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Rubrik: Tagesberichte

E-Learning an der ETH
Mehr als nur elektronisches Lehrbuch

Published: 22.05.2007 06:00
Modified: 22.05.2007 11:30
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Das MIT ist dabei, seine Curricula bis Ende 2007 ins Internet zu stellen. Diese Neuigkeit wurde an der ETH Zürich gerne gehört, denn sie hat vor kurzem selbst eine E-Learning-Strategie eingeführt und mit deren Umsetzung begonnen.



Renata Cosby

OpenCourseWare heisst das neue kostenlose und für alle zugängliche Angebot des MIT. Es soll bis Ende Jahr das gesamte Lern- und Lehrangebot dieser Universität auf dem Internet allen kostenlos zugänglich machen. Dieser Dienst versteht sich als Quelle von vereinheitlichtem, gut organisiertem und systematisch aufgearbeitetem Lernmaterial. Vorlesungen und sogar die Notizen von Dozierenden sind online abrufbar. OCW ist ein Teil der Umsetzung der E-Learning-Strategie des MIT.

Die ETH Zürich sieht in diesem Projekt eine Ergänzung zu ihrer eigenen ICT-Strategie, die sie während des ETH World-Programms zwischen 2000 und 2005 gestartet hat. OCW könne nützlich sein, sagt Bernhard Plattner, ETH-Professor für Informationstechnologie am D-ITET. Als Vizerektor und Präsident der Studienkommission leitete er die Entwicklung der E-Learning-Strategie der ETH Zürich und plante deren Einführung. Diese wurde erst kürzlich von der Schulleitung gutgeheissen. Auch an der ETH ist OpenCourseWare Teil der Umsetzung dieser Strategie.

Nicht Buch in PDF-Form

"E-Learning bedeutet, dass die Lehre mit sinnvollen Informations- und Kommunikationstechnologien ergänzt wird“, betont Bernhard Plattner. Die Darstellung des Lernstoffs ist interaktiv und soll für Studierende mehr als nur eine andere Form der Stoffdarbietung sein. Studierende können beispielsweise eigene Simulationen durchführen, um ihre eigenen Annahmen, basierend auf dem Lernstoff, interaktiv zu prüfen. Dies sei ein Test, ob ein Student oder eine Studentin den Stoff begriffen und nicht bloss auswendig gelernt habe. E-Learning sei aktives und interaktives Lernen. „Ein Buch oder ein anderes Druckerzeugnis mit einem PDF zu ersetzen, entspricht nicht unserer Auffassung von E-Learning“, sagt Plattner.

Den wichtigsten Nutzen der MIT-Initiative sieht die ETH darin, dass die amerikanische Elitehochschule das Geheimnis um ihre Lehrveranstaltungen und –Inhalte ein Stück weit lüftet. Das hilft anderen Universitäten zu erkennen, dass das Geheimnis des Erfolgs nicht beim Lernstoff liegt, sondern in der Art, wie er vermittelt wird. Dies sieht auch ETH-Professor und Vorsteher des Departements Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Bradley Nelson, so. Er sagt, dass OpenCourseWare ein grossartiges Werkzeug sei, um den Ruf des MIT zu verbessern und gleichzeitig weiterhin eines seiner wichtigsten Produkte bereitzustellen: die Bildung.

Nicht alles, was an Lernstoff im Internet geboten wird, ist E-Learning.

An der ETH sind ein Grossteil der Lehrprogramme bereits online abrufbar. Allerdings ist das Material über die zahlreichen Websites der ETH-Departemente und -Institute verstreut. Um dem Ansatz von OpenCourseWare gerecht zu werden, müsste das gesamte E-Learning-Angebot auf einer Website organisiert und einheitlich präsentiert werden, damit Nutzerinnen und Nutzer einen raschen Überblick darüber erhalten. Dies erleichtert es auch, die "richtigen" Lerneinheiten zu finden.

OpenCourseWare hat auch einen Nachteil: "Es gibt viel Arbeit", so Plattner. Ein Professor brauche etwa 20 Prozent für die Lehre und 80 Prozent für die Forschung. Wolle er aber Lernmaterial, das fürs Selbstlernen und E-Learning geeignet sei, erstellen, dann müsse er viel mehr Zeit dafür investieren. „Und das ist ein Problem.“ Dazu kommen rechtliche Aspekte: Material, das Lehrende an die Studenten abgeben, enthält kopiergeschützte Passagen von fremden Quellen. Werden diese Materialien im Unterricht abgegeben, entstehen meist keine Probleme. Im Internet jedoch, wo jedermann das OpenCourseWare-Material kopieren kann, drohen hingegen Urheberrechtsverletzungen.

Die ETH Zürich hat für Dozierende bereits zahlreiche Anreize für die Produktion von E-Learning-Lehrmitteln und die Anwendung von neuen Unterrichtstechniken geschaffen. Insbesondere hat der Fonds Filep bis heute Projekte unterstützt, die darauf abzielen, Lernmaterialien an E-Learning anzupassen. Der Fonds unterstützte eingegangene Anträge mit 100'000 bis 300'000 Franken. Allerdings war die Nachhaltigkeit solcher Projekte oft nicht befrieidigend. Die Filep-Richtlinien wurden deshalb geändert, um kleinere Projekte durchführen zu können. Das Stellen von Anträgen wurde vereinfacht, Entscheide über die Finanzierung fallen schneller, das Reporting wurde auf ein Minimum beschränkt und die Projekte sollen innerhalb eines Jahres implementiert werden. Für solche Vorhaben vergibt der Fonds bis zu 15'000 Franken.

Kein Ersatz für Dozierende

Trotz dieser abgespeckten Richtlinien des Fonds Filep ist das Zeitproblem der Professorenschaft noch nicht gelöst. Um die Professoren zu entlasten, will die ETH Zürich E-Learning-Spezialisten in die Departemente delegieren. Ihre Aufgabe soll es sein, Professorinnen und Dozenten zu motivieren und ihnen helfen, mehr E-Learning-Lehrmittel zu produzieren. „Mit diesem Spezialisten versuchen wir, die Schaffung von E-Learning-Materialien aufrecht zu erhalten“, so Bernhard Plattner. Wer jedoch glaubt, dass die ICT-Strategie oder OpenCourseWare Professoren und Dozentinnen überflüssig macht, den kann Professor Plattner beruhigen. „Weder E-Learning noch OpenCourseWare wird eine Lehrperson je ersetzen können. Das ist auch nicht der Sinn davon“, betont er.


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