyer

Als der Umweltnaturwissenschafts-Student Stefan Heimers letzten Dienstag während der Neun-Uhr-Pause im Computerraum HG E 27 kurz seine E-Mails lesen wollte, traf ihn fast der Schlag: "Ohne die Benutzer zu warnen, wurden die UNIX-Workstations durch simple Windows-PCs ersetzt." Heimers lancierte innert Kürze eine Online-Petition [1] für ein zweites, unixartiges Betriebssystem, das auf den neuen Maschinen alternativ zu Windows zur Verfügung stehen soll.

Bis letzten Samstag unterzeichneten 674 Studierende die Petition, teilweise mit ausführlichen Begründungen, teilweise aber auch nur mit kurzen Kommentaren wie "Rettet das legendäre E27!" oder "Gebt (Bill) Gates nicht noch mehr Macht!". Die Unterzeichnenden stammen mehrheitlich aus den Departementen Informatik, Elektrotechnik, Physik und Mathematik [2].

Protest-Gruppe
Eine Gruppe von Studierenden lancierte eine Petition für das Betriebssystem UNIX im Computerraum HG E 27. (Bild: Tobias Oetiker) gross

Austausch im Semesterbetrieb

Die Studentenrechner im Raum E27 mussten zum Teil aus Altersgründen ersetzt werden. Eigentlich war der Austausch auf Ende Sommersemesterferien geplant, um den Lehrbetrieb nicht zu stören. Unglücklicherweise haben aber Lieferschwierigkeiten den Austauschtermin mitten in den Semesterbetrieb verschoben. Die Informatikdienste hatten vorgängig alle für den Computerraum eingeschriebenen Dozenten über den Austausch informiert.

Die Studierenden wurden ab Montagmorgen über die Basisdienst-Website n.ethz.ch informiert. Überraschend kam der Austausch daher primär für diejenigen, welche die Räume nicht für ihre Übungen reserviert hatten. Ein vom Austausch überraschter Dozent äusserte sich in einer Mail an ETH Life denn auch dementsprechend heftig über die Aktion.

Kampf um die letzten Suns

Wegen Lieferschwierigkeiten der Nachfolgemodelle stehen weiterhin neun alte Sun-Rechner im Raum E27. Laut den Informatikdiensten werden sie aber ersetzt, sobald die bestellten Flachbildschirme endlich geliefert werden. Im Umkreis der Petitionäre wird bereits eifrig über Gegenmassnahmen diskutiert. So will sich eine Gruppe Studierender an die letzten Suns im E27 anketten, um den drohenden Abtransport zu verhindern (siehe Bild). Greenpeace lässt grüssen.

In den Petitionskommentaren bekundeten Studierende auch Interesse, die alten Sun-Rechner zu kaufen. Primär sollen sie aber weiterhin allen Studierenden zur Verfügung stehen. Die Informatikdienste prüfen den Vorschlag von Professor Thomas Stricker, die alten Maschinen für den Fernzugriff ("Remote Login") in einem Serverraum weiterzubetreiben.


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Sun
Studierende mit einer Schwäche für UNIX klammern sich an einen der letzten Sun-Rechner im Computerraum E27. gross

Vorerst nur Windows

Um zuhanden der Schulleitung Anträge für die Modernisierung der Studentenräume einzureichen, setzte der Rektor eine "Koordinationskommission Studentenräume im Hauptgebäude" aus Professoren der betroffenen Departemente zusammen."Vom Preis-Leistungs-Verhältnis her lohnt es sich heute nicht mehr, eine Sun zu kaufen", begründet Professor Thomas Rösgen, der stellvertretende Leiter der Kommission, den Entscheid für PCs im E27 und ergänzt: "Die Entscheidung für PCs im E27 bedeutet nicht, dass in Zukunft nur noch Windows als Betriebssystem zur Verfügung stehen wird, sie reflektiert vielmehr den gestiegenen Bedarf für PCs im Unterricht."

In der Kommission wurde auch darüber diskutiert, auf den neuen Rechnern Linux und Windows nebeneinander zu installieren, als sogenanntes "Dual Boot-System", wie es auch die Petition der Studierenden fordert, und wie es am Departement Informatik schon seit zwei Jahren erfolgreich betrieben wird [3]. "Um mit den neuen Maschinen möglichst rasch arbeiten zu können, wurde vorerst nur Windows installiert", erklärt Rösgen die momentane Situation. Ausserdem stehen neben 113 PCs immer noch 77 Sun-Rechner im Hauptgebäude, von denen die Hälfte bald durch moderne Sun ULTRA SPARC 10 ersetzt wird.

Jede Meinung ist willkommen

Die Computerräume sollen primär für den Unterricht zur Verfügung stehen. Darum befragte die Kommission vorerst nur die Dozierenden nach den von ihnen im Unterricht benötigten Betriebssystemen. "Die persönlichen Vorlieben der Studierenden sowie die "nicht-unterrichtsbezogene" Benutzung glaubten wir insofern berücksichtigt zu haben, als dass die Web- und Mail-Dienste sowie Textverarbeitung in jedem Fall zur Verfügung stehen", sagt Kommissions-Vize Rösgen.

Auch Professor Philipp Rudolf von Rohr, Vorsitzender der Kommission, wurde überrascht durch das grosse Echo der Petition unter den Studierenden: "Bis jetzt haben wir nicht daran gedacht, einen Vertreter der Studierenden in die Kommission aufzunehmen. Dies ist aber das Erste, was wir der eingeladenen Studentendelegation an der Sondersitzung am nächsten Donnerstag vorschlagen werden."

Petitionär Heimers freut sich auf die Einladung und möchte der Kommission die Vorteile von UNIX näherbringen: Fernzugriff, bessere Netzwerkfähigkeit, Zuverlässigkeit und Kostenersparnis beim Einsatz des Betriebssystems Linux. Auch Rösgen begrüsst den Dialog und meint versöhnlich: "Von der Kommission her ist uns jede Meinung willkommen."


Literaturhinweise:
Informationen der Informatikdienste zu "Neue Hardware im Raum HG E 27": www.n.ethz.ch/neues/
(1): Petition für Unix im HG E27: http://kleinbonum.ethz.ch/unix-petition/
(2): Statistische Auswertung der Petition für Unix im HG E27: http://kleinbonum.ethz.ch/unix-petition/stats.php
(3): Publikation zum Multi-Boot-System, wie es im Departement Informatik in Betrieb ist: www.cs.inf.ethz.ch/CoPs/cc99/



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