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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 31.03.2004 06:00

Forschungsexpedition im Nordatlantik – Dritter und letzter Teil
Am Ziel der Reise

Drei Wochen verbrachte eine Gruppe von ETH-Meeresgeologen unter der Leitung von Ralf Schiebel auf dem Nordatlantik. Letzte Woche wurde das Ziel der Reise erreicht: Die Algenblüte. Inzwischen ist die Crew wieder nach Zürich zurückgekehrt – im Folgenden ein Erlebnisbericht der letzten Tage auf hoher See.

Von Ralf Schiebel

Auf unserer Reise mit der RV Poseidon in Richtung Madeirabecken begleiten uns seit einigen Stunden wieder Delphine. Auch sehen wir grössere Wale blasen. Jetzt ist es 2 Uhr morgens und das Scheinwerferlicht lockt Fische an, die um das Kabel herumschwimmen, an dem unsere Sonde arbeitet. Fingerdicke, bis zu einem Meter lange Quallen treiben an der Bordwand vorüber.

Die Frühjahrsblüte

Die gehäuft auftretende Makrofauna in diesem Gebiet ist durch den Nahrungsreichtum bedingt, der bei der Phytoplanktonproduktion beginnt. Wir haben endlich die Frühjahrblüte und damit ein wichtiges Ziel unserer Reise erreicht. Bei 35 Grad Nord, am 15. März, registriert die Sonde erhöhte Chlorophyllwerte in 20 bis 60 Meter Wassertiefe. Unsere Planktonfilter sind jetzt leicht grün gefärbt. Die Filtration des Wasser dauert jetzt mehr als doppelt so lange als in den nährstoffarmen Wassermassen der letzten Tage.

120 Meilen weiter im Süden befinden wir uns schon im zentralen Bereich der Azorenfront. Die Chlorophyll-Konzentration in 40 Meter Wassertiefe ist immer noch hoch. Der Himmel ist nur leicht bewölkt und der Wind ist etwas abgeflaut. Auf dem Achterdeck werden die Installationen zum Einholen der Verankerung vorgenommen. Zusammen mit der nautischen Schiffsleitung, dem Bootsmann und dem Verankerungsteam aus Kiel werden die Arbeiten des nächsten Tages besprochen.

Verankerung in Rekordzeit eingeholt

Wir haben Glück mit dem Wetter und können gleich am nächsten Morgen mit dem Einholen der Verankerung beginnen. Bei den Expeditionen der letzten Jahre haben wir oft tagelang gewartet, bevor wir Verankerungsarbeiten durchführen konnten. Bei ruhiger See werden um 9 Uhr mit einem akustischen Signal die Releaser ausgelöst, mit denen die Messkette am Grundgewicht befestigt ist.

Mit diesen Sedimentfallen wird in der Tiefe des Meeres absinkendes Material gesammelt. gross

Auftriebskörper sorgen dafür, dass die Messkette zur Meeresoberfäche aufsteigt. Nach kurzem Suchen wird die Kopfboje gefunden und die Verankerung über das Heck aufgenommen. Nach zwei Stunden ist alles komplett an Bord. Rekordzeit, dem Wetter sei Dank.

Jetzt ist Eile geboten, denn alles muss gereinigt, geprüft und erneuert werden. Die Daten der Strömungsmesser werden auf die mitgebrachten Festplatten überspielt. Die Fallenproben werden archiviert und neue Probengefässe eingebaut. Opferanoden werden erneuert und neue Schäkel, Ketten und Schrauben an den Auftriebskörpern angebracht.

Währenddessen geht die nächste CTD/Rosette auf 5200 Meter Wassertiefe und an Ort wird Wasser zum Kalibrieren der Messgeräte gesammelt. Die Releaser für die neue Verankerung werden in 1000 Meter Wassertiefe erfolgreich getestet. Gegen Mitternacht ist alles für den nächsten Tag vorbereitet.

