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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 23.10.2002 06:00

Weltraumbiologie
Raketenexplosion zerstört ETH-Experiment

Zwei ETH-Studenten beobachteten in Russland den Start einer Rakete, die ihr Experiment ins All hätte transportieren sollen. Sekunden nach dem Start explodierte die Rakete und tötete eine Person.

Von Richard Brogle

Am späten Dienstag Abend des 15. Oktobers explodierte die unbemannte Sojus-U-Rakete 29 Sekunden nach dem Abheben im nordrussischen Weltraumbahnhof Plesezk und tötete laut Agenturberichten einen Wachmann. Die Trümmer der 300 Tonnen schweren Trägerrakete verletzten weitere acht Personen, als Trümmerteile auf das Startgelände stürzten. Beim Start anwesend waren auch zwei ETH-Studenten, die im Rahmen des Foton-Projektes der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) (1) ein biologisches Experiment in der Rakete platziert hatten. Marianne Cogoli von der Gruppe Weltraumbiologie der ETH, die in telefonischen Kontakt mit den Studenten stand, erfuhr, dass die Studenten nach dem Vorfall per Eisenbahn nach Moskau gelangten. "Die beiden sind geschockt und enttäuscht, dass nun die ganze Arbeit umsonst war." Die Studenten sind gesund in der Schweiz angekommen, wollten sich zum Unglück aber noch nicht äussern.

Diese Experimentenbox der beiden ETH-Studenten war an Bord der Unglücksrakete gross

Wachstum von Knorpelzellen im schwerelosen Zustand

Die Arbeit begann vor rund einem Jahr, kurz nachdem die Studenten mit der ESA einen Parabelflug unternehmen konnten (2). Professor Ralf Eichler vom Institut für Teilchenphysik und Gruppe Weltraumbiologie (3) unter der Leitung von Augusto und Marianne Cogoli unterstützen die beiden Physik-Studenten von Anfang an tatkräftig mit Material und Tipps bei der Experimentvorbereitung. Die beiden Studenten wollten an einem Projektwettbewerb der ESA teilnehmen, dessen drei Gewinner ihr Experiment mit einem russischen Satelliten für zwei Wochen auf eine Umlaufbahn um die Erde bringen lassen konnten. Ziel des Experimentes war es, das Wachstum von Knorpelzellen im schwerelosen Zustand zu untersuchen.


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Georg Keller und Vlada Stamenkovic beim ihrem letzjährigen Parabelflug gross

Auf der Erde stellt sich das Problem, dass die Knorpelzellen aufgrund der Erdbeschleunigung nicht gleichmässig, sondern nach den Gesetzen der Sedimentation wachsen. Um diesen störenden Einfluss auszuschalten, wählt man für solche Experimente den quasi schwerelosen Raum. Die Studenten mussten sich genau an die Vorgaben der ESA halten: unter anderem musste die Apparatur des Experimentes in einer relativ kleinen Standartbox Platz finden, eine eigene Stromversorgung mitbringen und die 40-fache Erdbeschleunigung bei der Landung überstehen.

"Ich finde es toll, wenn sich Studenten ein ausserordentliches Ziel setzten"

Die beiden Studenten wandten einen Grossteil ihrer Freizeit für die Entwicklung des Experimentes "Chondro" auf, wie sie es nannten. Marianne Cogoli: "Sie waren oft bis spät in die Nacht in unserem Labor". Bald stellte sich heraus, dass das Experiment das Budget der beiden überstieg. Sie wandten sich an den Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH, Ulrich Suter. Dieser liess sich vom Enthusiasmus anstecken und sicherte den beiden die Finanzierung des Experimentes der ETH zu. Suter: "Ich finde es toll, wenn sich Studenten ein ausserordentliches Ziel setzten und es mit so viel Engagement verfolgen. Das mussten wir einfach unterstützen."

Eine der zuverlässigsten Raketen der Welt

Mit der Rakete ist nun auch die Experimentbox der ETH-Studenten zerstört worden. "Ein Ereignis, das uns alle betrübt", wie es Carmen Adusumalli vom Stab Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH ausdrückt. Ob die Studenten eine Gelegenheit erhalten, das Experiment mit einer neuen Rakete zu wiederholen, ist zur Zeit noch ungewiss. Die beiden Studenten hatten wirklich Pech, denn der eingesetzte Raketentyp gilt als einer der zuverlässigsten der Welt und hat gemäss CNN mehr Starts hinter sich als jede andere Rakete der Welt. Sie ist eine Weiterentwicklung der Rakete, die im Jahre 1957 den weltbekannten ersten Satelliten "Sputnik" ins All schoss und die 1961 Yuri Gagarin als ersten Menschen ins All beförderte.


Fussnoten:
(1) www.estec.esa.nl/photon/index.htm
(2) ETH-Life Bericht: "Plötzlich schwebte ich zur Decke" www.ethlife.ethz.ch
(3) www.spacebiol.ethz.ch



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