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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 18.03.2005 06:00

Nanopartikel – Grundbausteine für neue Materialien und Produkte
„In der Nanotechnologie steckt grosses Potential“

Superfeine Partikel mit Durchmessern im Bereich von Millionstel Millimetern sind Grundbausteine für neue Produkte. Sie zeichnen sich durch besondere physikalische und chemische Eigenschaften aus. Am zweiten NanoCase an der EMPA in St.Gallen stellte der Jungunternehmer Karsten Wegner industrielle Anwendungen von Nanopartikeln vor.

Von Michael Breu

Die Nanotechnologie ist aus dem Schlummerschlaf erwacht. Noch vor wenigen Jahren wurde jedes Versprechen nach neuartigen Materialien mit einem Lächeln quittiert und als visionär abgetan. Und das nicht unbedingt wohlwollend. Inzwischen sind superfeine Partikel längst auf dem Markt erhältlich. Kaum einer hat deren Markteinführung aber bemerkt. Keine Zahnpasta liesse sich heute so schön aus der Tube drücken, kein Ketchup würde bis auf die letzten Tropfen aus der Plastikflasche rinnen – ohne Fliessmittel auf Nanotechbasis. Auch die neue Generation an Farben und Schutzanstrichen ist ein Segen: Kein Graffiti haftet mehr auf den damit behandelten Oberflächen. Erleichterung bringt die Technik auch in der Medizin. Fein dispergierte Eisenpartikel werden derzeit als Krebsmedikament am Universitätsspital Charité in Berlin getestet. Die Euphorie ist so gross, dass die US-amerikanische National Science Foundation allein für das Jahr 2016 einen Umsatz von 1000 Milliarden US-Dollar erwartet! Dabei ist der Umsatz mit Verbundmaterialen noch nicht einmal eingerechnet! Dass man neben den vielen Chancen die potentiellen Risiken vergisst oder gering schätzt, versteht sich.

Karsten Wegner ist auf dem Boden der Realität geblieben. „Viele Eigenschaften von Nanomaterialien sind mehr vermutet als belegt, und viele Nanomaterialien haben noch nicht den Sprung in die industrielle Produktion geschafft“, sagt der promovierte Chemie-Ingenieur. Nach seinem Studium in Karlsruhe hat sich Wegner vor acht Jahren an der Universität von Cincinnati im US-Bundesstaat Ohio erstmals mit Nanopartikeln befasst, mit Teilchen, die einen Durchmesser zwischen einem und hundert Millionstel Millimetern haben. Seinem damaligen Chef – Professor Sotiris E. Pratsinis erhielt einen Ruf an die ETH – folgte auch Wegner nach Zürich.

Am Institut für Verfahrenstechnik (1) an der Sonneggstrasse suchten er und sein Kollege Wendelin Stark anschliessend nach neuen Nanopartikeln für die chemische Katalyse und einer Vielzahl weiterer Anwendungsgebiete. Aus der Forschungsarbeit entstanden ein KTI-Projekt und die Idee, eine eigene Firma zu gründen. Zusammen mit Wendelin Stark – er ist mittlerweile ETH-Professor am Institut für Chemie- und Bioingenieurwissenschaften und leitet dort das Functional Materials Laboratory (2) – gründete Karsten Wegner im Februar 2004 das Unternehmen FlamePowders mit Sitz in Schlieren (3).

Flammensprühpyrolyse: Mit diesem Verfahren stellt FlamePowders Nanopartikel her. Bild: Karsten Wegner gross


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Jungunternehmer Karsten Wegner: Mit seiner Firma FlamePowders schaffte er es 2004 am Unternehmerwettbewerb Venture auf den vierten Platz. gross

Am zweiten NanoCase, einem Seminar des Nano-Cluster Bodensee (4), stellte der Jungunternehmer Wegner verschiedene industrielle Anwendungen von Nanopartikeln vor. „Nanopartikel zeichnen sich durch besondere physikalische und chemische Eigenschaften aus“, erklärt der 32-Jährige, der noch bis vor kurzem an der ETH als Dozent lehrte. „Bei Nanopartikeln ist der Anteil an Atomen auf der Oberfläche grösser als bei Materialien der Makrowelt. Dadurch haben Nanopartikel einen tieferen Schmelzpunkt und besitzen andere mechanische, elektronische und magnetische Eigenschaften als makroskopische Partikel des gleichen Materials.“

„Diese Eigenschaften können wir nutzen“, sagt Wegner. An der ETH Zürich werde zum Beispiel nach neuen Dreiwege-Katalysatoren für Autos geforscht, an Nanopartikeln für Zahnfüllungen oder Brennstoffzellen.

Nicht nur. Am ETH-Labor für Partikeltechnologie werden zudem die wissenschaftlichen Grundlagen der Nanopartikel-Synthese und -Produktion ergründet. Dabei setzen die Forscher auf die Partikelherstellung im Flammenreaktor, die verglichen mit anderen Synthesewegen für Nanopartikel kostengünstiger und umweltfreundlicher ist. „Bei der Flammen-Aerosol-Synthese werden gasförmige oder flüssige Ausgangsmaterialien in Flammenreaktoren zu Nanopartikeln umgesetzt“, erklärt Karsten Wegner. In intensiver Feinarbeit haben Forscher der ETH Zürich die bestehenden Methoden weiterentwickelt und dabei ein neues Verfahren gefunden: die Flammensprühpyrolyse. „Mit diesem Verfahren können wir neue Nanomaterialien aus beinahe allen Elementen herstellen. Die Partikeleigenschaften lassen sich gut steuern, eine ideale Methode“, sagt Wegner.

FlamePowders setzt auf diese Methode, die mit drei Patenten geschützt ist. An der Schlierener Grabenstrasse 11 hat das dreiköpfige Team um CEO Karsten Wegner eine Produktionsanlage nach diesem Verfahren ausgerichtet und kann damit Kundenanfragen bis in den Tonnenbereich erfüllen. Dabei erzielt FlamePowders Reinheitsgrade von 99,9 Prozent, eine beachtliche Leistung, die mit anderen Methoden nur beschränkt möglich ist. Zu den Kunden des Jungunternehmens zählt unter anderem die chemische Industrie. „In der Nanotechnologie“, so Karsten Wegner, „steckt grosses Potential. Als Ingenieur bin ich von meinen Produkten überzeugt.“


Literaturhinweise:
Zum gleichen Thema erschienen im Bulletin Nr. 292/Februar 2004 der ETH Zürich folgende Beiträge: „Herstellung durch Flammensynthese“ und „Katalysatoren aus der Flamme“: www.cc.ethz.ch/news/bulletin

Fussnoten:
(1) Institut für Verfahrenstechnik, Labor für Partikeltechnologie: www.ptl.ethz.ch/about/index
(2) Functional Materials Laboratory: www.stark.ethz.ch/index. Über die Forschungsarbeiten von Professor Wendelin Stark berichtete ETH Life am 26. November 2004 unter dem Titel „Teilchen, die etwas können“: www.ethlife.ethz.ch/articles/dchab_nano.html
(3) FlamePowders AG: www.flamepowders.com/
(4) Nano-Cluster Bodensee: www.ncb.ch/. Über die Veranstaltungsreihe „NanoCase“ berichtete ETH Life am 22. Dezember 2004 unter dem Titel „NanoCase zeigt industrielle Anwendungen“: www.ethlife.ethz.ch/articles/nanocase.html



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