Abtauchen

Kurz nach Mittag sind wir auf der Startposition und die Kopfboje wird achtern ausgelegt. Es folgen Strömungsmesser, Auftriebskugeln und Sinkstofffallen. Alles ist mit Drahtseilen und Tampen miteinander verbunden und verschwindet langsam am Horizont hinter dem Schiff. Die oberen Verbindungen der Verankerung sind Drahtseile, um Haiverbiss vorzubeugen.


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Die Verankerung ist an Bord, samt Kopfboje, Auftriebskugeln und Ströhmungsmesser. Die Eisenbahnräder dienen als Grundgewicht. gross

Zuletzt geht dann das Grundgewicht zu Wasser, ein Gebinde bestehend aus vier Eisenbahnrädern, und die Verankerung beginnt abzusinken. Von der Brücke und dem Peildeck wird beobachtet, wie die gelben Auftriebskugeln und schliesslich die Kopfboje abtauchen. Um 18:30 Uhr wird die rote Flagge auf der Kopfboje zum letzten Mal gesichtet. Alle sind froh, dass die Arbeiten reibungslos verlaufen sind. Der Erfolg wird sich aber erst nächstes Jahr zeigen, wenn die Messkette wieder aufgenommen wird.

Am nächsten Morgen kräuselt sich die Wasseroberfläche in der leichten Brise. Der Himmel ist strahlend blau und es ist schon am frühen Morgen angenehm warm. Das Schiff fährt ein 'Driftkreuz’, nach dem berechnet wird, wie das Schiff beim Auslegen der neuen Verankerung verdriften wird. So wird der Startpunkt der Arbeiten festgelegt. Wenn einmal mit dem Auslegen der fünfeinhalb Kilometer langen Messkette begonnen wird, ist das Schiff kaum noch manövrierfähig.

120 Prozent Erfolg

Da wir unserem Zeitplan weit voraus sind, dampfen wir weiter nach Süden. Bisher ist alles perfekt gelaufen und auch das Wetter hat mitgespielt. Wir werden also unser Planktonprofil von 10 auf 12 Stationen erweitern – um 240 Meilen, bis auf 29 Grad Nord. Als wir am nächsten Morgen aus den Bullaugen schauen, sehen wir wieder Schaumkronen. Der Wind hat auf 24 Knoten zugenommen und das Schiff rollt in der Dünung.

Am nächsten Tag werden die letzten Wasserproben genommen und das wissenschaftliche Programm der Fahrt ist erfolgreich beendet. Wir drehen bei und dampfen nach Nordosten in Richtung Madeira, direkt gegen die Dünung. Das Schiff läuft gerade mal vier Knoten. So werden wir pünktlich und gut geschüttelt in Funchal ankommen. Alle haben genug von der Schaukelei und freuen sich auf den Hafen.

Sonnenuntergang über dem Nordatlantik. gross

Land in Sicht

Das Erste was man wahrnimmt, wenn man nach ein paar Wochen auf See dem Land nahe kommt, ist ein unangenehmer Brandgeruch. Dann kommt Madeira in Sicht, mit Wolken auf den Bergspitzen. Jetzt müssen wir die letzten Papiere fertig machen und unsere Kisten packen. Pünktlich um 8 Uhr, am Montagmorgen des 22. März, kommt der Lotse an Bord und fährt unser Schiff in den Hafen von Funchal.

In einem kleinen Strassencafe in der Altstadt von Funchal trinken wir einen Kaffee. Am Nachbartisch wird die einheimische Zeitung gelesen. Wir schielen nach Neuigkeiten und als umgeblättert wird, sehen wir einen grossen Artikel über uns: “’Poseidon’ chega hoje“ (’Poseidon’ kommt heute). Eine erfolgreiche Expedition ist zu Ende. Und wir haben schon Ideen für weitere Fahrten.


Literaturhinweise:
Die ersten beiden Berichte über die Forschungsexpedition im Nordatlantik in „ETH Life“ sind zu lesen unter: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/algenblueteschiebel1.html, www.ethlife.ethz.ch/articles/Schiebel2.html



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