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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 18.12.2002 06:00

Nicht-Wiederwahl: an der ETH Zürich kein Thema
Konstruktive Evaluationen

Ein deutscher Professor der EPF Lausanne wurde vor zwei Jahren nicht wieder gewählt. Der Fall hat, da kürzlich die NZZ am Sonntag darüber berichtete, einige Publizität erlangt. An der ETH Zürich hat er unter einzelnen Dozierenden Irritation ausgelöst. Diesen empfiehlt ETH-Präsident Olaf Kübler, den Blick auf die Fakten zu richten: An der ETH Zürich ist eine Nicht-Wiederwahl noch nie vorgekommen.

Von Norbert Staub

Ende November berichtete die „NZZ am Sonntag“ über den Fall eines Professors der EPF Lausanne aus dem Jahr 2000. Der deutsche Umweltwissenschaftler Dieter Genske war aus vorerst nicht kommunizierten Gründen von der Lausanner Schulleitung nicht wieder gewählt worden und musste die Hochschule verlassen. In der Folge bestätigten der ETH-Rat und das von Genske angerufene Bundesgericht den Entscheid. Als Grund für die Entlassung wurde später mangelnde wissenschaftliche Kompetenz angeführt.

Bedenken bei Dozierenden

Die Lausanner Vorgänge haben auch an der ETH Zürich Irritationen verursacht. So häufen sich seit Erscheinen des NZZ-Artikels bei Hansruedi Schalcher, Professor für Planung und Management im Bauwesen und Vorsteher des Departements Bau, Umwelt und Geomatik, Mails und Anrufe von besorgten ETH-Dozierenden vor allem ausländischer Herkunft, aber auch von Personen aus der Wirtschaft. Hansruedi Schalcher hat die Funktion eines Delegierten für Professorenwahlen inne und ist daher an der Vorbereitung von Berufungen beteiligt. Ihm werde jetzt häufig die Frage gestellt, ob an der ETH Zürich ein solcher Fall auch möglich wäre. „Der Fall Genske ist einseitig beleuchtet an die Öffentlichkeit gelangt, doch die andere Seite weigert sich, überhaupt Stellung zu nehmen. Das ist sehr problematisch“, meint Schalcher. So entstehe viel Raum für Spekulationen, wodurch am Ende auch die ETH Zürich in Mitleidenschaft gezogen werde.

Kultur der Wiederwahl

Angesprochen auf das Thema und auf mögliche Bezüge zur ETH Zürich mahnt ETH-Präsident Olaf Kübler zunächst dazu, die Fakten im Auge zu behalten: „Ich kann verstehen, dass aufgrund der Darstellungen in den Medien Verunsicherung entsteht“, so Kübler. „Ich kann hier aber auch festhalten, dass es in den vergangenen Jahrzehnten an der ETH Zürich nie einen Fall von formeller Nicht-Wiederwahl gegeben hat.“ Er werde im Ausland hin und wieder mit der Frage konfrontiert, wie man in der Schweiz generell und an der ETH im speziellen den Begriff ‚unbefristete Anstellung‘ konkret handhabe, sagt Olaf Kübler. „Ich versuche dann jeweils zu erklären, dass Anstellungen auf Lebenszeit, die nie mehr überprüft werden, der Schweizer Kultur widersprechen.“ Dass sich hierzulande alle Personen im öffentlichen Dienst periodisch der Wiederwahl zu stellen haben, sei für manche Nicht-Schweizer schwer nachzuvollziehen.

Andere Vorstellungen herrschen bei Fachkräften, die aus dem Ausland an die ETH kommen, manchmal zudem bezüglich der Ausstattung der Professuren: im Zuge der an der ETH seit einigen Jahren geltenden Budget-Autonomie der Departemente kann ein Professor nicht mehr davon ausgehen, seine bei Amtsantritt ausgehandelten Bedingungen bis zur Emeritierung garantiert zu bekommen.

Heikler Prozess

Evaluationen sind ein heikles Geschäft. Bei Evaluationen von Professoren kommt noch erschwerend hinzu, dass hier Experten über Experten ihr Urteil abgeben.


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Kultur der Sorgfalt: An der ETH Zürich wird bei der Evaluation von Professoren-Leistungen äusserst gewissenhaft vorgegangen, sagt ETH-Präsident Olaf Kübler .

Ausgehend vom Fall Genske wird von einzelnen Dozierenden jetzt gefordert, den Betroffenen jeweils volle Akteneinsicht zu gewähren. Olaf Kübler erklärt, diese Transparenz sei an der ETH bei den Departements-Evaluationen weitgehend gegeben. Doch man müsse sich fragen, wie praktikabel ein System der Prüfung noch sei, wenn die Information komplett offengelegt werden muss. Analog argumentiert der Vorsteher des D-BAUG: „Das wäre das Ende der ungeschminkten Evaluation“, so Hansruedi Schalcher. „Denn: Wer würde sich bei voller Transparenz noch unmissverständlich über Lehre und Forschung eines Kollegen oder einer Kollegin äussern wollen? Wohl niemand.“

Erfolg spricht für sich

Die ETH Zürich habe die Kultur, bei Professoren-Evaluationen grösste Sorgfalt walten zu lassen, betont ETH-Präsident Olaf Kübler. Der Erfolgsausweis spreche für sich: die hoch gelegte Latte bei der Auswahl der Professoren, die periodische Beurteilung und die Fördermassnahmen hätten massive Irrtümer bis jetzt ausgeschlossen. Es habe in der gut 150-jährigen Geschichte der ETH zwar „eine einstellige Zahl von Fällen gegeben, wo man sich von Professoren getrennt hat“, räumt Kübler ein. „Doch in jedem Fall erfolgte die Beendigung solcher Anstellungen auf gütliche Art und im gegenseitigen Einvernehmen“.

„Kein Grund zur Sorge“

Was sagt Olaf Kübler jenen jungen Dozierenden, die sich wegen des Falles Genske in ihrer Entscheidung, an die ETH Zürich zu kommen, haben verunsichern lassen? „Ich sage ihnen: Schauen Sie sich die Fakten an“, so der ETH-Präsident, „Sie wollen wir an der ETH Zürich, weil wir überzeugt sind von Ihrem Leistungs- und Gestaltungsvermögen. Solche Leute mussten sich nie Sorgen machen, und auch in Zukunft müssen sie das nicht.“


Künftig normaler Arbeitsvertrag für Professoren
Aufgrund des gegenwärtig in Teilrevision begriffenen und voraussichtlich ab Anfang 2004 geltenden ETH-Gesetzes werden die Professoren normale Arbeitsverträge erhalten. Diese sind unbefristet. "Eine regelmässige Evaluation der Professoren-Leistungen ist aber auch künftig vorgesehen", sagt Hugo Bretscher, im ETH-Präsidialstab zuständig für die Professuren. Es sei damit zu rechnen, dass dannzumal die heute zirka alle sechs Jahre erfolgenden Departements-Evaluationen durch die Peers noch verstärkt auf die Stufe Professur zielen. Eine Evaluation sei im übrigen an der ETH Zürich immer konstruktiv und zukunftsgerichtet, gibt Hugo Bretscher zu bedenken. Das heisst, es werde Raum und Zeit für Verbesserungen gegeben, wenn solche sich aufdrängen.





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