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Rubrik: Tagesberichte

Neues Buch zum Architekten Fritz Stucky
Raum auf Raum

Published: 24.08.2006 06:00
Modified: 24.08.2006 08:30
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Der Architekt Fritz Stucky war der Erfinder des Variel-Systems, das die schnelle Produktion von Gebäuden aus industriell vorgefertigten Raumelementen erlaubt. Der Verlag des ETH-Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur widmet ein lesenswertes, sorgfältig gestaltetes Buch dem Werk und Wirken Stuckys.



Christoph Meier (mailto:christoph.meier@sl.ethz.ch)

Serielle Produktion bei Gebäuden mag manchen Architekten ein Gräuel sein, schränkt sie deren Freiheit beim Entwurf ein. Doch dass sie ökonomisch erfolgreich und trotzdem gestalterisch spannend genutzt werden kann, beweist das Werk des 1929 geborenen Fritz Stucky. Mit seinem Variel-System schuf der Architekt und Unternehmer normierte, industriell gefertigte Raumzellen, die er erfolgreich verbreitete und deren Möglichkeiten er selbst in den vom ihm entworfenen Gebäuden auslotete. Der Verlag des ETH-Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) hat dieses Jahr das Buch „Werk - Serie. Fritz Stucky. Architekt und Unternehmer“ zum Schaffen und Umfeld des Architekten herausgegeben (1) . Zudem fand dieses Jahr eine entsprechende Ausstellung an der ETH statt, die von Oktober bis Dezember auch noch im Casino Zug zu sehen sein wird.

Das Buch enthält verschiedene Zugänge zum Werk Stuckys. Ein Aufsatz verortet es gesellschaftlich und geschichtlich. Ein anderer zeichnet die Entwicklung des Architekten anhand seiner Gebäude nach. Ein Fotoessay wiederum zeigt unmittelbar die Breite des Schaffens. Oder ein Architekt äussert sich, wie die Rolle des Architekten aussieht, der sich des Variel-Systems bedienen will.

Widerstände gegen industrielles Bauen

Der Aufsatz des ETH-Dozenten Angelus Eisinger zeigt auf, dass Stuckys Entwicklung des Variel-Systems Ende der 50er Jahre in eine Zeit eines Baubooms fiel. Die Schweiz wurde zunehmend urbaner, indem die Mehrheit der Bevölkerung nun in den Städten lebte. Diese Umstände förderten eine Hinwendung zur industriellen Fertigung von Bauten. Trotzdem gab es aber auch Umstände, die den Gebrauch dieser Bauweise bremsten. Beispielsweise reagierte die Bauwirtschaft auf die zunehmende Nachfrage mit dem massiven Einsatz billiger Arbeitskräfte aus südeuropäischen Staaten und nicht mit industriellem Bauen. Dieses kam später sogar aufgrund seiner Effizienz politisch in Verruf, da seine Gegner Arbeitsplätze gefährdet sahen. Eisinger hält fest, dass allgemein die Vorfabrikationssyteme in der Schweiz nach dem Aufbruch in den 50er Jahren bald stecken blieben.

"Sublimierung" der Variel-Systems, einer Bauweise mit vorfabrizierten Raumelementen. Die Villa Mijnssen in Zug von Fritz Stucky und Rudolf Meuli. (Foto: Peter Morf, Zürich)

Innovatives Bauen mit juristischen Fragen

Stucky selbst blieb nicht stecken, sondern er baute selbst viele Häuser und expandierte mit seinem System weltweit. Als Sublimierung des Variel-Programms erachtet Gian-Marco Jenatsch, Forschungassistent an der ETH, die Villa Mijnssen, die der Architekt 1998 errichtete. In diesem Beitrag erfährt man auch, dass Stucky nicht nur ein Pionier mit dem Prinzip des Bauens "Raum auf Raum" war, sondern in der Schweiz auch als erster mit seinem Kollegen Rudolf Meuli Terrassenhäuser realisierte. Dies warf neue juristische Fragen auf, da die Grundfläche eines Stockwerkeigentums grösser war als das von ihr beanspruchte Bauland.

Insgesamt bietet das neue Buch mit seiner gepflegten Gestaltung eine lesenswerte Lektüre, die dank dem breiten Ansatz weit mehr ist als eine kommentierte Werkschau. Sucht man nach allfälligen Schwachpunkten der neuen Publikation, so mag man gewisse schwere Formulierungen beanstanden. Oder die Striche vor den Elemente einer Liste im Text wirken überdimensioniert und somit kaum ordnend. Diese Details sollen aber niemanden davon abhalten, sich das Buch zu Gemüte zu führen.

Footnotes:
(1 Werk – Serie. Fritz Stucky, Architekt und Unternehmer. Hg. von Bauforum Zug, Gian-Marco Jenatsch und Bruno Krucker. Mit Beiträgen von Angelo de Berti, Angelus Eisinger, Gian-Marco Jenatsch, Bruno Krucker, Christoph Luchsinger und einem Vorwort von Peter Steiger. Fotoessay von Christian Schwager 23x28 cm, broschiert, 160 Seiten, zahlreiche Schwarzweiss- und Farbabbildungen, ISBN 3-85676-180-2, CHF 65.- / Euro 44.-


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