ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
Print-Version Drucken
Publiziert: 04.06.2003 06:00

Forschen auf den Seychellen
Eine wechselvolle Geschichte

Der Zimtanbau hat auf den Seychellen eine lange Tradition. Heute gilt die Pflanze als problematische invasive Art. Im ihrem fünften und letzte Bericht zeichnen die ETH-Umweltnaturwissenschaftler Eva Schumacher und Christoph Küffer die wechselvolle Geschichte des Zimts auf den Seychellen nach.

Von Christoph Küffer

Die Seychellois sind mit dem Zimt in eine lange, oft unglückliche Liebesgeschichte verwickelt. Um 1770 wurden die Seychellen vom damals französischen Mauritius aus besiedelt, mit dem Ziel, das Gewürzmonopol der Engländer in Indien zu durchbrechen. In einem "Jardin du Roi" genannten Versuchsgarten wurden Zimt, Gewürznelken und Muskat angepflanzt. Bereits wenige Jahre später wurde der Garten des Königs jedoch abgebrannt, da ein vorbeifahrendes englisches Schiff drohte, das Geheimnis zu lüften. Nur der Zimt überlebte und verwilderte auf der ganzen Insel.

Auf und Ab der Zimtproduktion

Mitte des 19. Jahrhunderts war der Zimt der häufigste Baum und ersetzte die abgeholzten natürlichen Wälder. Weil die lokale Zimtsorte als minderwertig galt, wurde diese jedoch lange Zeit nicht genutzt. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts hatte ein Pionier mit Seychellischem Zimt Erfolg. Goldgräberstimmung kam auf; innert 20 Jahren war der gesamte Zimt abgebaut und die Seychellen wieder zu einem grossen Teil waldfrei.

Heute besteht der Zimtabbau nur als winzige Nischenindustrie weiter. Der Zimt hat sich erneut über die ganze Insel ausgebreitet und gilt als eine problematische invasive Baumart. In einem angewandten Forschungsprojekt sucht Stefan Zemp, ein im Projekt mitarbeitender Student der ETH, nach Möglichkeiten, den invasiven Zimt nachhaltig abzubauen und dadurch auf ökonomische Weise zu kontrollieren. Dazu spricht er mit den Zimtpflückern, den Zimttrocknern, dem Distilleur, dem Parfumeur, den Exporteuren, den Tourismusvertretern und dem Forstamt, um eine Abbaumethode zu entwickeln, welche die einheimischen Tiere und Pflanzen schont und trotzdem für die beteiligten Zimtverarbeiter ökonomisch interessant bleibt.

Zunehmend komplexeres Bild

Vor unseren Augen entwickelt sich ein zunehmend komplexeres Bild der zuvor uninteressanten Zimtrinde. So hängt etwa die Qualität des Zimtöls, das später zum Beispiel für die Coca Cola Produktion verwendet wird, vom Alter des Baums, dem Zeitpunkt des Fruchtens, der Jahreszeit, des Wuchsortes, der Luftfeuchtigkeit und der Abbaumethode ab.

"As pure as it gets": urtümlicher Bergregenwald auf den Seychellen. gross


weitermehr

Junge Blätter einer Zimtpflanze. gross

Stefan ist einer von mehreren ETH Studierenden, die unsere Arbeit unterstützen. Zwei Studierende in Biologie, Roman Mylonas und Isabella Sedivy, haben die bodenphysikalischen Parameter im Wald mit der Hilfe des Instituts für Terrestrische Ökologie der ETH bestimmt. Seit diesem Frühling untersuchen Monika Tobler und Vroni Gmüer, eine Biologin und eine Umweltnaturwissenschaftlerin, in Experimenten die Reaktion von einheimischen und exotischen Pflanzen auf Trockenheitsstress. Auch in Zukunft werden wir auf die Mitarbeit von Studierenden der ETH angewiesen sein.

As pure as it gets

Die ausgestorbenen Krokodile werden nie wieder auf die Seychellen zurückkehren. Wenn wir in einem von invasiven Pflanzen gerodeten Waldstück diskutieren, wie man dieses wieder bepflanzen könnte, und wir uns zum Beispiel überlegen, ob man zuerst schnell wachsende exotische (!) Bäume anpflanzen sollte, welche dann den darunter ausgesäten einheimischen Pflanzen den für das Aufwachsen nötigen Schatten spenden, kommen wir uns oft wie Ingenieure und Designer einer neuen, künstlich geschaffenen Natur vor. Allein im nebligen, vollkommen ruhigen Bergregenwald, zwischen halb vermoderten, von Moosen und Alderfarnen überwachsenen Baumruinen, beobachtet einzig von urtümlichen Stabheuschrecken, bleibt das Gefühl, weit zurück versetzt in einer längst vergangenen Zeit gelandet zu sein: "As pure as it gets" , wie es der Werbeslogan der Seychellischen Tourismusindustrie verkündet.


Aggressive Invasoren

Im Zentrum des Forschungsprojekts der ETH-Doktoranden Christoph Küffer (1) und Eva Schumacher steht die Frage, wie sich auf den Seychellen innerhalb von 200 Jahren aus einer Pflanzengemeinschaft, die sich über Millionen von Jahren entwickelt hat, ein von exotischen Pflanzen dominierter Wald entwickeln konnte. Ziel wäre unter anderem eine Prognose, wie sich die Seychellischen Wälder in der Zukunft weiterentwickeln werden.

Zwei Forschungsschwerpunkte des Geobotanischen Instituts der ETH kommen dabei zum Tragen: die Geobotanik, welche die Standortfaktoren in den verschiedenen Erdteilen für Pflanzengemeinschaften untersucht, sowie die Invasionsbiologie. Letztere, eine noch junge Forschungsrichtung, geht den Bedingungen und Folgen für die fortschreitende Ausbreitung invasiver Pflanzen und Tiere in neue Länder nach. Invasive Arten gelten inzwischen als einer der Hauptfaktoren für das Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten.




Fussnoten:
(1) Bisher erschienen folgende ETH-Life Artikel in dieser Serie: Doktor der Improvisation, Herausgefordert von exotischen Pflanzen, Hort der Sonderlinge und Koralleninsel statt Elfenbeinturm



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!