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Rubrik: Tagesberichte |
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Wanderausstellung „ETH Zürich – wo Welten sich öffnen“ Pontifex ETH |
Um Mittelschülerinnen und –schülern eine Entscheidungshilfe für ihre Studienwahl zu geben, besucht die ETH zwölf Gymnasien in der Schweiz (1). Erste Station war diese Woche das Kollegium Spiritus Sanctus in Brig - Ein buchstäblicher und ein metaphorischer Brückentest. Von Christoph Meier Der Empfang in Brig war unheimlich: Vorbei an einem drohenden Spalier von 500 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten, die sich die Münder zugeklebt hatten, gelangte man zum Gebäude, wo die Wanderausstellung „ETH Zürich - Wo Welten sich öffnen“ feierlich gestartet werden sollte. Die Menschengasse blieb wohl offen, doch stellte sich die Frage, was in aller Welt die Walliser Mittelschüler gegen die Eröffnungsveranstaltung haben könnten? Im Innern des Neubaus des Kollegium Spiritus Sanctus wurde man dann aufgeklärt, dass sich der Protest nicht gegen die ETH sondern gegen den anwesenden Erziehungsdirektor des Kanton Wallis, Claude Roch, richte. Dieser hatte mit einem neuen kantonalen Absenzenreglement den Unmut der Schüler auf sich gezogen. Über viele Brücken In den Referaten zum Eröffnungsapéro von letztem Montagabend war dann nicht mehr von Konfrontation die Rede sondern vor allem von Brücken. Anlass dazu war ein Wettbewerb im Vorfeld des ETH-Besuchs, in welchem die Schüler maximal 100 Gramm schwere Brücken mit einer Spannweite von rund einem Meter gebaut hatten. Unter diesen wurde am Aktionstag, der zu der eine Woche dauernden Ausstellung gehört, die tragfähigste bestimmt. Der Rektor des Kollegiums, Peter Arnold, zeigte sich geehrt, dass die ETH sein Gymnasium als erstes besuchte. Er sah darin einen Brückenschlag und meinte, dass seine Schule die Absolventen in vielfältiger Weise auf das Brückenbauen vorbereitet. Zum Beispiel, indem die Schüler durch ihren Protest eine Verbindung zwischen Politik und Schule geschlagen hätten.
Auch Peter Bachmann, ETH-Prorektor für Diplomstudien, sprach von der Brücke, welche die ETH zwischen sich und den Mittelschulen bauen möchte. Damit aber mehr Gymnasiasten diese beschritten, komme ihnen die ETH mit der Ausstellung entgegen. Das Bauen konkreter Brücken müsse man in der Republik Wallis eigentlich nicht erklären, meinte Hans-Rudolf Schalcher, Vorsteher des Departements Bau, Umwelt und Geomatik. Der Professor richtete darum sein Augenmerk auf die von Ingenieuren verlangte Fähigkeit mentale Übergänge zu bauen. Es gelte weiche und harte Fakten zu kombinieren, was Frauen sicher mindestens so gut könnten wie Männer. Der abschliessende Wunsch Schalchers: "Technik für die Frauen, Frauen für die Technik." ETH soll Unternehmertum fördern Obwohl an der Empa keine Lehre betrieben wird, habe sie Gymnasiasten doch einiges zu bieten, meinte ihr Direktor Louis Schlapbach. So könnten die Mittelschüler anhand von Praktika verschiedene Berufsmöglichkeiten von Ingenieuren kennen lernen und später auch den praktischen Teil ihrer Diplom- oder Doktorarbeit an der Institution dort durchführen.
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Den Brückenschlag von der Bildung zur Industrie vollzog Stéphane Mischler. Für den Direktor der Lonza ist die Zusammenarbeit mit den Hochschulen selbstverständlich, seien es Fachhochschulen oder Universitäten. Von der ETH wünscht sich Mischler, dass sie bei ihren Absolventen das unternehmerische Denken fördere. "Denn nur Unternehmer machen aus einer Idee ein gutes Produkt." Das Schlussreferat gehörte dann noch dem umstrittenen Regierungsrat Claude Roch. Auch wenn bereits Stockalper ein erfolgreicher politischer Brückenbauer gewesen sei, erfahre man als Politker immer wieder von neuem, wie schwierig diese Funktion sei, meinte der Vertreter des Kantons mit wahrscheinlich ungewolltem Aktualitätsbezug. Brückentest steht noch bevor Nicht mehr als Demonstranten, sondern als interessierte zukünftige Hochschüler erlebte man die meisten Walliser Gymnasiasten am Aktionstag am Dienstag. Anhand der Wanderausstellung und Kurzpräsentationen konnten sie sich über sieben Studiengänge informieren, die von Frauen noch wenig ergriffen werden wie beispielsweise Physik oder Bauingenieurwesen. Obwohl zu den verschiedenen Richtungen auch Forscherinnen Auskunft gaben, zeigten die Gymnasiastinnen doch mehr Hemmungen, Geräte auszuprobieren als ihre männlichen Kollegen. Fragte man nach den Gründen für die Zurückhaltung, wurde immer wieder angeführt, dass die gezeigten Fächer "zu technisch" seien. Ob und wie dieser Haltung begegnet werden kann, wird die Mitinitiatorinnen von der Stelle für Chancengleichheit der ETH (2) sicher für die weiteren Ausstellungen noch beschäftigen. Insgesamt brachten aber die Schüler beider Geschlechter zum Ausdruck, dass sie den Besuch der ETH schätzen würden. Ein Schüler meinte, die ETH würde auf "dem Zuckertablett" serviert, hätte aber sicher noch andere Seiten. Er sei aber froh, dass er sich auch konkret über den Studienablauf mit Bachelor und Master informieren könne, denn von der Mittelschule her bestünde diesbezüglich ein Defizit. „Gehst du an die ETH?“ Die Frage einer Schülerin zu ihrer Kollegin zeigt, dass die ETH bereits ein Ziel in Brig erreicht hat: Sie ist als möglicher Studienort im Bewusstsein der Gymnasiasten vorhanden. Ob das aber genügt, um wirklich als attraktive Hochschule wahrgenommen zu werden, wird erst eine künftige Herkunftsanalyse bei den ETH-Studierenden ergeben. Leider konnte die Brücke nicht zu allen Walliser Lehrkräften gespannt werden. So wurden die zwei ETH-Referenten vom Montag als zu distanziert empfunden, wozu die Kürze ihres Besuches das Seine beigetragen haben mag. Für die ETH kann man nur hoffen, dass es kein schlechtes Omen war, dass zur Auflösung des Brückenbauwettbewerbs die häufig aufwändig geschaffenen Schülerarbeiten zerstört werden mussten.
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