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Rubrik: Tagesberichte |
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Erfahrungen aus den „Strategischen Erfolgspositionen“ Labor für Exzellenz |
Unter dem Begriff „Strategische Erfolgspositionen - SEP“ figurieren ambitionierte, quer zu Fach-, Departements- und Hochschulgrenzen liegende Forschungsinitiativen, welche die ETH in den vergangenen drei Jahren mit total 40 Millionen Franken fördern konnte. Die SEP sind nun angeschoben. Eine Bilanz des Erreichten. Von Norbert Staub Der grösste Erfolg? – Ein Projekt steche klar heraus: das 2001 gegründete Functional Genomics Centers (FGCZ). „Eine absolute Erfolgsstory“, sagt Albert Waldvogel, Delegierter der ETH-Schulleitung für die Strategischen Erfolgspositionen. Das FGCZ operiert erfolgreich als Forschungscenter in der funktionellen Genomik. Diese will aufklären, welche Funktionen die entschlüsselten Gene im Organismus haben und wie sie reguliert werden. – Wie kam es dazu? „Die in den Life Sciences engagierten Forschenden von Uni und ETH Zürich wollten das Zentrum unbedingt.“ Plan und Crew für das FGCZ standen schon, bevor sich die Möglichkeit einer Finanzierung auftat. „Als die Mittel aus dem Fonds des ETH-Rats für Innovations- und Kooperationsprojekte (IKP) zur Verfügung standen, mussten die Pläne nur aus der Schublade gezogen werden. – „Optimales Timing“, so Waldvogel. „Man hat aber selten so ideale Voraussetzungen für die Gründung eines Instituts.“ Strukturen durchdringen Auch das ist typisch für die SEP: ein laut Albert Waldvogel „ungewöhnliches Tempo“. Im Mai 2001 lud er als damaliger ETH-Vizepräsident Forschung mit seinem Amtskollegen Alexander Borbély von der Uni Zürich zum Brainstorming und zur Bedürfnisabklärung. Schon vier Monate später erfolgte die Eröffnung des fast 1'000 Quadratmeter grossen Instituts am Irchel. Brückenbauer, Coaches und Venture Capitalists: diese Funktionen (nach Priorität geordnet) haben laut SEP-Chefkoordiantor Hans Peter Lüthi die SEP-Verantwortllichen für die Forschenden übernommen.
Dabei war das Brücken-Bauen über bestehende vertikale Strukturen hinweg vielleicht die herausforderndste Aufgabe: Wenn die Interessen von Uni, ETH und zum Teil der Uni St. Gallen vereint werden, wenn Fakultäten, Departemente und Institute mit starkem Eigenleben am selben Strick ziehen sollen, dann sind Flexibilität und Moderation gefragt sowie einiges an Stress- und Kompromissfähigkeit auf Seiten der Forscher, erklärt Lüthi. Doch wenn es darum geht, eine bereit stehende Finanzierung von 20 Millionen Franken einsetzen zu können oder nicht, wächst die Bereitschaft, ungewöhnliche Wege zu beschreiten. Das war ein Ziel der SEP: Anreize für unübliche Routen zu liefern – zum Wohl der Sache. „Aber man muss auch sagen: Ein System wie die ETH verträgt nicht viele solche Unternehmungen gleichzeitig – die bestehenden Strukturen müssen das organisatorische Rückgrat bleiben“, gibt Albert Waldvogel zu bedenken.
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Überzeugungsarbeit leisten Das Kind ist geboren, das FGCZ steht heute auf stabilen Beinen. Das „CoLab“ (1) – das „Computational Laboratory“, im Mai 2002 gegründet und derzeit noch fokussiert auf Bio- und Materialwissenschaft – sowie die Bildgebenden Verfahren im Bereich Medical Engineering haben laut dem SEP-Delegierten das Potential, eine ähnliche Karriere wie das FGCZ zu machen. Beide Bereiche sind aber noch Aufbau begriffen. „Im sehr jungen Bereich Computational Sciences, der Kunst des rechnerischen Modellierens, verfügt die ETH über bedeutendes Know-How und wirkliche Koryphäen“, sagt Waldvogel. Nun gehe es darum, bei den Wissenschaftlern die Überzeugung wachsen zu lassen, dass eine interdisziplinäre Plattform wie das CoLab einen wirklichen Mehrwert verschafft: „Kein Kinderspiel in einem Forschungsterrain, wo sehr viel noch im Fluss ist und starke Persönlichkeiten agieren.“ Das Merkmal „Reaktionsgeschwindigkeit“ hat auch die Anstrengungen im SEP „Entrepreneurial and Financial Sciences“ geprägt. So konnte hier auf Anstoss von Fritz Fahrni, ehemaliger Sulzer-Konzernchef und heute Professor für Technologiemanagement an der ETH und der Uni St. Gallen, sehr schnell ein Lehrgang in „Entrepreneurial Leadership“ für erfahrene Führungskräfte auf die Beine gestellt werden (2), getragen von der ETH und der Uni St. Gallen. Dasselbe gilt für die Ausbildung „Master of Advanced Studies in Finance“, angeboten vom neuen „Center of Competence Finance in Zurich“ (CCFZ) von Uni und ETH (3). Gesucht: Bannerträger Industrie und Wirtschaft übrigens reagierten begeistert auf die durch die SEP ins Hochschulmanagement eingebrachte Flexibilität, sagt Albert Waldvogel. In der Wirtschaft, gerade in den vergangenen turbulenten Jahren an Restrukturierungs-Prozesse gewohnt, sei das Durchdringen verschiedenster Bereiche mit einer Idee gang und gäbe, an Hochschulen aber noch unüblich. Entsprechend liege hier, so Waldvogel, für künftige, den SEP ähnliche Initiativen auch ein gewisses Risiko: „Es braucht ein sicheres Gespür für kommende wissenschaftliche Entwicklungen, einen Blick für Kooperationspotentiale sowie begeisterte Bannerträger an den entscheidenden Stellen.“ Brutstätten für Neues Die ETH müsse sich die Option, Forschung nach SEP-Muster zu fördern, unbedingt offen halten, betont SEP-Chefkoordinator Hans Peter Lüthi: „Hier entsteht nicht selten das Neue, Spannende: Das ist es, was die Agenden von Spitzenhochschulen auszeichnet.“ Und mit dem Arc Lémanique hätten wir in der Schweiz ein Modell, wo „alte“ universitäre Strukturen auf ähnliche Weise durchlässig gemacht wurden – mit Erfolg. Eine vergleichbare Integration sei im kleineren Rahmen kürzlich an der ETH Zürich selbst über die Bühne gegangen, ergänzt Albert Waldvogel: das Zusammengehen von Chemie und Pharmazie zum D-CHAB. Von der Tiefe in die Breite Dabei folgen solche Prozesse nicht nur der reinen Forschungslogik. Der Druck von Wirtschaft und Gesellschaft, beim Forschen an den Markt zu denken, hat in den letzten zehn Jahren stark zugenommen. Die traditionelle Umschreibung einer Professur als starke, in die Tiefe bohrende Kernkompetenz benötige Ergänzung: „Aus Invention muss vermehrt Innovation werden.“ Für diesen Druck sorgt mittlerweile weltweit transparent und mobil gewordenes Know-How und reichlich vorhandenes Venture Capital. Sehr oft eröffnen Technologiesprünge den Forschenden neue Möglichkeiten zu spannenden Kooperationen. „Dieser Moment darf nicht verpasst werden“, sagt Hans Peter Lüthi. Aufgabe und Kunst des Forschungsmanagements sei es, solchen Kooperationen den Weg zu ebnen. |
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