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Rubrik: Tagesberichte

High-Tech-Spiel für Regensburg
Die Welt als Handyspiel

Published: 06.07.2006 06:00
Modified: 07.07.2006 14:51
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Für die Stadt Regensburg haben Wissenschaftler der RWTH Aachen und der ETH Zürich ein einmaliges Stadtspiel entwickelt. Mit einem modifizierten Handy kann man damit ab August spielend die Geschichte der deutschen Stadt entdecken. Das Spielverhalten soll ausgewertet werden, um diese Form der Informationsvermittlung zu evaluieren.



Christoph Meier (mailto:christoph.meier@sl.ethz.ch)

„Jetzt kommt die 'generation game’ oder 'generation interactive’“, diagnostiziert Steffen P. Walz. Das hat für den Doktoranden an der ETH-Professur für CAAD auch Auswirkungen auf das Lernen (1) . Er arbeitet darum an interaktiven Spielen, mit denen sich auch die jungen Erwachsenen motiviert seriöses Wissen aneignen.

Als im Jahre 2005 in Tokio an einer Konferenz zu Ubiquitous Computing, also einer Veranstaltung zum Vordringen des Computers in alle Lebensbereiche, Tico Ballagas, ein Kollege der Media Computing Group von der technischen Hochschule in Aachen Walz fragte, ob er Lust habe, an einem Stadterkundungsspiel mitzuarbeiten, sagte er sofort zu. In der Zwischenzeit ist das Projekt „REXplorer“ weit gediehen (2) . Denn ab diesem August soll man als Tourist dank diesem die Stadt Regensburg spielend entdecken können.

Doch was steckt eigentlich hinter REXplorer? Technisch gesehen basiert das Spiel auf Handys mit Kameras, die zusätzlich mit einem Navigationssystem, einem Sensor und Analysesoftware ausgerüstet sind und in einem eigens konstruierten Gehäuse, dem Spiel-Controller, untergebracht werden . Die aufgerüsteten Handys können an 29 Orten in der Altstadt von Regensburg in Kontakt mit einem Server treten.

Der Geist der Stadt spricht aus dem Handy

Als spielender Stadterkunder leiht man sich in der Regensburger Tourist-Information einen entsprechenden Spiel-Controller aus und läuft in die Stadt. Nähert man sich einem Knotenpunkt des Spielfeldes, das die Stadt virtuell überzieht, zeigt das Handy auf seinem Display einen erhöhten Herzschlag an. Bei genügender Nähe wird der Spieler vom System kontaktiert und aufgefordert, eine Geste durchzuführen. Dabei hat er die Möglichkeit zwischen vier verschiedenen Bewegungen zu wählen. Je nach Geste wird eine Aufgabe gestellt, die einen Bezug zur Geschichte der Lokalität hat.

Eine Aufgabe ist beispielsweise, dass der Domspatz, also ein Mitglied eines Knabenchores, von einem verlangt, einer Klosterschülerin, die im Domgarten wartet, einen Liebesbrief zu überbringen. Das kann der Spieler mit einer entsprechenden gestischen Eingabe auf seinem Handy tun. Oder die unsichere Jungfrau, Spiegel ihrer Zeit, bittet, dem großen Theologen Albertus Magnus die Frage zu überbringen, ob man einen Menschen lieben darf, dessen Kehrseite man nicht kennt?

Übers Web nachvollziehbar

Auch wenn es nicht gelingt, alle Aufgaben erfolgreich zu lösen, gibt es keine Sackgassen beim Spiel, nur das persönliche Punktekonto fällt weniger gut aus. Das Spiel ist auch so ausgelegt, dass gewisse Aufgaben von mehreren Teilnehmern zusammen gelöst werden sollen. Sieger ist am Schluss eines Tages, wer am meisten Geschichten aufgespürt hat. Beendet man das Spiel, kann man die Erkundungstour über das Web nachvollziehen. Hier findet der Teilnehmer seine Route durch die Stadt, seine Aufnahmen und weitere Informationen zu den Sehenswürdigkeiten und den Charakteren, mit denen der Spieler in Kontakt getreten war.

An der ETH wurde das Drehbuch zum Erkundungsspiel der Stadt Regensburg mit dem Handy verfasst.

Ab August kann man die Stadt Regensburg dank ETH-Forschung mit einem ausgebauten Handy entdecken. (Bilder: Steffen P. Walz)

Bildabfolge verrät Bewegung

Speziell und erstmals in einem Stadtspiel ist die ortsabhängige Gestenerkennung. Diese basiert auf einer an der ETH entwickelten und in Aachen angepassten Software, die aufgrund der Bildabfolge bei den Aufnahmen mit der Handykamera die Bewegungen erkennen kann. „Es gibt wohl Handys die mit Beschleunigungsmesser Bewegungen erkennen, aber die Technologie ist anders und sie wurde auch noch nie in ein Spiel draussen integriert“, erläutert Steffen P. Walz.

Die Herausforderung für den ETH-Doktoranden bestand aber nicht im Entwickeln spezieller Software, sondern er arbeitete die Regeln für das Spiel und den Inhalt aus. Dazu musste er viele Informationen sammeln, ein umfangreiches Drehbuch schreiben sowie Texte und auch Tonaufnahmen organisieren. Zudem war er auch noch verantwortlich für das Design der Controllerhülle, über die man dieses steuert.

Die Handys selbst sponserte der ETH die Firma Nokia, die auch weitere Unterstützung dem Spiel zukommen liess. Betrieben wird der REXplorer durch das Erlebnismuseum Regensburg Experience gemeinnützige GmbH. Das Spiel erfährt auch die Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds innerhalb des Projektes "Mobile Information & Communication Systems (MICS)".

Spiel wird erforscht

So wie beim REXplorer Unterhaltung und Information verknüpft werden, gibt es auch eine Verbindung zwischen Spiel und Forschung. Denn die durch die Spieler erzeugten Daten nutzen die Wissenschaftler, um das Verhalten derselben zu analysieren. Diese Analysen wiederum sollen helfen, entsprechende Spiele und weitere Stadtdienste zu verbessern.

REXplorer startet aber nicht einfach aus dem Nichts. Im Vorfeld führte Steffen P. Walz bereits Befragungen mit Gymnasiasten in Stuttgart durch. Diese ergaben, dass durchaus die Bereitschaft vorhanden ist, an Spielen wie dem REXplorer teilzunehmen.

Insofern glaubt der ETH-Wissenschaftler auch, dass das Konzept des Spiels bereits jetzt auf andere Orte übertragbar wäre. Walz fände es durchaus reizvoll, REXplorer auf Wissenschaftsthemen anzuwenden. Erste inhaltliche Vorarbeiten hat er im Projekt „ETH Game“ bereits entwickelt (3) . Vorerst wird in Science City auf dem Hönggerberg diesen Sommer erst ein Hörrundgang mit Podcasts angeboten. Ein wirklich interaktives Science-City-Game ist noch nicht absehbar, obwohl das Know-how sicherlich vorhanden wäre. Die "generation game' wird an der ETH Zürich noch warten müssen, bis sie spielend lernen kann.

Footnotes:
(1 Steffen P. Walz uns seine Projekte an der ETH: http://wiki.arch.ethz.ch/twiki/bin/view/Main/SteffenPWalz
(2 Webseite zum Rexplorer: http://typo3.rex-regensburg.de/im-stadtraum/rexplorer/
(3 Vgl. „ETH Life“-Bericht „Die ETH als Spiel“: www.ethlife.ethz.ch/articles/news/ethgame.html


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