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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 02.03.2005 06:00

Jubiläumsrückblicke der ETH Technikgeschichte
Die ETH als Ausstellungsmacherin

Die Schweizerische Landesausstellung von 1939 gilt als gelungene Verbindung von patriotischer Mobilmachung und technisierter Ausstellungsarchitektur. Bei der Inszenierung der multimedialen Gesinnungsschau half die ETH tatkräftig mit.

Von Monika Burri, Technikgeschichte der ETH Zürich

"Dem Besucher der Landesausstellung ist das E.T.H.-Signet in fast allen Hallen begegnet“, hält der ETH-Jahresbericht von 1938/39 fest. „Zusammenfassend darf festgestellt werden, dass die E.T.H. und deren Lehrkräfte bereitwilligst in weitgehendem Masse und mannigfacher Weise beim grossen Werk der LA mitgewirkt haben.“ Tatsächlich zeigte sich die ETH an der LA 39, der vierten Schweizerischen Landesausstellung, welche vom Mai bis Oktober 1939 an den Ufern des Zürichsees stattfand und welche als professionell inszenierte und medialisierte Gesinnungsschau ins kollektive Gedächtnis einging, auffällig engagiert und präsent.

Zum einen war die ETH „als Ganzes“ im Hochschulpavillon vertreten und präsentierte dort unter dem Motto „Wir lehren, wir forschen, wir konstruieren“ anhand von Grafiken, Modellen und Maschinen „grundlegende Tätigkeiten der Hochschule“.

Omnipräsente ETH

Zum anderen waren einzelne Institute und Laboratorien in nahezu allen Abteilungen der thematisch organisierten Pavillonlandschaft beteiligt. Neben patriotisch aufgeladenen Schaustücken, wie etwa dem geologisch-tektonischen Gesamtrelief der Schweiz, das aus der Werkstatt des ETH-Professors Eduard Imhof stammte und die Besucher auf den als nationales Kraftzentrum konzipierten „Höhenweg“ einstimmte, beeindruckte die eidgenössische Forschungshochburg vor allem mit einer Reihe selbst entworfener Techniksensationen: So etwa mit dem nach Plänen von Paul Scherrer gebauten Tensator, einem der ersten Teilchenbeschleuniger Europas, mit der avantgardistischen „Fernseh-Sendeapparatur“ des Instituts für Hochfrequenztechnik oder mit dem Modell einer entgleisungssicheren "Ultraschnellbahn" von Maschinenbau-Professor Kurt Wiesinger, in der "Halle für Bahnverkehr" zu sehen.

Die Omnipräsenz der ETH an der LA 39, für welche der Bund 260'000 Franken zur Verfügung stellte, unterschied sich deutlich von den kleinräumigen Institutsauftritten an den vorangegangen Landesausstellungen.

Trachtenfrauen und Coray-Stühle

Es liegt nahe, die Eingliederung der einzelnen Institute und Dozenten in das staatlich dominierte Ausstellungskonzept als pflichtbewussten Vaterlandsdienst auszulegen: Mit der so genannten „Kulturbotschaft“ des Bundesrates lag Ende 1938 erstmals in der Geschichte der Schweiz ein Positionspapier vor, das die „Organisation und Aufgaben der schweizerischen Kulturwahrung und Kulturwerbung“ festhielt. Das unter der Federführung des katholisch-konservativen Philipp Etter verfasste Propagandakonzept sah in der modernen Ausstellung eines der wichtigsten „Mittel der Gesinnungswerbung“


ETH-Geschichte multimedial

In Hinblick auf das 150-Jahr Jubiläum der ETH Zürich hat das Institut für Geschichte im Auftrag der Schulleitung das Projekt "ETHistory 1855-2005" lanciert. Ziel ist es, die lange und reiche Geschichte der Schule zu vergegenwärtigen und zeitgemäss zu präsentieren – die Basis für eine kritische und zukunftsgerichtete Reflexion über die Schule im Jubiläumsjahr 2005. Neben einer historischen Studie zur ETH in Buchform wird eine aufwändige, in Deutsch und Englisch verfügbare Website zur Geschichte der ETH realisiert. Diese wird am 6. April 2005 aufgeschaltet. Mehr Infos unter: www.tg.ethz.ch/forschung/



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Die ETH unterstützte Vergnügungstechnik: Der "Schifflibach" der Landi 39 auf dem Weg durch einen der spektakulären Industriepavillons. (Bild: Aus: K. Angst/A. Cattani (Hgg.): Die Landi: vor 50 Jahren in Zürich. Erinnerungen, Dokumente, Betrachtungen. Stäfa 1989.) gross

Dass die LA 39 zum Testfall für die Realisierung der Idee der "geistigen Landesverteidigung" werden musste, versteht sich von selbst: Aus diesem Blickwinkel erschliesst sich auch das gelungene Zusammentreffen von traditionalistischen und modernen Elementen, von Trachtenfrauen und Coray-Stühlen, von bodenständiger Flaggenparade und avantgardistischen Modepavillons.

"Architektur des menschlichen Massstabs“

Dass diese gegensätzliche Symbolik in der LA 39 zu einer einigermassen homogenen Synthese fand, hat nicht zuletzt mit der Technisierung und Ästhetisierung des Ausstellungswesens zu tun. Die programmatisch "unheroische“, in "zeitgemäss schweizerischer“ Leichtbauweise ausgeführte Pavillongestaltung umfing die Heimatfeier mit einer beschwingten Atmosphäre und sorgte für den wiederholt hervorgehobenen „einheitlichen Eindruck“.

Mit der so genannten „Architektur des menschlichen Massstabs“, die dem nationalistischen Monumentalismus der Weltausstellung von Paris 1937 entgegengehalten wurde, liess sich die ETH gerne in Verbindung bringen: Die beiden obersten Ausstellungsmacher, beides diplomierte Architekten, wurden im Anschluss an die symbolträchtige Veranstaltung geehrt. Dem Ausstellungsdirektor Armin Meili wurde ein Ehrendoktor der ETH Zürich verliehen, der Chefarchitekt Hans Hofmann erhielt eine Professur an der Architekturabteilung.

Im Dienst der nationalen Einigung

Auch bei den Vergnügungs-, Besichtigungs- und Transporttechniken, welche die Welt- und Landesausstellungen seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zu Erlebniswelten zusammenfügten, mischte die ETH tatkräftig mit: Der „Schifflibach“ beispielsweise, der künstliche Besichtigungskanal, der die Hallen und Gärten des linksufrigen Ausstellungsgeländes durchzog, wurde von der Versuchsanstalt für Wasserbau der ETH entworfen und dort auch in Modellgrösse getestet.

„Der wissenschaftliche Geist der Zusammenarbeit, der sachlichen Diskussion, des unermüdliche Suchens nach Wahrheit und Recht“, die patriotische Botschaft der ETH, welche ihr Berichterstatter Professor Paul Niggli an der LA 39 würdig vertreten sah, wurde nicht zuletzt durch eine ETH-gestützte Infrastruktur wirkungsvoll transportiert. Mit ihrem engagierten szenografischen Einsatz war die bundesstaatliche Eliteschule ihrem Auftrag zum national homogenisierenden Infrastrukturausbau einmal mehr nachgekommen.


Literaturhinweise:
Die bisher in "ETH Life" erschienenen Jubiläumsrückblicke der ETH-Technikgeschichte finden Sie unter: www.ethlife.ethz.ch/articles/ethistory/



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